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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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seinen Tee aus einem Marmeladenglas und pfeift The Boys of Wexford. Malachy und Oliver klatschen in die Hände und tanzen durch das Zimmer, und Dad weiß nicht, ob er pfeifen oder lächeln soll, denn beides geht nicht, und jetzt weiß er nicht weiter. Er muß aufhören und lächeln und Oliver den Kopf tätscheln und kann erst danach weiterpfeifen. Mam lächelt auch, aber es ist ein sehr schnelles Lächeln, und als sie ins kalte Feuer blickt, kann man die Sorge sehen, wo sich ihre Mundwinkel nach unten senken.
    Am nächsten Tag sagt sie zu Dad, er soll auf die Zwillinge aufpassen, und nimmt Malachy
und mich mit zur Gesellschaft des Hl. Vincent de Paul. Wir stehen zusammen mit Frauen, die schwarze Umhänge tragen, in der Schlange. Sie fragen, wie wir heißen, und lächeln, als wir es sagen. Sie sagen, Gott in der Höhe, hört euch diese kleinen Yankees an, und sie wundern sich, daß Mam mit ihrem amerikanischen Mantel Almosen will, wo doch kaum genug für die armen Menschen von Limerick da ist, ohne daß Yanks herüberkommen und ihnen das Brot aus dem Mund nehmen.
    Mam sagt ihnen, daß ihr eine Cousine den Mantel in Brooklyn geschenkt hat, daß ihr Mann keine Arbeit hat, daß sie noch zwei andere Kinder zu Hause hat, Zwillinge, beides Buben. Die Frauen schniefen und ziehen sich ihre Umhänge enger um den Körper, sie haben ihre eigenen Sorgen. Mam sagt ihnen, sie mußte Amerika verlassen, weil sie es nicht ertragen konnte, nachdem ihr kleines Mädchen gestorben war. Wieder schniefen die Frauen, aber diesmal, weil Mam weint. Einige sagen, sie haben ebenfalls was Kleines eingebüßt, und es gibt nichts Schlimmeres auf der Welt, man könnte so alt werden wie Methusalems Frau, ohne drüber wegzukommen. Kein Mann kann je ermessen, was es heißt, eine Mutter zu sein, die ein Kind verloren hat, auch nicht, wenn er länger lebt als zwei Methusalems.
    Sie weinen sich alle ordentlich aus, bis eine rothaarige
Frau eine kleine rote Schachtel herumreicht. Die Frauen nehmen mit zwei Fingern etwas aus der Schachtel und stecken es sich in die Nase. Eine junge Frau niest, und die rothaarige Frau lacht. Na klar, Biddy, dieser Knaster ist noch zu stark für dich. Kommt her, ihr kleinen Yankees, hier habt ihr eine Prise. Sie stopft uns das braune Zeug in die Nasenlöcher, und wir niesen so laut, daß die Frauen aufhören zu weinen und statt dessen lachen, bis sie sich die Tränen mit den Umhängen abwischen müssen. Mam sagt uns, das tut euch gut, das macht den Kopf frei.
    Die junge Frau, Biddy, sagt Mam, wir sind zwei ganz süße Buben. Sie zeigt auf Malachy. Der kleine Bursche mit den goldenen Korkenzieherlokken, ist er nicht zum Anbeißen? Filmstar könnte er werden und mit Shirley Temple spielen. Und Malachy lächelt und wärmt damit die ganze Schlange.
    Die Frau mit dem Schnupftabak sagt zu Mam, Missis, ich will ja nicht vorlaut sein, aber Sie sind weiß wie die Wand, und ich finde, Sie sollten sich hinsetzen, wissen Sie.
    Eine andere macht sich Sorgen, ah, nein, das mögen die nicht. Wer mag was nicht?
    Mensch, Nora Molloy, das haben sie doch nicht gern, wenn wir auf der Treppe sitzen. Sie wollen, daß wir mit dem Rücken zur Wand stehen.
    Am Arsch können die mich lecken, sagt Nora,
die rothaarige Frau. Setzen Sie sich hierhin, Missis, auf die Stufe da, und ich setz mich neben Sie, und wenn wir auch nur ein einziges Wort aus der Gesellschaft vom Hl. Vincent de Paul dagegen hören, demoliere ich den Laden, aber ehrlich. Rauchen Sie, Missis?
    Ja, sagt Mam, ich hab aber keine.
    Nora nimmt eine Zigarette aus ihrer Schürzentasche, bricht sie durch und bietet Mam die Hälfte an.
    Die besorgte Frau sagt, das mögen sie auch nicht. Sie sagen, jede Kippe, die man raucht, bedeutet, daß man Nahrung aus dem Munde seines Kindes stiehlt. Mr. Quinlivan da drin kann es auf den Tod nicht ausstehen. Er sagt, wenn man Geld für die Kippen hat, hat man auch Geld für Essen.
    Quinlivan kann mich ebenfalls am Arsch lekken, der alte Schweinehund mit seinem ewigen Grinsen. Wird er uns einen Zug aus einer Kippe mißgönnen, den einzigen Trost, der uns auf dieser Welt noch bleibt?
    Am Ende des Korridors geht eine Tür auf, und ein Mann erscheint. Wartets vielleicht auf Kinderschuhe?
    Frauen heben die Hand. Ja, ich. Ja, ich.
    Also, Schuhe gibt es nicht mehr. Ihr müßts nächsten Monat wiederkommen.
    Aber mein Mikey braucht Schuhe für die Schule.

    Es gibt keine mehr, ich hab’s euch doch gesagt.
    Aber draußen ist es kalt, Mr. Quinlivan.
    Schuhe könnts

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