Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe
Betroffenheit auf seinem Gesicht zu zeigen. Der Zorn, der normalerweise eine heiße Explosion war, baute sich nun wie eine träge, rote Hut in ihm auf, machte seinen Willen hart wie Stahl und ließ seine Kräfte anschwellen. Einen Augenblick hielt er inne und kostete das Gefühl rückhaltlos aus.
Die Wettermagusch, die eindeutig seine gewohnte, heftige Reaktion auf seinen solchen Affront erwartet hatte, schien verblüfft zu sein. Dieser winzige Augenblick des Zögerns und des Zweifelns war ihr Verderben. Miathan durchbohrte sie mit seinem glitzernden Schlangenblick und hielt sie reglos und entsetzt in seinem Bann, während er mit einem flüsternden Singsang die Worte eines Zaubers zu sprechen begann.
»Nein!« Trotz seiner Kontrolle über ihren Willen entrann sich Eliseths Kehle dieses eine Wort, das nicht mehr als ein Wimmern war. Ihre Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen, ihre schlanken, weißen Finger krümmten und streckten sich abwechselnd. Während Miathan mit kaltem Lächeln zusah, begann ihr Gesicht sich zu verändern; die klaren, vollkommenen Linien verwischten sich und sanken in sich zusammen – bis Miathan den Zauber jäh unterbrach.
Eliseth, die nun plötzlich von den Fesseln seines Willens befreit war, taumelte und mußte sich an der Tür festhalten, um aufrecht zu stehen. Als sie dann endlich ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, flogen ihre Hände augenblicklich zu ihren Wangen, und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. Stöhnend stürzte sie durch das Zimmer zum nächsten Spiegel und starrte das Bild, das ihr entgegensah, fassungslos an.
Miathan kicherte. »Zehn Jahre, Eliseth. Zehn kleine Jahre. Ein Tröpfchen in dem endlosen Ozean unserer Unsterblichkeit. Aber welchen Unterschied zehn Jahre doch für dieses makellose Gesicht ausmachen! Ist dein Körper vielleicht etwas weniger straff? Ein kleines bißchen weniger aufrecht und schlank?« er grinste höhnisch. »Es ist fast noch schlimmer, als ein altes Weib zu sein, nicht wahr, diese unerbittlichen Anzeichen des Verfalls und die Narben mitansehen zu müssen.«
Eliseth drehte sich sprachlos und zitternd zu ihm um, und Miathan wußte, daß er sie besiegt hatte. »Das letzte Mal, als ich dich altern ließ und du mir getrotzt hast, konntest du das tun, weil du nichts mehr zu verlieren hattest. Aber ich habe aus meinem Fehler gelernt, meine Liebe. Diesmal wird es anders sein.« Seine Stimme war plötzlich hart wie Stein. »Jedesmal, wenn du dich mir widersetzt, werde ich deinem Alter zehn weitere Jahre hinzufügen. Ich würde dir vorschlagen, sehr sorgfältig über die Konsequenzen nachzudenken, bevor du es noch einmal wagst, dich mir in den Weg zu stellen. Und Eliseth – laß Aurian in Ruhe! Wenn du auch nur den kleinen Finger gegen sie erhebst, werde ich dich nicht sterben lassen, sondern dafür sorgen, daß du dir tausendmal wünschst, ich hätte es getan.«
Als Eliseth sich niedergeschlagen umdrehte, um davonzuschleichen, warf er ihr mit vorsätzlicher und bösartiger Schläue noch einen Brocken hin. »Übrigens habe ich dich nicht zugunsten von Aurian verstoßen, was immer du auch glauben magst. Denn trotz dieser zehn zusätzlichen Jahre bist du immer noch wunderschön.« Er durchquerte den Raum und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Eliseth starrte ihn zornig an, aber er sah, daß ein kleiner Funke des Zweifels die stählerne Wand des Hasses hinter ihren Augen für einen Augenblick durchbrach.
Der Erzmagusch lächelte innerlich. »Ja«, murmelte er, »du bist wirklich schön. Ich mag Aurian wollen, um unsere im Aussterben begriffene Rasse vor dem Untergang zu bewahren, und ich mag ihre Kräfte brauchen, um meine Pläne voranzutreiben, aber sie wird immer launisch und eigensinnig bleiben. Ich könnte ihr nie vertrauen, Eliseth, und daher muß sie meine Gefangene bleiben, während du die Freiheit hast, aus eigenem Willen an meiner Seite zu arbeiten.« Dann gestattete er sich ein Lächeln. »Du wärest eine überaus passende Gefährtin für einen Erzmagusch, wenn du beweist, daß ich dir vertrauen kann.« Mit diesen Worten entließ er sie.
»Lügner«, hauchte Eliseth, aber hinter ihren Augen leuchtete ein neues Licht auf.
Der Erzmagusch zuckte mit den Schultern. »Das wird die Zeit erweisen«, sagte er. »Für uns beide.«
Als er hörte, wie sich die Tür leise hinter ihr schloß, kicherte Miathan. Hatte sie den Köder geschluckt? Nun, tatsächlich: die Zeit würde es erweisen.
Als die kleine Magd hörte, wie die Wettermagusch
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