Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
fort.
Tiefes Schweigen hatte sich in jenem Augenblick vor Sonnenaufgang über die Welt gesenkt, als die beiden Gegner auf das Plateau hinaustraten. Dann standen plötzlich dort, wo zwei Männer mit der Anspannung, die jedem Kampf vorausgeht, einander in die Augen sahen …
Aurian keuchte. Zwei gewaltige Hengste, einer mitternachtsschwarz, der andere mit grau geschecktem Fell, standen einander auf dem Rasen gegenüber; Schwänze und Mähnen flatterten im Wind, während die großen, prächtig geschwungenen Hälse sich reckten und die feingemeißelten Köpfe sich stolz hoben. Die Muskeln in Brust und Schenkeln verrieten ungeheure Kraft, und tödliche Hufe zerrissen den Rasen.
Der dritte Hornruf war die triumphierende Verkündigung des Sonnenaufgangs. Als das Licht am Horizont aufflackerte, verwandelte sich der graue Rasen in strahlendes Grün – bis auf die Stelle, an der sich der lange Schatten von Phalihas weit ausstreckte, um seinen Gegner in ein gewaltiges Tuch aus Dunkelheit zu hüllen. Schiannath stieß den gellenden Schrei der Herausforderung aus, bäumte sich auf und hob sich hoch in das Sonnenlicht und über den schwarzen Fleck, den der Schatten seines Feindes auf den Boden warf. Der glitzernde Tau schäumte wie Feuerfunken unter den hämmernden Hufen, während die beiden Hengste aufeinander zustürmten.
Als die beiden gewaltigen Pferde einander entgegenrasten, verlor Schiannath auch noch den letzten Rest menschlichen Bewußtseins, an dessen Stelle jetzt die weißglühende Rage reinen, animalischen Zornes trat. Er donnerte auf Phalihas zu, in der Absicht, dem anderen kurz vor dem Zusammenprall auszuweichen und ihn von der Seite anzugreifen – aber Phalihas hatte die gleiche Idee gehabt. Beide Tiere schnellten in dieselbe Richtung – doch Phalihas war älter und reagierte schneller auf die neue Entwicklung. Er wirbelte auf seinen mächtigen Hinterbeinen herum, stürzte sich zähnefletschend auf den grauen Hengst und rammte Schiannath den Kopf in den Bauch, bevor er ihn mit einem gewaltigen Stoß zu Boden warf.
Schiannath rollte sich jedoch mit unerwarteter Behendigkeit herum und stand sogleich wieder aufrecht da, wenn auch ein wenig zitternd. Phalihas Hufe donnerten nun über die Stelle hinweg, an der sein Gegner gelegen hatte, verfehlten ihr Ziel jedoch. Schiannaths Kopf fuhr herum: Der schwarze Hengst schrie vor Wut und Schmerz auf, als dort, wo die Zähne des anderen sein Fleisch aufgerissen hatten, ein Strahl weißglühenden Feuers seine Flanke durchbohrte. Phalihas wirbelte herum, und der Schock brachte ihn mit einem Ruck wieder zu Bewußtsein; der ehemalige Rudelfürst hatte nicht erwartet, daß Schiannath das erste Blut für sich in Anspruch nehmen würde.
Schiannath stürzte sich nun wieder auf ihn, bäumte sich auf und geriet mit seinen scharfen Hufen Phalihas Schädel gefährlich nahe. Phalihas wich den tödlichen Hammerschlägen aus und ging auf die Kehle seine Feindes los, verfehlte jedoch sein Ziel. Einer von Schiannaths Hufen traf ihn schmerzhaft an der Schulter, während sich seine Zähne in die muskulöse Brust seines Gegners bohrten und ein Stück Fleisch herausrissen. Jetzt war es an Schiannath, aufzuschreien und heftig blutend zurückzutaumeln. In seinen Augen glomm neuer Respekt für seinen Gegner auf und gleich darauf das stählerne Funkeln einer grimmigen Entschlossenheit, seinen Feind auf jeden Fall zu besiegen.
Wieder und wieder griffen die Hengste einander an, bissen, traten und schlugen um sich. Blut befleckte den zertrampelten Rasen, und Schreie des Schmerzes und des Zorns zerrissen die Luft, während zuerst der eine und dann der andere die Deckung seines Gegners durchbrach. Die beiden waren einander ebenbürtig: Phalihas ein wenig schwerer; Schiannath eine Spur größer. Zum Ausgleich für die Gerissenheit und Erfahrung des älteren Hengstes hatte das jüngere Tier größere Ausdauer. Beide waren mittlerweile verletzt und bluteten; beide waren schweißgebadet und taumelten vor Erschöpfung; aber keiner wollte zurückweichen, und keiner wollte dem anderen das Feld überlassen.
Für Aurian und ihre Freunde, die sich bei den riesigen Steinen ängstlich zusammenscharten, bedeutete der Kampf eine schier unerträgliche Qual. Iscalda hatte sich noch nie so hilflos gefühlt. Sie konnte es kaum ertragen, mitanzusehen, wie ihr Bruder vor ihren Augen in Stücke gerissen wurde; und doch mußte sie hinsehen, obwohl wieder und wieder Tränen ihr die Sicht raubten. In ihren Gedanken war
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