Die Artefakte der Macht 01 - Aurian
spüren, wie es sich unter seinen Fingern auflöste, wie es begann, vom Boden abzureißen …
Als das Moos schließlich ganz nachgab und Anvar nach vorn rutschte, kam eine Hand aus dem Nichts und umklammerte sein Handgelenk wie mit Adlerklauen. Lange gezackte Nägel bohrten sich in die dünne Haut, zerrissen Sehnen und Knochen und ließen ihn vor Schmerzen aufschreien, aber er lockerte keinen Augenblick lang den Griff, mit dem er die Magusch festhielt. Mit einem mühelosen Ruck zog die Hand ihn aus dem Teich herauf – und Aurian und Shia mit ihm. Dann ließ die Klaue ihn schließlich los; der Abdruck der gespenstischen Finger, die sein Fleisch versengt hatten, schmerzte höllisch. Dort, wo die Nägel tiefe, halbmondförmige Schnitte hinterlassen hatten, war seine Haut blutig und aufgerissen. Er biß sich auf die Lippen, um den Schmerz ertragen zu können, und rollte sich auf den Rücken. Sein Herz zog sich zu einer Kugel aus Eis zusammen, als er aufsah und in das vernarbte und verzerrte Gesicht blickte, in die ausgebrannten Augenhöhlen, die einstmals den furchterregenden Blick des Erzmagusch beherbergt hatten!
Miathan war ganz in Schwarz gekleidet, sein Gesicht gräßlich entstellt. Die Haut um seine leeren Augenhöhlen war geschwärzt und aufgerissen. Sie eiterte und entblößte übelkeitserregende Fetzen roten Fleisches und darunter den weißen Schädelknochen. Und mitten in den dunklen Tunneln beider Augenhöhlen saß je ein geschliffener Diamant. Die Edelsteine brannten mit einem flackernden Licht, bald weiß, bald rot, und sie gaben seinem schädelhaften Gesicht die seelenlose Bedrohlichkeit eines riesigen Insekts. Aber mehr als alles andere war es sein Lächeln, das tiefes Entsetzen in Anvars Herz senkte. Sprachlos, von Grauen erfüllt und wie gelähmt, blickte Anvar in dieses Gesicht mit seinem hämischen, bösartigen Ausdruck.
Eine Hand griff nach seiner Schulter. Aurian benutze ihn, um sich auf die Füße zu ziehen, und versuchte dann, ihn hinter sich in Sicherheit zu bringen. In ihren Augen brannte silberner Haß. Anvar konnte ihre Furcht an dem leichten Zittern ihrer Finger erkennen, aber in ihrem Gesicht war nichts davon zu sehen. Beschämt von ihrem Mut, versuchte er, sich zu erheben, aber der Erzmagusch machte eine verachtungsvolle, zuckende Handbewegung. Seine kristallenen Augen flackerten in einem unheiligen Licht, und ein Blitz sengender Schwärze schlug Anvar nieder, so daß er keuchend vor Schmerz auf dem Boden liegenblieb.
»Wie kannst du es wagen!« Aurian stand plötzlich vor Miathan, und ihre Stimme donnerte wie ein Erdrutsch. »Es ist verboten, an dem Ort zwischen den Welten Magie anzuwenden!«
Das Lachen des Erzmagusch war laut und voll grausamem Hohn. »Närrin! Du weist mich auf das Gesetz der Gramarye hin, mich, der ich dich alles gelehrt habe, was du weißt? Ich wage alles !«Seine knochige, klauenartige Hand stieß nach vorn und schoß einen Peitschenschlag aus Schwärze auf die Magusch. Sie stieß einen Schmerzensschrei aus und krümmte sich zusammen, bevor auch sie zu Boden fiel.
Obwohl seine Augen nicht mehr da waren, war es offensichtlich, daß der Erzmagusch die geheime Magie der Juwelen benutzte, um sehen zu können. Das kalte, gräßliche Glitzern eines leeren Blicks streifte über Aurian und Anvar, und sein gespenstisches Gesicht zeigte ein häßliches Höhnen. »So ist es schon besser«, sagte er. »Kriecht vor mir im Staub, wo ihr hingehört!«
Aurian zog sich auf die Knie und spuckte Miathan vor die Füße. »Ich werde nie vor dir kriechen, du Stück Dreck. Aber eines Tages werde ich dich töten, darauf hast du mein Wort.«
Miathan lachte wieder. »Wirklich?« höhnte er. »Das bezweifle ich – hilflos wie du bist, mit Forrals Brut in deinem Bauch. Du hättest dich besser mir unterworfen, Mädchen. An meiner Seite hättest du Macht gehabt, soviel du nur wolltest. Statt dessen bist du nichts – ein hoffnungsloser Flüchtling, verkrüppelt von einer halbsterblichen Abscheulichkeit. Ohne deine Kräfte bist du so hilflos wie eine Bettlerin; und wie jede Straßenhure wird dich jedermann nehmen können, der an dir vorüberkommt – einschließlich dieses feigen Bastards, dieses Abschaums hier!«
Er wandte sich Anvar zu, und seine Stimme bebte vor Verachtung. »Du hast jetzt wohl, was du wolltest, hm? Ihre Kräfte sind dahin, Anvar, und dein langes Warten ist vorüber. Wer weiß, es wird dir vielleicht sogar gefallen – sie scheint es zu genießen, sich mit sterblichem
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