Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
erkannt hatte. »Wurde verdammt noch mal auch Zeit!« las sie.
Nachdem sie gegessen hatten, beschlossen sie, auszuprobieren, ob die Liebe in einem sauberen Bett genausoviel Spaß machte. Es war sogar noch besser. Bei Anbruch der Abenddämmerung saßen sie im Bett und tranken Pfirsichschnaps; vom Übungsplatz her schallte der Klang von Mayas Stimme herüber, die die unglücklichen frischgebackenen Rekruten drillte. Schlückchenweise trank Aurian des weiche Getränk. Das warme Glühen, mit dem es ihr die Kehle hinablief, vereinte sich mit der Glut, die sie in ihrem Inneren spürte. Aber das erinnerte sie auch an ernste Dinge, und sie wandte sich Forral zu. Es war am besten, die Dinge sofort klarzustellen. »Warum trinkst du soviel?« fragte sie ihn.
Forral ließ beinahe sein Glas fallen. Sein Gesicht rötete sich schuldbewußt. »Wer hat dir das erzählt?«
»Maya. Sie macht sich Sorgen, Forral, und ich auch.«
»Bei den Göttern, weiß denn dieses durchtriebene Weibsstück alles? Bei euch beiden hat ein Mann nichts mehr zu lachen.«
»Das ist doch nur so, weil du uns wichtig bist«, sagte Aurian sanft.
Forral legte den Arm um sie. »Ich weiß, Liebes, und es tut mir leid. Ein Mann wird empfindlich, wenn er weiß, daß er sich wie ein Dummkopf aufführt. Es war nur – nun, es war wegen dir.«
»Wegen mir?«
Er nickte. »Ich weiß nicht, von wann an ich dich nicht mehr als Kind angesehen habe, aber als es soweit war – nun, ich habe früher schon Frauen gehabt …«
»Ach?« In Aurians Stimme schwang ein gefährlicher Unterton mit. Seine verflossenen Geliebten waren das letzte, über das sie jetzt reden wollte.
»Aber niemals für lange«, sagte Forral hastig und strich ihr durchs Haar. »Jedenfalls, ich wußte, daß du für mich die gleichen Gefühle hegtest. Ich habe versucht, es nicht zuzulassen, es nicht geschehen zu lassen, dich zu beschützen, aber ich wußte, daß ich dich damit verletzte, und es tat mir ebenfalls weh – und so habe ich eben angefangen zu trinken.«
»Ach, warum hast du denn nichts gesagt?« verlangte Aurian zu wissen. »Denk doch an all die Zeit, die wir verschwendet haben!«
Forral seufzte. »Komm, laß uns darüber ein andermal reden. Wir waren so glücklich heute, ich möchte es uns nicht verderben.«
»Nein«, sagte Aurian heftig, »ich will es wissen. Du hast ja selbst gesagt, daß ich kein Kind mehr bin. Hat es etwas mit diesem dummen Verbot von Verhältnissen zwischen Magusch und Sterblichen zu tun? Denn darüber habe ich mir bereits Gedanken gemacht, und ich kümmere mich nicht darum. Wenn es nötig ist, können wir zusammen fortgehen. Miathan gehört nicht die Welt.«
»Nein, es geht nicht um Miathan, obwohl es schwierig genug werden wird, wenn er von uns erfährt. Aber es gibt etwas, das du noch nicht berücksichtigt hast.« Forrals Gesicht wurde sehr ernst. »Aurian, du bist eine Maguschgeborene. Wenn dich nichts umbringt, dann kannst du leben, solange du willst. Bei mir ist es etwas anderes – ich bin ein Sterblicher. Ich bin kein junger Mann – ich bin jetzt über vierzig –, und selbst wenn ich die Gefahren eines Kriegerlebens überstehe, was meinst du, wie viele Jahre mir noch bleiben werden? Ich habe versucht, zu verhindern, was geschehen ist, weil ich dich liebe, weil ich allzu bald schon nicht mehr sein werde und weil ich den Gedanken nicht ertragen kann, dich allein in Trauer zurückzulassen.«
Aurian verspürte einen schwindelerregenden Ruck in ihrer Magengrube. Forrals Sterblichkeit hatte sie tatsächlich nie bedacht. Während sie ihn erschreckt anstarrte, schien der Raum um sie herum zu verschwinden, und sie fühlte den gleichen drohenden Schauer einer Vorahnung wie am Morgen. Es schien ihr, als hätte sich über seine Züge eine Vision des gleichen, geliebten Gesichts gelegt, das aber bleich und bewegungslos war, die Augen zum Todesschlaf geschlossen. »Nein!« Ihr eigener schriller Schrei riß sie in die Wirklichkeit zurück. Die Vision verschwand, als sie sich schluchzend in Forrals Arme fallen ließ.
Er hielt sie fest umschlungen, und sie schien seine Kräfte, die Kräfte eines Kämpfers, in sich aufzunehmen. Sie richtete sich kerzengerade auf, wischte sich die Augen aus und streckte ihr Kinn zu der bekannten trotzigen Geste vor. »Wenn Kummer der Preis unserer Liebe ist«, sagte sie, »dann werde ich diesen Preis zahlen. Vielleicht nicht gern, aber voll und ganz. Ich liebe dich, Forral. Ich habe seit Jahren auf dich gewartet, und ich lasse dich
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