Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
größeren Schaden angerichtet, als er es für möglich gehalten hätte? Das konnte er nur auf eine einzige Art und Weise herausfinden – aber dafür mußte er seine Deckung preisgeben. Falls Phalihas seine Schwäche nur vortäuschte und Schiannaths Hinken bemerkte …
Schiannath biß die Zähne zusammen, um sowohl seiner Angst als auch des Schmerzes Herr zu werden, und tat einen zögernden, schwerfälligen Schritt nach vorn, dann noch einen … Der Kopf seines Feindes schnellte augenblicklich in die Höhe; frisches Feuer entflammte in den Tiefen seiner trüben Augen. Schiannath blieb mit hämmerndem Herzen stehen. Phalihas nahm seine ganze Entschlossenheit zusammen und griff an. Genau darauf hatte Schiannath gewartet. Als der schwarze Hengst auf ihn zutaumelte, wich er unbeholfen einen Schritt zur Seite und bäumte sich dann mit einem schrillen Triumphschrei auf, der sich in ersticktes Entsetzen verwandelte, als Phalihas Kopf herumfuhr und riesige, eisenscharfe Zähne sich um Schiannaths Kehle schlossen. Schiannath spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben und das Gewicht des anderen ihn zu Boden zu drücken schien. In letzter Minute holte er zu einem letzten, verzweifelten Tritt aus. Sein unversehrter Huf krachte gegen Phalihas’ Schädel, und dann stürzten sie beide gemeinsam in die Dunkelheit.
Iscalda schrie laut auf, als sie die beiden Hengste fallen sah, schüttelte die starken Hände ab, die versuchten, sie zurückzuhalten, und rannte los. Aus den Augenwinkeln sah sie noch, daß die anderen ihr folgten, und sie hörte laute Schreie der Aufregung oder der Sorge; aber die Angst um ihren Bruder schien ihr Flügel zu verleihen. Mit großer Mühe gelang es ihr, ein Schluchzen zu unterdrücken, damit ihr genug Atem blieb, um ihr Ziel zu erreichen – und die ganze Zeit über hielt sie den Blick durch einen Nebel aus Tränen auf jene beiden dunklen Gestalten geheftet, die so gefährlich still auf dem blutdurchtränkten Boden lagen. Die letzten Kampfhandlungen hatten die beiden Hengste ein gutes Stück vom Plateau weggeführt. Iscalda, der der Schweiß jetzt bis in die Augen lief, rannte weiter und versuchte, die Schmerzen in ihrer Seite und ihre Atemnot zu ignorieren. Schiannath! Obwohl sie nicht mal genug Atem hatte, um zu sprechen, entrang sich dieser Schrei der Qual ihres Herzens. Würde sie ihn denn nie erreichen? Es war wie der Versuch, durch Wasser zu laufen; wie der Alptraum, den sie als Kind oft gehabt hatte, der Alptraum, in dem sie, von Entsetzen erfüllt, versuchte, ihren Verfolgern zu entkommen, aber trotz all ihrer Anstrengung nicht von der Stelle kam. Einer der dunklen Klumpen vor ihr regte sich. Sie stolperte, sah noch einmal hin. Hatte sie sich diese winzige Bewegung nicht nur eingebildet? Die niedrig am Himmel stehende Sonne schien ihr in die Augen und verhinderte, Einzelheiten zu erkennen. Nein! Sie hatte sich nicht geirrt! Einer der Hengste versuchte schwach – und wie es aussah vergeblich –, sich zu erheben. Mit einem Stöhnen verdoppelte Iscalda ihre Geschwindigkeit. Einer von ihnen lebte noch – aber welcher? Welcher?
Dann hörte sie es – den Siegesschrei eines Hengstes, der hart und schrill über das Plateau hallte. Diese Stimme hätte Iscalda überall erkannt. Schiannath! Die Erleichterung raubte ihr auch noch den letzten Rest ihrer Kraft, ihre Beine versagten ihr den Dienst, sie sank auf den kühlen Rasen und weinte Tränen der Dankbarkeit.
Trotzdem war Iscalda immer noch eine der ersten, die den Sieger erreichten. Gerade in dem Augenblick, als sie sich bemühte, wieder auf die Beine zu kommen, kam Aurian auf Chiamh herbeigeritten, dicht gefolgt von Shia. Das Windauge hatte große Geistesgegenwärtigkeit bewiesen, indem es sich einen Augenblick lang Zeit gelassen hatte, um seine Pferdegestalt anzunehmen.
»Komm, Iscalda! Schnell!« Die Magusch hielt ihr die Hand hin und zog das erschöpfte Mädchen hinter sich auf den Pferderücken. Dann ging der Ritt mit solcher Geschwindigkeit weiter, daß sie nur wenige Sekunden später an Schiannaths Seite waren. Der Hengst hatte zu große Schmerzen, um sie zu erkennen. Er schlug mit den Beinen um sich, kennte sich ein paar Zentimeter vom Boden hochheben, stürzte zurück und sank in einen Teich aus aufgewühltem Schlamm und Blut. Seine dunkelgrauen Flanken waren unter der dicken Schicht aus Blut und Erde kaum noch zu erkennen, und seine Augen, von denen man nur noch das Weiß sah, verrieten Schmerz und Angst.
Mit einem erschrockenen
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