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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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hinüber; ihr Herz war bleischwer vor Angst, was sie dort finden würde.
    »Chiamh«, flüsterte die Magusch. Sie wagte es nicht, ihn zu berühren – ja nicht einmal, ihm das zerzauste, braune Haar aus dem Gesicht zu streichen. Aus einer Vielzahl von Wunden sickerte Blut: das Windauge war an ungezählten Stellen verletzt und durchbohrt worden, und einige tiefe Wunden, die sich in der Nähe lebenswichtiger Organe befanden, sahen sehr schlimm aus. Aurians Instinkte als Heilerin sagten ihr, daß Chiamh, wenn er nicht schon tot war, sich an einen hauchzarten Lebensfaden klammern mußte, und daß dieser Faden sehr dünn und zerbrechlich war und jederzeit reißen konnte. Sie durfte keine Zeit verschwenden. Aurian wußte, daß sie sofort handeln mußte – falls es nicht bereits zu spät war. Sie schob ihren überwältigenden Schmerz beiseite, um die Situation kühl und sachkundig abzuschätzen. Es schien keine Möglichkeit zu geben, ihn zu retten – wenn sie ihn bewegte, würde ihn das umbringen, und das Risiko, ihr eigenes Leben an die feindlichen Schwerter zu verlieren, wuchs von Sekunde zu Sekunde –, aber Aurian weigerte sich, so einfach eine Niederlage einzustecken. »Keine Sorge, Chiamh – ich bin jetzt bei dir«, sagte sie zu ihm. »Ich kümmere mich um dich.« Während sie sich mit aller Macht darauf konzentrierte, jede Ablenkung durch den Kampf, der um sie herum wütete, auszublenden, nahm sie das Windauge aus der Zeit.
    So, und nun ein Apportzauber … Die großen Schiffe waren zu weit weg – Aurian konnte das Windauge unmöglich über solch eine Entfernung bewegen, ohne zuviel von ihrer eigenen Energie zu opfern. Hätte sie es versucht, wäre ihr anschließend vielleicht nicht mehr genug Kraft geblieben, um sich in Sicherheit zu bringen – und ohne sie, die ihn heilen konnte, hatte Chiamh überhaupt keine Chance. Plötzlich entdeckte die Magusch ein kleineres Boot, das die anderen übersehen hatten; es lag hinter einer niedrigen Felsspitze am südlichsten Zipfel des Strandes vor Anker. Die anderen hatten das kleine Schiff in der Dunkelheit nicht bemerkt, und Aurian war es nur wegen ihrer Maguschsicht aufgefallen. »Schön«, murmelte Aurian. Dann wandte sie sich wieder an Chiamh und …
    »Lady! Gib acht!«
    Aurian duckte sich, und als die Klinge einen Zentimeter über ihrem Kopf die Luft durchschnitt, ließ sie ihr eigenes Schwert in einem weiten Bogen kreisen, der ihren Gegner direkt unterhalb der Knie traf, so daß er wie ein gefällter Baum zu Boden stürzte. Die Magusch drehte die Klinge mit einer geschickten Handbewegung halb herum und erledigte ihren Angreifer, noch bevor dieser auf dem Boden aufschlug. Erst da sah sie Grince, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war; an seiner Seite stand Frost, sein kleiner, weißer Hund. Grinces Gesicht zeigte einen grimmigen Ausdruck, und er schwang ein Schwert, das er eindeutig einem Gefallenen gestohlen hatte und das viel zu groß für ihn war.
    »Danke«, sagte Aurian zu dem Dieb. »Gib mir für einen Augenblick Rückendeckung.« Dann nahm sie all ihre Zauberkraft zusammen, dachte an Chiamh, wie er hier lag, stellte ihn sich dort, auf dem Boot vor – und hüllte ihn in ihre Magie, um ihn mit einer gewaltigen geistigen Anstrengung von hier nach dort zu transportieren. Man hörte ein Krachen und spürte einen Windstoß, dann füllte die Luft zischend den leeren Raum aus, wo zuvor Chiamh gewesen war.
    Aurian hörte ein Aufkeuchen und einen erstickten Fluch von Grince. »Komm weiter«, sagte sie zu ihm, »verschwinden wir von hier.«
     
    »Da ist noch ein Boot übrig«, rief Tarnal. »Wir sind fast da …« Mit einem Entsetzensschrei brach er ab. Zanna trat auf ihn zu – und ihre Arme krampften sich um ihren jüngeren Sohn, bis er vor Schmerz aufschrie. Ungeachtet seiner Proteste preßte sie sein Gesicht fest gegen ihre Schulter, so daß er nichts sehen konnte. Halb verborgen im seichten Wasser lagen Emmie und Dulsina. Emmie wies keine sichtbaren Zeichen auf, war aber eindeutig tot. Dulsinas Schädel war von einem schweren Schlag zerschmettert worden, der die Hälfte ihres Gesichtes zerstört hatte; Blut und ein Teil ihres Gehirns waren auf den Sand gesickert.
    Endlich gelang es Zanna, sich von dem grauenhaften Anblick loszureißen. Ihre eigene Trauer war einfach zu gewaltig, um sie im Augenblick ganz zu ermessen – Dulsina war wie eine Mutter für sie gewesen seit dem Tag, an dem ihre eigene gestorben war. Zanna versuchte, Dulsinas Tod aus ihren Gedanken zu

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