Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
Feuer und legte noch einige tote Äste darauf, die sie unter den Bäumen fand. Wölfe fürchteten das Feuer. Sie zückte ihr Schwert und steckte es vor sich in die Erde, damit sie es griffbereit hatte. Dann nahm sie ihren Bogen vom Rücken, zog einen Pfeil und bezog mit dem Rücken gegen den Baum neben D’arvan Posten.
Wie eine dunkle Welle strömten die Wölfe mit triumphierendem Jaulen zwischen den Bäumen hervor. Dann sahen sie das Feuer. Die graue Welle brach sich, zögerte. Ein Wolf kam aus dem Halbdunkel in das Licht des Feuers gelaufen, ein gewaltiges, silbergraues Tier, dessen Augen in der Glut der Flammen grüngold leuchteten. Maya spannte den Bogen bis zum äußersten, zielte und …
»Halt!«
»Was zum …!« Maya machte einen Satz, und der Pfeil flog irgendwo in die Dunkelheit. Verdammter D’arvan! Warum hatte er sich gerade diesen Sekundenbruchteil ausgesucht, um wieder zu sich zu kommen? Fieberhaft griff sie nach dem nächsten Pfeil in ihrem Köcher.
»Halt, Maya!« D’arvans Stimme war jetzt drängend. »Laß das! Ich kann mit ihm reden. Er will uns nichts tun.«
Maya setzte den Pfeil auf die Sehne, zögerte dann und starrte den Wolf absolut ungläubig an.
Er saß auf seinen Hinterläufen, sein Maul zu einem breiten Grinsen geöffnet, und die Zunge hing ihm seitlich aus dem Maul heraus, alles ganz wie bei dem freundlichen Hund, der sich seine Bissen an der Küchenbaracke der Garnison abzuholen pflegte. Der Reste der Meute saß in gleicher Positur da oder lag entspannt auf dem Boden. Maya rührte sich nicht.
»D’arvan«, sagte sie leise mit zusammengebissenen Zähnen, »würdest du mir vielleicht erklären, was zur Hölle hier vorgeht?«
Der junge Magusch setzte sich mühsam auf. »Sie bewachen das Tal«, sagte er. »Eilin hat ihnen befohlen, gut achtzugeben, nach dem – nach dem, was neulich nachts passiert ist.«
»Was ist denn neulich nachts passiert, D’arvan?«
D’arvan verzog das Gesicht zu einer Maske des Schmerzes. »Finbarr …« Er schüttelte den Kopf; seine wie hinter einem Schleier liegenden Augen wirkten ruhelos. Der Klang von Hufschlägen, erst metallisch auf Felsen, dann gedämpft auf dem Lehmboden des Waldes, ersparte ihm eine Antwort. Maya straffte die Sehne ihres Bogens, und die Wölfe erhöben sich eilig.
Ein weißes Pferd kam aus dem Wald; es trug die in einen Umhang gehüllte Gestalt einer Frau mit wirrem Haar. Der Stab in ihrer Hand erstrahlte in einem überirdisch grünen Licht. Die Spitze von Mayas Pfeil entflammte in gleißendem Licht, und die Kriegerin ließ ihn sofort fluchend fallen.
»Wer seid ihr?« Die Stimme der Frau klang angespannt.
Maya holte tief Luft und zwang sich, ganz ruhig zu bleiben. »Maya, Leutnant der Garnison von Nexis und Freundin der Lady Aurian. Ich habe eine Botschaft von Lady Aurian an ihre Mutter, die Lady Eilin.« Langsam griff sie in ihre Bluse, zog eine Schriftrolle hervor und hielt sie der Lady mit einer Verbeugung hin. Einer der Wölfe kam zu ihr hingetrottet und nahm die Rolle in sein Maul. Dann lief er damit zu Eilin hinüber und legte ihr sein Mitbringsel in die Hand. Im Lichte ihres Zauberstabes prüfte Eilin die Rolle und nickte. »Das ist ihr Siegel«, sagte sie besänftigt. Sie erbrach das Siegel, entrollte das Papier und überflog schnell dessen Inhalt.
»Bist du D’arvan?« Die Lady wandte sich dem jungen Magusch zu, der aufgestanden war und sich verbeugte. »Ja, Lady Eilin.«
»Bleib, wo du bist!« Eilins Stimme knallte wie ein Peitschenhieb über die Lichtung, und der große Wolf gab ein tiefes, warnendes Grollen von sich. »Woher soll ich wissen, daß ich euch vertrauen kann?« sagte die Lady. »Nach dem, was sich vor einigen Nächten ereignet hat.«
»Würde mir vielleicht jemand erklären, was sich vor einigen Nächten ereignet hat?« unterbrach Maya sie.
Eilin blickte sie streng an. »Du meinst, du weißt es nicht?«
»Meine Schuld, Lady«, sagte D’arvan. »Finbarrs Tod war ein so schwerer Schock für mich …« Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, was seither passiert ist, bis ich wach wurde und die Wölfe sah.«
»Dein Glück, daß dich wenigstens die Wölfe wach bekommen haben«, sagte Eilin trocken. »Aurian schreibt in ihrer Botschaft, daß sich deine magischen Kräfte nie entfaltet haben. Wie kommt es dann, daß du mit meinen Wölfen sprechen kannst?«
»Das weiß ich nicht«, gab D’arvan zu. »Ich habe vorher nie versucht, mich mit Tieren zu unterhalten. Ich wußte nicht, daß ich das
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