Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
aus dem Langhaus, um sich der Verwundeten anzunehmen. Eine von ihnen blieb über einer regungslosen Gestalt stehen und wurde starr vor Schreck. »Eliizar«, rief die Frau drängend.
Der Verwundete war Jharav. Sein Gesicht war grau, und sein Atem kam in keuchenden und zischenden Stößen. Die Vorderseite seines Lederwamses war blutverschmiert. Als sich Eliizar über ihn beugte, öffnete er die Augen. »Guter Kampf«, flüsterte er. »Ganz wie in alten Zeiten …«
Eliizar stieß einen leisen Fluch aus. Jharav brauchte Hilfe, und zwar schnell. Er brauchte Nereni … Der Schwertmeister erstarrte. Wo war Nereni?
Sie hatten nicht damit gerechnet, daß eine Frau kämpfen würde. Der erste der Khazalim, der Hand an Nereni legte, erhielt das Messer zwischen die Rippen, aber die beiden anderen waren ihrer Überraschung inzwischen Herr geworden. Der eine, dessen Arme bis zu den Ellbogen mit dem Blut des jungen Burschen befleckt waren, packte Nereni und zerrte sie zu Boden, wo er einen Hagel von Schlägen auf sie niedergehen ließ und an ihren Kleidern zerrte. Der andere Krieger mußte Ustila eingefangen haben. Nereni konnte, während sie selbst sich gegen ihren Angreifer wehrte, die Schreie des Mädchens hören; das gellende Kreischen fachte Nerenis Zorn nur noch stärker an und gab ihr den Mut, aus Leibeskräften zu kämpfen. Aurian hatte ihr, während sie zusammen eingesperrt gewesen waren, den ein oder anderen Trick gezeigt. Sie schaffte es, einen Arm zu befreien, und stach einem ihrer Angreifer die steifen Finger in die Augen. Als sie spürte, wie seine Augäpfel nachgaben, stieg ihr bittere Galle in der Kehle auf. Der Mann schlug die Hände vors Gesicht, taumelte heulend zurück, und eine blutige Flüssigkeit sickerte durch seine Finger. Außer sich vor Zorn ließ sein Kamerad eine Faust auf Nerenis Kiefer krachen, und sie mußte an dem Blut, das ihr in den Mund schoß, würgen. Der Mann preßte sie nach wie vor zu Boden und konnte in dieser Position nicht an sein Schwert heran, aber plötzlich glitzerte ein Messer in seiner Hand.
Nereni hatte von Anfang an gewußt, daß es hoffnungslos war. Selbst wenn sie sie zuerst vergewaltigt hätten, hätten sie sie danach getötet. So blieb blieb ihr wenigstens dieser Schmerz und diese Demütigung erspart. Eliizar wäre stolz auf sie gewesen …
Das Messer hob sich, blitzte im Sonnenlicht blutrot auf – und entfiel den zuckenden Fingern des Kriegers. Der Mann röchelte, seine Augen traten aus den Höhlen, und er versuchte vergeblich, an der dünnen Schnur, die um seinen Hals lag, zu zerren. Nereni war kaum von der Last seines Gewichtes befreit, da wurde sie auch schon von einer drahtigen Hand auf die Füße gezogen, und sie blickte in Sturmvogels nachtdunkle Augen. Sie krümmte sich über seinem Arm zusammen, würgte und spuckte Blut und einen Zahn aus, den ihr die Faust ihres Angreifers aus dem Kiefer geschlagen hatte. Als sie sich schließlich wieder straffte und ihre tränenden Augen mit einem Lumpen aus ihrem zerfetzten Rock trocknete, sah sie Fink, wie er gerade seinen Fuß vom Rücken des Khazalim hob und die blutige Schnur zusammenwickelte. Ustila kauerte mit zerfetzten Kleidern schluchzend zwischen den Wurzeln des großen Baumes. Ihr Angreifer lag neben ihr. Aus seinem Rücken ragte ein Dolch heraus, wie er mit seinem in besonderer Art geschnitzten Knochengriff für die Himmelsleute typisch war. Nicht weit entfernt lag der Mann, dem Nereni die Finger in die Augen gestoßen hatte; auch er war tot, sein Schädel von einem großen Stein zerschmettert. Sturmvogel breitete seine gewaltigen Schwingen aus, so daß sie das grauenvolle Bild dahinter nicht mehr sehen konnte. »Komm, meine tapfere Freundin«, sagte er sanft. »Das Schlimmste ist jetzt vorbei. Wir werden euch nach Hause bringen.«
Ein völlig verzweifelter Eliizar war gerade damit beschäftigt, Suchtrupps zu organisieren, als er in der Ferne das Geräusch von Flügelschlägen hörte und die Himmelsleute auf die Lichtung zufliegen sah, wobei sie mit ihren menschlichen Lasten den Baumkronen gefährlich nah gerieten. Als Sturmvogel mit Nereni landete, stürzte Eliizar vor, und sein Herz verwandelte sich beim Anblick ihrer zerfetzten, blutbefleckten Kleider und ihres angeschwollenen, zerkratzten Gesichtes zu Eis. »Nereni!« Als er sie in die Arme nahm, konnte er ihr Zittern spüren, aber sie hob stolz das Kinn und wischte sich ungeduldig mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen, eine Geste, die auf seltsame
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