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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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hatte,
würde er ihnen in einer stillen Ecke die schlimmsten
Blutergüsse zeigen und ihnen erzählen, er hätte sie
aus der Inquisitionsbehörde mitgebracht. Wenn seine Freunde ihn
fragten, wie denn ausgerechnet er in den Verdacht geraten konnte, mit
dem Triumvirn unter einer Decke zu stecken, würde er lachend
sagen, die Inquisitionsbehörde schrecke doch vor nichts mehr
zurück. Wer auch nur entfernt den Eindruck erwecke, ihre
Ermittlungen zu behindern, sei Freiwild; man verfolge die
Verbrecherin inzwischen so fanatisch, dass jede Kleinigkeit, mit der
man sich das Wohlwollen irgendeines Teils der Regierung verscherze,
als stillschweigende Unterstützung des Triumvirn gewertet
werde.
    Der Wagen setzte sich in Bewegung und nahm Fahrt auf. Khouri hatte
schon fast wieder vergessen, wie der Mann aussah. Nach einer Weile
begannen sich die Gesichter zu gleichen, Männer und Frauen
verschmolzen zu einem homogenen Ganzen, dem Bild des
verängstigten Opfers. Morgen kamen die nächsten an die
Reihe.
    Sie schaute in den blutig roten Himmel über den Gebäuden
und malte sich aus, was sich jenseits von Resurgams Atmosphäre
abspielte. Nur zwei Lichtstunden entfernt waren riesige und gnadenlos
fremde Maschinen damit beschäftigt, drei Welten in feinen
Metallstaub zu verwandeln. Die Maschinen hatten keine Eile, nichts
drängte sie, sich an menschlichen Zeitbegriffen zu orientieren.
Sie verrichteten ihren Dienst mit der würdevollen Gelassenheit
von Leichenbestattern.
    Khouri ließ sich noch einmal durch den Kopf gehen, was sie
bereits über die Unterdrücker wusste. Die Informationen
waren ihr zugänglich gemacht worden, nachdem sie Volyovas
Besatzung erfolgreich infiltriert hatte. Zu Anbeginn der Zeiten hatte
es einen Krieg gegeben, der die gesamte Galaxis und zahllose
Zivilisationen in Mitleidenschaft gezogen hatte. In der schrecklichen
Zeit danach hatte eine Spezies – oder ein Spezies-Kollektiv
– entschieden, intelligentes Leben könne nicht länger
geduldet werden. Man hatte Horden von schwarzen Maschinen
ausgeschickt, deren einzige Aufgabe darin bestand, Wache zu halten
und bei den ersten Anzeichen für die Entwicklung einer
raumfahrenden Zivilisation Alarm zu schlagen. Überall im
Weltraum wurden Fallen aufgestellt, verlockende Spielzeuge für
neugierige Kinder. Sie warnten die Unterdrücker nicht nur vor
jedem neuen Aufflackern von Intelligenz, sondern dienten auch als
Sondierungsinstrumente, die psychologische Profile der
baldmöglichst auszurottenden Neulinge erstellten.
    Die Fallen schätzten die technische Potenz einer
aufstrebenden Zivilisation ab und prognostizierten, mit welchen
Mitteln sie versuchen könnte, der Gefahr durch die
Unterdrücker zu begegnen. Aus einem Grund, den Khouri nicht
verstand, und den man ihr sicher auch nie erklärt hatte, musste
die Reaktion auf die Entstehung von Intelligenz in einem bestimmten
Verhältnis stehen; es ging nicht an, einfach alles Leben in der
Galaxis oder auch nur in einem Winkel davon auszulöschen. Sie
ahnte, dass die Säuberungen der Unterdrücker einen tieferen
Sinn hatten, den sie aber noch nicht erfassen konnte und vielleicht
auch niemals erfassen würde.
    * * *
    Trotz allem waren die Maschinen nicht perfekt. Sie neigten immer
häufiger dazu, Fehler zu machen. Aber diese Fehler traten erst
über Zeiträume von einigen Millionen Jahren zutage, und da
die meisten Spezies nicht so lange überlebten, sahen sie nur
eine unerbittliche Kontinuität. Der Niedergang ließ sich
nur langfristig beobachten, er erschloss sich nicht aus den
Aufzeichnungen über die Zerstörung der einzelnen
Zivilisationen, sondern nur aus den kleinen Unterschieden zwischen
ihren Aktionen. Die Unterdrücker gingen immer mit der gleichen
Schonungslosigkeit vor, aber die Effizienz ihrer Methoden ließ
nach, und ihre Reaktionszeiten wurden länger. Ein kleiner Fehler
in der Grundkonzeption hatte endlich doch begonnen, sich auszuwirken.
Hin und wieder schlüpfte den Unterdrückern eine
Zivilisation durchs Netz und breitete sich durch den interstellaren
Raum aus, bevor sie eingekreist und ausgelöscht werden konnte.
In diesen Fällen wurde die Ausmerzung schwieriger und
ähnelte eher einem blutigen Gemetzel als einer kunstgerechten
Operation.
    Die Amarantin, jene Vogelwesen, die eine Million Jahre zuvor auf
Resurgam gelebt hatten, waren eine solche Spezies gewesen. Die
Säuberungsbemühungen hatten sich so lange hingezogen, dass
viele Opfer entkommen und sich an verschiedenen Orten verstecken
konnten.

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