Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara
mächtigen Bergs, mit steilen, fichtenbestandenen Hängen zu beiden Seiten. Diese Hänge bargen in ihrem Schoß einen grauen, nebligen See – den Bergsee der Fliegenden Pferde hatte man ihn in alten Zeiten getauft, denn er war buchstäblich für jeden außer den Phaerie und ihren magischen Rössern unerreichbar. Am Eingang des Tales erhob sich von diesem See aus ein hoher, grüner Hügel – der Felsturm der Fliegenden Pferde. Das war der perfekte Platz für seine Stadt.
Hellorins Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Selbst mit magischer Hilfe würde es seine ganze Kraft erfordern, aus dem Nichts eine solche Stadt aufzubauen. Er würde viele sterbliche Sklaven brauchen, wenn er in so großem Stile bauen wollte. Was für ein herrlicher Spaß es für seine Phaerie sein würde, Nexis und die niedereren menschlichen Behausungen auf der Suche nach Sklaven zu plündern! Es würde genauso sein wie in alten Zeiten!
Plötzlich beschlich ihn der unangenehme Gedanke, daß Eilin diesen Plan nicht im mindesten billigen würde – dann zuckte er mit den Achseln. Hellorin rief sich ins Gedächtnis, daß er schließlich der Herr der Phaerie war. Er hatte nicht die Absicht, sein Leben von den Launen einer Magusch bestimmen zu lassen – und außerdem war es eine wertvolle Lektion für sie. Wenn sie sich ihm gar nicht erst widersetzt hätte, hätte er sich mit seinem Volk einfach im Tal niedergelassen und niemals auch nur daran gedacht, eine Stadt zu bauen. Hellorin wandte sich ab und schickte sich an, das Tal zu verlassen. Nun denn, so sei es. Sollte Eilin doch denken, sie hätte für den Augenblick gewonnen. Er würde sogar, so schwer es ihm fiel, die weiße Stute opfern, damit die Magusch glaubte, er sei endgültig verschwunden. Und schon sehr bald würde sie begreifen, was sie angerichtet hatte.
Hellorin lächelte bei dem Gedanken an die Verwüstungen, die er über die Stadt des verhaßten Maguschvolkes bringen würde. Andererseits waren jetzt, abgesehen von Eilin, keine Magusch mehr übrig. War es da nicht besser, Nexis einfach zu besetzen, um sich Zeit und Mühe zu sparen? Nein, befand der Waldfürst. Die Stadt konnte ihnen als Zuchtplatz für menschliche Sklaven später noch gute Dienste leisten, aber die Hinterlassenschaft ihrer früheren Feinde war für sein Volk einfach nicht gut genug – jedenfalls nicht gleich. Und wenn sein Sohn irgendwann wieder in die Welt zurückkehrte – und das stand für Hellorin außer Zweifel –, würde Nexis ein fürstliches Geschenk für ihn abgeben.
Bei diesem Gedanken lächelte der Herr der Phaerie. Zwei große Städte, eine im Norden und eine im Süden – und das ganze Land dazwischen unter der Herrschaft der Phaerie, die endlich das Joch ihrer Gefangenschaft abgeschüttelt hatten. Er würde als erstes seine eigene Stadt erbauen, beschloß er – und zu den wichtigsten Dingen, die er dort schaffen wollte, gehörte ein neues magisches Fenster – eins, das diesmal eigens auf D’arvan ausgerichtet wäre. Mit seiner Hilfe konnte Hellorin, sobald sein Sohn in die Welt zurückkehrte, Krieger aussenden, die ihn nach Hause holten. Obwohl sie bei ihrem Abschied nicht gerade auf gutem Fuß miteinander gestanden hatten, konnte man den Welpen sicher zur Vernunft bringen, dessen war der Waldfürst gewiß. Es gab immer Mittel und Wege. Wenn er dort D’arvan an seiner Seite wußte, konnten sie Nexis in aller Ruhe einnehmen.
Hätte Hellorin in diesem Augenblick bis nach Nexis schauen können, wäre er vielleicht weniger zuversichtlich gewesen. Mit Eliseth war der letzte Hüter der Magie aus der Stadt verschwunden, und unter der Erde regten sich unreine Mächte, die nun nicht länger von der Zauberkraft behindert wurden, die die alten Bannsprüche aufrechterhielt.
Einstmals war er als Riese über die Erde gewandelt. Damals war er soviel mehr gewesen als dieses gebrochene, wahngetriebene Geschöpf, das auf Ewigkeiten in einem Grab aus Stein gefangengehalten wurde; der Geist versprengt, verirrt … verirrt. Gefesselt und geknebelt unter der eisernen Herrschaft von Geisteskräften, die so hart und leuchtend waren wie Diamanten, so scharf und gnadenlos wie Stähl. Äonen hatte er gewartet, hilflos, hoffnungslos. Dann, als er die Hoffnung längst aufgegeben hatte, regte sich plötzlich ein Gefühl – fast unmerklich –, ein Nachlassen des Drucks, eine schwache Verheißung von Hoffnung. Ein Lichtschimmer in seiner ewigen Dunkelheit – ein schmaler Riß in den Mauern seines Grabs. Der Haß
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