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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Frau wieder da, um zu sagen, Mr. Heggarty hat nur ganz wenig Zeit, bitte hier entlang. Mr. Heggarty sitzt in der Nähe eines Kamins mit glühendem Torf an einem Schreibtisch. Er sagt, was kann ich für Sie tun? Dad steht vor dem Schreibtisch und sagt, ich bin gerade mit Frau und vier Kindern aus Amerika zurückgekommen. Wir haben nichts. Ich habe während der Unruhen in einer Speziellen Einsatzbrigade gekämpft, und ich hoffe, Sie können mir jetzt in Zeiten der Not helfen.
    Mr. Heggarty schreibt sich Dads Namen auf und blättert in einem großen Buch auf seinem Schreibtisch. Er schüttelt den Kopf, nein, nein, wir haben hier keine Eintragung über Ihre Dienstzeit.
    Dad hält eine lange Rede. Er sagt Mr. Heggarty, wie er gekämpft hat, wo, wann und wie er aus Irland hinausgeschmuggelt werden mußte, weil ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt war, wie er seine Söhne in der Liebe zu Irland großzog.
    Mr. Heggarty sagt, tut ihm leid, aber er kann nicht an jeden Geld verteilen, der reinkommt und
behauptet, er hat seinen Beitrag geleistet. Dad sagt zu mir, vergiß das nie, Francis. Dies ist das neue Irland. Kleine Männer auf kleinen Stühlen mit kleinen Zetteln Papier. Dies ist das Irland, für das Männer gestorben sind.
    Mr. Heggarty sagt, er wird sich Dads Antrag mal ansehen, und er sagt ihm ganz bestimmt Bescheid, wenn sich was ergibt. Er wird uns Geld für den Bus zurück in die Stadt geben. Dad sieht sich die Münzen in Mr. Heggartys Hand an und sagt, stocken Sie den Betrag doch auf, damit ich mir eine Pint leisten kann.
    Ach, Sie wollen das Geld für Alkohol ausgeben, stimmt’s?
    Eine Pint ist ja wohl kaum Alkohol.
    Sie würden meilenweit zu Fuß zurückgehen und den Jungen ebenfalls zu Fuß gehen lassen, weil Sie eine Pint wollen, sehe ich das richtig?
    Ein kleiner Gang hat noch keinen umgebracht.
    Ich möchte, daß Sie dieses Haus verlassen, sagt Mr. Heggarty, oder ich werde einen gárda rufen, und Sie können sicher sein, daß Sie nie wieder von mir hören. Wir verteilen schließlich kein Geld, um die Familie Guinness zu unterstützen.
    Die Nacht senkt sich auf Dublins Straßen. Kinder lachen und spielen unter Straßenlaternen, Mütter rufen aus Haustüren heraus, von allen Seiten riecht es nach Kochen, durch die Fenster sehen wir Menschen, die an Tischen sitzen und
essen. Ich bin müde und hungrig, und ich möchte, daß Dad mich trägt, aber ich weiß, es hat jetzt keinen Sinn, ihn zu fragen, wenn er so ein mürrisches, verschlossenes Gesicht macht. Ich lasse meine Hand in seiner Hand, und ich renne, um mit ihm Schritt zu halten, bis wir die Haltestelle erreichen, wo Mam mit meinen Brüdern wartet.
    Sie sind alle auf der Bank eingeschlafen – meine Mutter und drei Brüder. Als Dad Mam berichtet, daß es kein Geld gibt, schüttelt sie den Kopf und schluchzt, ach Jesus, was sollen wir bloß tun? Ein Mann in einer blauen Uniform kommt herüber und fragt sie, was ist denn los, Missis? Dad sagt ihm, wir sitzen hier im Busbahnhof fest, wir haben kein Geld und keine Bleibe, und die Kinder haben Hunger. Der Mann sagt, er hat gleich dienstfrei, er nimmt uns mit auf die Polizeiwache, wo er sich sowieso melden muß, und die werden dann sehen, was man machen kann.
    Der Mann in Uniform sagt, wir können gárda zu ihm sagen … So nennt man Polizisten in Irland. Er fragt uns, wie man die Polizisten in Amerika nennt, und Malachy sagt: Cop. Der gárda tätschelt Malachy den Kopf und sagt ihm, er ist ein schlauer kleiner Yankee.
    Auf der Polizeiwache sagt uns der Sergeant, wir können dort die Nacht verbringen. Es tut ihm leid, aber er kann uns nur den Fußboden anbieten. Es ist Donnerstag, und die Zellen sind voller
Männer, die ihr Stempelgeld vertrunken und sich geweigert haben, die Kneipen zu verlassen.
    Die gárdaí geben uns heißen süßen Tee und dicke Scheiben Brot, mit Butter und Marmelade beschmiert, und wir sind so froh, daß wir in der Wachstube herumrennen und spielen. Die gárdaí sagen, wir kleinen Yanks sind eine ganz prima Truppe, und sie würden uns gern mit nach Hause nehmen, aber ich sage nein, Malachy sagt nein, die Zwillinge sagen nein, nein, und alle gárdaí lachen. Männer in Zellen strecken die Arme aus und tätscheln uns den Kopf. Sie riechen wie Dad, wenn er nach Hause kommt und von Kevin Barry und von Roddy McCorley singt, die sich zum Sterben begeben. Die Männer sagen, lieber Herr Jesus, hört euch die an. Die hören sich ja an wie gottverdammte Filmstars oder sonstwas. Seid ihr vom Himmel

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