Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
kommt, in dem amerikanische Mädchen in Badeanzügen auf der Leinwand im Lyric Cinema posieren, und ich wache vom Schieben und Schobern auf dem Bauch auf? Es ist eine Sünde, wenn man hellwach ist und Hand an sich legt, so wie die Jungs auf dem Schulhof drüber geredet haben, nachdem Mr. O’Dea uns das sechste Gebot vorgebrüllt hatte, du sollst nicht ehebrechen, und das bedeutet, unreine Gedanken, unreine Worte, unreine Taten, und das ist Ehebruch, Säuisches im allgemeinen.
Ein Redemptoristenpriester kläfft uns die ganze Zeit im Hinblick auf das sechste Gebot an. Er sagt, Unreinheit ist eine so schwere Sünde, daß sich die Jungfrau Maria abwendet und weint.
Und warum weint sie, ihr Knaben? Sie weint euretwegen und um dessen, was ihr ihrem geliebten Sohn antut, willen. Sie weint, wenn sie die lange trübe Vedute der Zeit entlangblickt und mit Schrecken des Schauspiels innewird, welches ihr Knaben von Limerick bieten, die sich beflecken, die sich beschmutzen, die an sich herummachen, die Raubbau treiben an sich selbst, die ihre jungen Körper besudeln, welche die Tempel des Heiligen
Geistes sind. Unsere Liebe Frau weint über diese Scheußlichkeiten, weiß sie doch, daß ihr jedesmal, wenn ihr an euch herumspielt, ihren heißgeliebten Sohn ans Kreuz nagelt, daß ihr Ihm abermals die Dornenkrone auf das teure Haupt rammt, daß ihr jene greulichen Wunden abermals öffnet. In einer Todesqual des Durstes hängt Er am Kreuze, und was bieten Ihm jene perfiden Römer an? Einen Toilettenschwamm, in Essig und Galle getaucht, und schieben ihn Ihm in Seinen armen Mund, einen Mund, dessen Lippen sich außer zum Beten kaum je bewegen, denn Er betet auch für euch, ihr Knaben, sogar für euch, die ihr Ihn an jenes Kreuz genagelt habt. Bedenkt die Leiden unseres Herrn. Bedenkt die Dornenkrone. Bedenkt in euerm Sinn eine kleine Nadel, die euch in den Schädel getrieben wird, die Qual des Stechens, des Durchbohrens. Bedenkt sodann zwanzig Dornen, die in euern Schädel getrieben werden. Denkt, sinnt über die Nägel nach, die Seine Hände, Seine Füße zerrissen. Könntet ihr auch nur einen Bruchteil jener Qual ertragen? Nun nehmt wieder jene Nadel, jene schlichte Nadel. Stecht euch damit in die Seite. Vergrößert diese Empfindung um ein Hundertfaches, und ihr werdet von jener schaurigen Lanze durchbohrt. Oh, ihr Knaben, der Teufel will eure Seelen. Er will euch bei sich in der Hölle, und wisset dies, daß jedesmal, wenn ihr an euch herumspielt, jedesmal,
wenn ihr euch der niedrigen Sünde der Selbstbefriedigung hingebt, dann nagelt ihr nicht nur Christus ans Kreuz, dann legt ihr einen weiteren Schritt auf dem Wege zur Hölle als solcher zurück. Tretet hinweg vom Abgrund, ihr Knaben. Widersteht dem Teufel und laßt eure Hände, wo sie sind.
Ich kann nicht damit aufhören, an mir herumzuspielen. Ich bete zur Jungfrau Maria und sage ihr, es tut mir leid, daß ich ihren Sohn wieder ans Kreuz genagelt habe, und ich werde es nie wieder tun, aber ich kann nicht anders, und ich schwöre, ich werde zur Beichte gehen, und danach, danach ganz bestimmt, werde ich es nie wieder tun. Ich will nicht in die Hölle, wo mich in alle Ewigkeit Teufel durch die Gegend jagen und mit heißen Heugabeln piksen werden.
Die Priester von Limerick haben keine Geduld mit meinesgleichen. Ich gehe zur Beichte, und sie zischen, daß ich nicht vom rechten Geist der Reue beseelt bin, wenn ich das nämlich wäre, würde ich von dieser grauenhaften Sünde ablassen. Ich gehe von einer Kirche zur anderen und suche einen leichten Priester, bis Paddy Clohessy mir sagt, daß es einen in der Dominikanerkirche gibt, der ist neunzig Jahre alt und taub wie eine Steckrübe. Alle paar Wochen hört sich der alte Priester meine Beichte an und murmelt, ich soll für ihn beten. Manchmal schläft er ein, und
ich habe nicht den Nerv ihn zu wecken, also gehe ich am nächsten Tag ohne Buße und Absolution zur Kommunion. Es ist doch nicht meine Schuld, wenn Priester bei mir einschlafen, und wenn ich zur Beichte gehe, bin ich doch bestimmt im Stand der Gnade. Dann wird eines Tages das kleine Brett im Beichtstuhl beiseite geschoben, und es ist gar nicht mein Zuständiger, es ist ein junger Priester mit einem Ohr, so groß wie eine Jakobsmuschel. Der hört bestimmt alles.
Segnen Sie mich, Vater, denn ich habe gesündigt, seit meiner letzten Beichte sind vierzehn Tage vergangen.
Und was hast du seitdem getan, mein Kind?
Ich habe meinen Bruder geschlagen, ich habe die
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