Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
Vom Netzwerk:
zum Abwischen dagelassen
hat. Es gibt einen langen Hinterhof, einen Garten mit hohem Gras und Unkraut, ein altes Fahrrad, das einem Riesen gehört haben muß, jede Menge Blechdosen, alte Zeitungen und Zeitschriften, die auf der Erde verrotten, eine verrostete Nähmaschine, eine tote Katze mit einem Strick um den Hals, die jemand über den Zaun geworfen haben muß.
    In Michaels Kopf hat sich die Ansicht festgesetzt, daß dies Afrika ist, und er fragt immer wieder, wo ist Tarzan? Wo ist Tarzan? Er rennt ohne Hose im Hinterhof auf und ab und versucht nachzumachen, wie Tarzan von Ast zu Ast jodelt. Malachy sieht über die Zäune in die anderen Hinterhöfe und sagt uns, die haben Gärten. Die bauen Sachen an. Wir können auch Sachen anbauen. Wir können unsere eigenen Kartoffeln und alles haben.
    Mam ruft von der Hintertür, sehts, ob ihr was zum Feueranmachen findets.
    Hinten ans Haus ist ein hölzerner Verschlag gebaut. Er bricht bereits zusammen, und wir könnten gut etwas von dem Holz für das Feuer gebrauchen. Mam ekelt sich vor dem Holz, das wir ihr bringen. Sie sagt, es ist vergammelt und voller weißer Maden, aber in der Not frißt der Teufel Fliegen.
    Das Holz brutzelt über dem brennenden Papier, und die Maden versuchen zu fliehen. Michael
sagt, die weißen Maden tun ihm leid, wir wissen aber, daß ihm alles auf der Welt leid tut.
    Mam sagt, dies Haus war früher ein Laden, Laman Griffins Mutter hat hier früher Waren durch das kleine Fenster verkauft, und dadurch konnte sie Laman aufs Rockwell College schicken, wodurch er später Offizier in der Royal Navy wurde. Tatsächlich, das war er mal. Offizier in der Royal Navy, und hier ist ein Bild von ihm mit den anderen Offizieren bei einem festlichen Abendessen mit einem berühmten amerikanischen Filmstar, Jean Harlow. Nachdem er Jean Harlow kennengelernt hatte, war er nie wieder derselbe. Er hat sich wahnsinnig in sie verliebt, aber wozu? Sie war Jean Harlow, und er war nur ein Offizier in der Royal Navy, und das hat ihn in den Suff getrieben, und da haben sie ihn bei der Marine rausgeschmissen. Und sieh ihn dir jetzt an, ein gewöhnlicher Hilfsarbeiter beim Elektrizitätswerk und ein Haus, daß es eine Schande ist. Wenn man das Haus so sieht, würde man nie annehmen, daß dort ein menschliches Wesen wohnt. Man merkt, daß Laman, seitdem seine Mutter tot ist, nichts mehr angefaßt und von hier nach da bewegt hat, und jetzt müssen wir saubermachen, damit wir hier wohnen können.
    Es gibt Kartons voller Flaschen mit lila Haarpomade. Während Mam draußen auf dem Klo ist, machen wir eine Flasche auf und schmieren uns
das Zeug auf den Kopf. Malachy sagt, der Geruch ist hinreißend, aber als Mam zurückkommt, sagt sie, was ist das für ein gräßlicher Gestank? und will wissen, warum wir plötzlich so fettige Köpfe haben. Wir müssen draußen den Kopf unter den Wasserhahn halten und uns mit einem alten Handtuch abtrocknen, das sie unter einem Stapel Zeitschriften hervorgezogen hat, die The Illustrated London News heißen und so alt sind, daß da drin noch Königin Victoria und Prinz Edward beim Winken abgebildet sind. Es gibt Pear’s Seife und ein Buch namens Pear’s Encyclopedia, welches mich Tag und Nacht wach hält, weil alles über alles drinsteht, und genau das ist alles, was ich wissen will.
    Es gibt Flaschen mit Sloan’s Liniment zum Einreiben, und Mam sagt, das ist günstig, wenn wir Krämpfe und Schmerzen von der Feuchtigkeit kriegen. Auf den Flaschen steht, Hier sitzt der Schmerz, wo bleibt mein Sloan’s? Es gibt Schachteln mit Sicherheitsnadeln und Säcke voller Damenhüte, die zerbröseln, wenn man sie anfaßt, es gibt Tüten mit Korsetts, Strumpfbändern, Knöpfstiefeletten für Frauen und verschiedene Abführmittel, die rote Wangen, strahlende Augen und einen Lockenkopf versprechen. Es gibt Briefe von General Eoin O’Duffy an Gerard Griffin, Esq., in denen steht, willkommen in den Reihen der National Front, Abteilung Irische Blauhemden, daß
es eine Ehre und ein Vorzug ist zu wissen, daß ein Mann wie Gerard Griffin sich für die Bewegung interessiert, ein Mann mit so exzellenten Kenntnissen, mit dieser seiner bei der Royal Navy genossenen Ausbildung, mit diesem Ruf als Rugbyspieler bei Young Munster, dem Gewinner der Landesmeisterschaften in Gestalt des Bateman-Pokals. Gegenwärtig schließt General O’Duffy die Reihen zur Bildung einer Irischen Brigade, welche in Kürze nach Spanien in See stechen wird, um an der Seite jenes großen Katholiken,

Weitere Kostenlose Bücher