Die Arche
und sieh dir das Display an, Khouri! Wir
werden angegriffen – wenn noch nicht jetzt, dann sehr
bald.«
»Clavain?«
Ein fast unmerkliches Nicken. »Die Zodiakallicht hat
ein großes Geschwader abgesetzt, insgesamt etwa hundert
Kampfschiffe. Sie sind auf dem Weg hierher, die meisten mit einer
Beschleunigung von drei Ge. Was immer wir tun, in höchstens vier
Stunden haben sie uns erreicht.«
»Clavain darf die Geschütze nicht bekommen,
Ilia.«
Der Triumvir – sie wirkte so alt und gebrechlich, wie Khouri
sie noch nie erlebt hatte – schüttelte kaum merklich den
Kopf. »Er kriegt sie auch nicht. Jedenfalls nicht
kampflos.«
* * *
Ein Austausch von Ultimaten folgte. Clavain forderte Ilia zum
letzten Mal auf, ihm die Höllenklassengeschütze
auszuliefern; wenn sie zustimmte, wollte er die Sturmflotte
zurückrufen. Volyova erklärte Clavain, wenn er seine Flotte
nicht sofort zurückriefe, würde sie die dreizehn noch
verbliebenen Geschütze gegen ihn richten.
Clavain verfasste eine Antwort. »Bedauere. Unannehmbar. Ich
will diese Waffen um jeden Preis haben.«
Er setzte die Nachricht ab und war nicht allzu überrascht,
als schon drei Sekunden später die Antwort des Triumvirn
eintraf. Der Wortlaut war der Gleiche. Sie hatte keine Zeit gehabt,
seine Antwort zu sehen.
Kapitel 35
Volyova beobachtete, wie fünf der dreizehn noch verbliebenen
Weltraumgeschütze vor der Sehnsucht nach Unendlichkeit in
Angriffsposition gingen. Die bunten Symbole schwebten über ihrem
Bett wie ein Mobile über einem Kinderwagen. Volyova hob die
Hand, drang in die schemenhafte Blase ein und verschob die
Piktogramme, um den Standort der Geschütze in Bezug auf ihr
Schiff so zu korrigieren, dass sie möglichst durch den Rumpf
gedeckt waren. Die Symbole rührten sich nur widerwillig von der
Stelle und spiegelten damit die Schwerfälligkeit der
Geschützbewegungen draußen im Weltraum.
»Willst du sie sofort einsetzen?«, fragte Khouri.
Volyova warf ihr einen Blick zu. »Nein. Noch nicht. Erst,
wenn er mich dazu zwingt. Die Unterdrücker brauchen nicht zu
erfahren, dass es außer den zwanzig Weltraumgeschützen,
die ihnen bereits bekannt sind, noch weitere gibt.«
»Irgendwann musst du sie aber aktivieren.«
»Es sei denn, Clavain nimmt Vernunft an und sieht ein, dass
er nicht gewinnen kann. Vielleicht geschieht das noch. Es ist noch
nicht zu spät.«
»Aber wir wissen doch gar nicht, welche Waffen er hat«,
gab Khouri zu bedenken. »Wenn die seinen nun genauso verheerend
wären?«
»Das würde überhaupt nichts ändern, Khouri. Er
will nämlich etwas von mir, verstehst du? Ich will von ihm
nichts. Damit bin ich deutlich im Vorteil.«
»Ich verstehe nicht…«
Volyova seufzte. Sie fand es enttäuschend, eine
Erklärung abgeben zu müssen. »Er muss seinen Angriff
genau dosieren, um nicht die Waffen zu beschädigen, an denen ihm
so viel liegt. Ganz plump gesagt, man wirft keinen Krustenbrecher,
wenn man jemanden ausrauben will. Ich dagegen bin keinerlei
Einschränkungen unterworfen, denn Clavain hat nichts, was ich
haben will.«
Jedenfalls fast nichts, dachte Volyova bei sich. Sie
hätte schon gerne gewusst, womit es ihm gelungen war, so rasant
abzubremsen. Selbst wenn es keine so exotische Technologie wäre
wie die Trägheitsunterdrückung… Aber nein. Sie war
nicht darauf angewiesen, und deshalb konnte sie aus vollen Rohren auf
ihn feuern. Sie konnte ihn völlig vernichten und hätte nur
etwas verloren, wovon sie nicht einmal wusste, ob es jemals existiert
hatte.
Dennoch war sie beunruhigt. Das musste Clavain doch sicherlich
ebenso klar sein. Besonders, wenn es sich wirklich um den berüchtigten Clavain handelte, den Schlächter von
Tharsis. Wer mehr als vierhundert Jahre die Fährnisse der
Menschheitsgeschichte überlebt hatte, beging keine tragisch
einfachen Fehler.
Vielleicht wusste Clavain ja etwas, das ihr nicht bekannt war?
Sie bewegte die Finger in der Projektionsblase, schob nervös
ihre Spielfiguren hin und her und überlegte, welches von ihren
Geschützen sie zuerst einsetzen sollte. Wenn man bedachte, dass
Clavain weitgehend die Hände gebunden waren, wäre es
interessanter, die Schlacht eskalieren zu lassen, anstatt das
Hauptschiff sofort abzuschießen.
»Hat Thorn sich schon gemeldet?«, fragte sie.
»Er ist mit weiteren zweitausend Passagieren von Resurgam
gestartet.«
»Weiß er von unseren kleinen Schwierigkeiten mit
Clavain?«
»Ich habe ihm nur gesagt, wir würden näher an
Resurgam
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