Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
Grince der entsetzten Magusch. »Viele Leute wurden getötet, und noch mehr wurden einfach verschleppt. Die Phaerie nahmen auch Lord Vannor mit – sie haben ihn aus seinem eigenen Haus entführt. Ich hätte ja persönlich nichts dagegen gehabt, aber dann trat dieser abscheuliche Mistkerl, Lord Pendral, an seine Stelle.« Seine Stimme wurde hart und leise, und sein Gesicht verzerrte sich vor Haß. »Pendral regiert die Stadt jetzt mit eiserner Hand. Das muß er auch – die Leute würden ihn, wenn sie auch nur die geringste Chance hätten, seinen Amtes entheben und obendrein töten.«
Grinces Worte waren ein schwerer Schlag für die Magusch. Das ist alles meine Schuld, dachte sie. Nur weil ich es nicht geschafft habe, mir das Schwert zu unterwerfen, wurden die verfluchten Phaerie überhaupt erst auf die Welt losgelassen.
»Unfug!« schnaubte Shia. »Hast du diesen törichten Menschen dazu gezwungen, den Phaerie den Krieg zu erklären? Hast du ihn gezwungen, die Stadt anzugreifen?«
»Da hast du nicht ganz unrecht«, entgegnete Aurian. »Trotzdem bin ich nicht ganz schuldlos an der Sache.« Sie ballte die Hände zu Fäusten. Vielleicht hatten die Phaerie Parric nicht getötet, sondern gefangengenommen, dachte sie. Er ist ein zäher alter Bursche – ich weigere mich einfach zu glauben, daß er tot sein könnte. »Hör mir zu, Grince«, fügte sie laut hinzu. »Wo genau befindet sich diese Phaeriestadt eigentlich?«
Der Dieb zuckte die Achseln. »Wie soll ich das wissen? Ich bin mein Leben lang nicht aus Nexis herausgekommen.«
Forral, der sich ganz still verhalten hatte, bis Grince Vannors Angriff auf die Phaerie erwähnt hatte, stieß die Magusch an. »Gibt es denn niemanden mehr in dieser erbärmlichen Stadt, den wir kennen und dem wir trauen können? Vorzugsweise jemand, der wenigstens einen Funken Verstand hat.«
Aurian schloß die Augen und dachte angestrengt nach. Sie versuchte, sich an die Gesichter ehemaliger Freunde und Gefährten zu erinnern. So viele waren jetzt tot oder spurlos verschwunden. Einige mußten inzwischen auch schon recht alt sein … »Ich hab’s!« entfuhr es ihr. »Grince, hast du jemals von einem alten Soldaten namens Hargorn gehört? Ich nehme an, daß er sich aus dem aktiven Dienst zurückgezogen hat.«
Grinces Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Und ob ich den kenne!« sagte er. »Ihr werdet nie erraten, wa …«
»Gefahr!« Shia und Khanu brüllten dieses eine Wort der Warnung beinahe gleichzeitig. »Feinde greifen an!«
Dann zerriß die Luft plötzlich unter einem wilden Gebell, und zwei gewaltige Hunde stürzten in den Raum. Mit gezückten Schwertern folgte eine Horde Männer.
Beim ersten Anflug einer Bedrohung übernahmen Forrals alte Soldateninstinkte wieder das Kommando. Als sein Schwert aus der Scheide flog, vernahm er zu seiner gelinden Überraschung gleichzeitig das Geräusch von Aurians Klinge; es kam so schnell, daß das Klirren der beiden Waffen von einem einzigen Schwert hätte stammen können. Hinter ihnen flammte ein grelles Licht auf; Finbarr hatte einen sengenden Feuerball entzündet und hielt ihn bereit. Grince huschte davon und kauerte sich in die hinterste Ecke des Alkovens. In der Faust hielt er ein jämmerlich unzureichendes Messer, und sein Gesicht spiegelte panische Angst wider. »Laßt nicht zu, daß sie mich schnappen«, wimmerte er. »Lady, ich bitte dich – Pendral wird mir die Hände abschneiden …«
Forral fühlte sich leicht gekränkt, daß der Dieb sich hilfesuchend an Aurian gewandt hatte, statt an ihn. Wer war denn hier nun der Krieger?
»Sie werden dich nicht bekommen, Grince«, versicherte Aurian ihm. »Wir werden es nicht zulassen.«
Die Wachen, die nur einen einzigen kleinen, ziemlich schutzlosen Dieb erwartet hatten, sahen sich plötzlich drei Leuten gegenüber – die in ihren Augen allesamt wie bewaffnete und zornige Magusch aussahen. Im Gegensatz zu den Hunden, die, ihre Beute vor Augen, einfach weiterstürmten, blieben die Männer wie angewurzelt stehen.
Shia stürzte sich auf den Hund an der Spitze und warf ihn allein mit der Wucht ihres Sprungs zu Boden. Die beiden gewaltigen Geschöpfe rollten quer durch den Raum, kippten Bücherregale um und versprengten in einem Knäuel von Krallen, Fangzähnen und fliegendem Pelz zahllose kostbare Bücher – dann hatte Shia den Hund in die Enge getrieben. Sie sprang von einer Seite zur anderen, um das wild kläffende Geschöpf in Schach zu halten. Der andere Hund, der sich Auge in
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