Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
Spaß daran hast, dann läßt Miathan dich vielleicht in meine Truppe eintreten. Du bist ein zu guter Mann, um dein Leben damit zu verschwenden, dich für die verdammten Magusch abzuplacken – ich bitte um Verzeihung, Liebes«, fügte er schnell hinzu, sah Aurian an und hielt sich verlegen den Mund zu. »Ich habe natürlich nicht dich gemeint.«
Zu Anvars Überraschung wurde Aurian keineswegs ärgerlich, sondern freute sich vielmehr. »Forral, was für eine wunderbare Idee!« Sie drückte den Schwertkämpfer fest an sich. Anvar hatte das Gefühl, als sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen. In einem Anfall von Dankbarkeit nahm er Forral ebenfalls in die Arme, beteiligte sich an der allgemeinen Umarmung, und sein Mund öffnete sich zu einem breiten Grinsen, das von einem Ohr zum anderen reichte. Dann drückte Aurian ihn an sich, und Forral sagte plötzlich: »Du hast Anvar ja noch gar keinen Sonnenwendkuß gegeben. Daß du das vergessen konntest!«
»Bei der Göttin«, sagte Aurian, »du hast vollkommen recht.« Sie legte ihre Arme um Anvars Hals, und er spürte, wie ihre Lippen zart wie ein Schmetterlingsflügel seine Wangen streiften.
»Das war ja jämmerlich, Mädel!« polterte Forral. »Kannst du es nicht besser? Nun mach schon, es ist Sonnenwende! Küsse ihn richtig!« Gehorsam tat sie es. Kein Kuß aus Leidenschaft, wie Forral ihn bekommen hatte, aber dennoch ein warmherziger, großzügiger Kuß, der für Anvar auf merkwürdige Weise kostbar war. Und wieder spürte er, wie sein Herz unruhig schlug und daß die Berührung ihrer weichen Lippen ihn zittern ließ.
»Das ist schon besser!« sagte Forral und machte damit schlagartig Anvar seine Anwesenheit wieder bewußt. »Du hast ihm sein Lächeln zurückgegeben, Liebes«, sagte der Schwertkämpfer zu Aurian.
»Nun, ich möchte es hoffen!« erwiderte die Magusch. Einen Augenblick lang sah sie Anvar tief in die Augen. »Du solltest öfter lächeln – es steht dir gut. Na ja, wenn sich die Dinge gut entwickeln, dann hast du ja vielleicht in der Zukunft mehr Grund zu lächeln.«
»Darauf wollen wir trinken«, sagte Forral. »Oh, verflucht – wir können nicht!« Also sagten sie sich statt dessen gute Nacht. In dieser Nacht kam Anvar sein Bett weniger hart und kalt vor als sonst, und er versank in angenehme Träume.
Anvar mußte am Morgen des Sonnenwendtages für die Feier am Abend zuvor büßen. Sein Kopf hämmerte, als wolle er zerspringen, und Anvar wünschte sich, er würde es endlich tun – wenn er nur den Schmerz loswürde. Aber Aurians Medizin wirkte Wunder, und schon bald war er in der Lage, das Frühstückstablett fertig zu machen. Nur der Geruch der Speisen machte ihm noch eine Weile zu schaffen. Als er das Tablett die Treppen des Turmes zu Aurians Zimmer hinauftrug, hörte Anvar hinter sich eilige Schritte. Er drehte sich um und sah seine Herrin, die in Mantel und Stiefeln hinter ihm die Treppe heraufeilte. Sie war außer Atem und trug eine große flache Holzkiste. Er fragte sich, wo sie wohl so früh gewesen sein mochte – vor allem wenn sie sich in ebenso bescheidener Verfassung befand wie er selbst. Als sie ihn einholte, sah er, daß sie zwar müde und mitgenommen wirkte, daß aber die Kälte ein Glühen auf ihre Wange gezaubert und ein wenig vom Strahlen der letzten Nacht in ihre Augen zurückgebracht hatte. Auf ihrem windzerzausten Haar zerschmolzen Schneeflocken zu diamanten funkelnden Tropfen, und das herbe, nach Moschus duftende Parfüm, das sie bevorzugte, wurde übertönt durch den frischen, belebenden Geruch der schneehaltigen Luft.
Anvar mußt an den Kuß von vergangener Nacht denken und spürte, daß er rot anlief. Ob sie bedauerte, was unter dem Einfluß des Weines geschehen war? Würde sie sich verlegen oder zornig abwenden? Aber das Lächeln, das sie ihm schenkte, war offen und freundlich – und voller Verständnis. »Du auch?« sagte sie mit einem schiefen Lächeln und legte sich die Hand auf die Stirn. Anvar nickte. »Nimm’s nicht tragisch, es war die Sache wert. Ich habe letzte Nacht jede einzelne Minute genossen.«
Anvar war verblüfft. Hatte sie gewußt, was er dachte? Enthielten ihre Worte irgendeine versteckte Bedeutung? Nachdenklich folgte er der Magusch in deren Räume.
»Bei den Göttern, was für ein Durcheinander!« Aurian verzog angesichts der Batterien von Flaschen und Gläsern das Gesicht und ging zum Fenster, um die Vorhänge zu öffnen. Anvar stellte das Tablett ab und begann aufzuräumen, während sie im
Weitere Kostenlose Bücher