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Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Titel: Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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können, gewöhnte sich Cygnus langsam an die Vorstellung, daß es nur dann wieder möglich sein würde, die legendären, heldenhaften Heilungen zu bewirken, die in den alten Annalen beschrieben waren, wenn es dem Hohenpriester gelang, die verlorenen magischen Kräfte der geflügelten Rasse wiederherzustellen. Widerstrebend zuerst, aber mit wachsender Bereitwilligkeit, hatte er sich Schwarzkralles Lehren zu eigen gemacht – und die Methoden, mit denen er seine Ziele erreichte.
    Es war schon eine ganze Weile her, seit Cygnus seine Energien in Schwarzkralles gnadenlose, ehrgeizige Pläne gesteckt hatte, aber bei Yinze, Flammenschwinges Tod war furchtbar gewesen für ihn! Sie hatte mit Zähnen und Klauen um ihr Leben gekämpft und damit in ihrer Sturheit schreckliches Leiden über sich gebracht, das ihr sonst vielleicht erspart geblieben wäre. Cygnus erinnerte sich noch gut an sie: mit schwarzem Gesicht, würgend und nach Luft ringend, ihre Glieder verzerrt und von Krämpfen geschüttelt, die sie sich unter der Qual ihrer grausamen Schmerzen beinahe gebrochen hätte. Und doch hatte sie aus irgendwelchen inneren Quellen die Kraft gefunden, Schwarzkralle noch mit ihrem letzten Atemzug zu verfluchen.
    Später in jener Nacht, in der Verwirrung, die gewöhnlich mit dem Tod einer Königin einherging, war Cygnus davongeschlüpft, um in das gerade erst zurückgekehrte Wüten des Winters hineinzufliegen, bis er in sicherer Entfernung von Aerillia war. Dort hatte er zitternd auf einer verlassenen Turmspitze gekauert und zum ersten Mal begonnen, seine Verbindung mit dem Hohenpriester in Zweifel zu ziehen; aber noch immer, nach alle den vielen Tagen, die seit jener furchtbaren Nacht vergangen waren, hatte er keine Antwort auf die nagenden Zweifel seines Gewissens gefunden.
    Cygnus runzelte die Stirn. Trotz aller Versuche Schwarzkralles, Gerüchte im Keim zu ersticken, wurde doch überall in der Zitadelle geflüstert. Die Geschichte von dem gefangenen Zauberer und von seiner Gefährtin, die in Incondors Turm festgehalten wurde, mußte ihren Ursprung bei jenen haben, die bei ihrer Gefangennahme mitgewirkt hatten. Dennoch war Cygnus bis zur Sprachlosigkeit erschrocken gewesen, als Meisterin Elster in großer Eile in seinem Gemach erschienen war, um ihm zu sagen, daß er sich um den Gefangenen kümmern müsse. »Ich würde selbst gehen«, fügte die alte Ärztin kalt hinzu, »aber der Hohepriester hat es verboten.« Ihre gescheckten Hügel mit ihren raffinierten Fächermustern aus hellem Weiß und schimmerndem Blau, Grün und Schwarz waren vor Zorn halb entfaltet, als sie dem jungen Mann unter ihren zottigen, weißgesträhnten Brauen einen bedeutungsvollen Blick zuwarf. »Aber wie dem auch sei, tu, was du kannst.« Noch ein spitzer Blick – dem jungen Mann stockte der Atem. Elsters Mißbilligung war greifbar, und es tat ihm immer noch weh, wenn er daran dachte, daß er ihr die Treue gebrochen hatte.
    Nun, Cygnus hatte sein Bestes für seine alte Lehrerin getan. Während er sich unter der Last seiner Schuld krümmte, hatte er Schwarzkralle berichtet, daß die Krankheit des Gefangenen über seine eigenen, erbärmlichen Kräfte hinausgehe und daß Elster dort gebraucht würde. Es war das beste, was er tun konnte, um ihre Sicherheit zu gewährleisten, denn seit dem Tod der Königin hatte er sich über Elsters Schicksal Sorgen gemacht. Wer konnte vorhersehen, was mit ihr geschehen würde, wenn sie begann, Fragen über Flammenschwinges Dahinscheiden zu stellen?
    Cygnus zuckte zusammen, als die Tür zu seiner Zelle aufkrachte und eine Tempelwache mit aschfahlem Gesicht erschien. »Komm schnell!« rief der Mann und zerrte den Arzt von seinem Hocker herunter. »Die Prinzessin! … Meisterin Elster braucht dringend deine Hilfe!«
     
    Cygnus hätte weinen mögen, als er Rabe da liegen sah, klein, zerbrechlich und verlassen in dieser mit getrocknetem Blut überzogenen Kammer. Ihre Haut war von grausamer Blässe, und auf ihrem linken Unterarm zeigte sich ein gezackter, klaffender Schnitt; und ihre Flügel – o Vater des Himmels – waren eine verzerrte, zerschmetterte Masse blutiger Federn und zersplitterter Knochen! Cygnus überwältigte ein mörderischer Drang, den Hohenpriester zu fassen zu bekommen und ihm seinen mageren, faltigen Hals umzudrehen.
    »Reiß dich zusammen! Ich kann diese Aderpresse nicht mehr lange halten.« Elsters scharfe Worte waren wie ein Guß eiskalten Wassers. »Hilf mir, sie hochzuheben! Wir müssen zusehen, daß wir

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