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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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hereinfallen, auf Peter Molloy, der den Charme hatte und mich erst ins Bett und dann vor den Traualtar getrieben hat, als ich eben siebzehn war. Ich war unwissend, Missis. Wir sind unwissend herangewachsen in Limerick, und das ist nur die Wahrheit, keinen Schimmer hatten wir von gar nichts und woran man was merkt; wir sind Mütter, bevor wir Frauen sind. Und nichts gibt es hier, nur Regen und Hutzelweiblein, die den Rosenkranz beten. Meine Zähne würde ich dafür eintauschen, um hier rauszukommen, nach Amerika zu gehen oder meinetwegen sogar nach England als solchem. Der Weltmeister der Pintstrinker bringt nie mehr nach Hause als sein Stempelgeld, und manchmal versäuft er auch das noch; er treibt mich noch so in den Wahnsinn, daß ich im Irrenhaus lande.
    Sie zog an ihrer Zigarette und erstickte fast daran, sie hustete, bis es ihren ganzen Körper schüttelte, und zwischen den Hustern wimmerte sie, Jesus, Jesus. Als der Husten abgeklungen war, sagte sie, sie muß nach Hause und ihre Medizin nehmen. Sie sagte, dann bis nächste Woche,
Missis, beim Hl. Vincent de Paul. Wenn Sie irgendwas brauchen, lassen Sie mir eine Nachricht zukommen, ich wohne in Vize’s Field. Fragen Sie nach der Frau von Peter Molloy, dem Weltmeister der Pintstrinker.
    Eugene schläft unter einem Mantel auf dem Bett. Dad sitzt vor der Feuerstelle und hat Oliver auf dem Schoß. Ich frage mich, warum Dad Oliver eine Cuchulain-Geschichte erzählt. Er weiß, daß die Cuchulain-Geschichten mir gehören, aber als ich Oliver ansehe, macht es mir nichts mehr aus. Seine Backen sind leuchtend rot, er starrt ins ausgebrannte Feuer, und man kann sehen, daß er sich nicht für Cuchulain interessiert. Mam legt ihm die Hand auf die Stirn. Ich glaube, er hat Fieber, sagt sie. Ich wünschte, ich hätte eine Zwiebel, dann wurde ich sie in Milch mit Pfeffer kochen. Das ist gut bei Fieber. Aber selbst wenn ich eine Zwiebel hätte – worauf würde ich die Milch kochen? Wir brauchen Kohle für das Feuer.
    Sie gibt Dad die Bescheinigung für die Kohlen aus der Dock Road. Er nimmt mich mit, aber es ist schon dunkel, und alle Kohlenhandlungen sind geschlossen. Was machen wir jetzt, Dad?
    Ich weiß es nicht, mein Sohn.
    Vor uns sind Frauen mit Umhängen und kleine Kinder, die entlang der Straße Kohlen aufsammeln.

    Da, Dad, da ist Kohle.
    Och, nein, mein Sohn. Wir sammeln keine Kohle von der Straße auf. Wir sind doch keine Bettler.
    Er sagt Mam, die Kohlenhandlungen sind zu, und heute abend werden wir Milch trinken und Brot essen müssen, aber als ich ihr von den Frauen berichte, gibt sie ihm Eugene. Wenn du zu fein bist, Kohle aufzusammeln, ziehe ich meinen Mantel an und gehe in die Dock Road.
    Sie holt sich eine Tasche und nimmt Malachy und mich mit. Hinter der Dock Road ist etwas Weites und Dunkles, in dem Lichter blinken. Mam sagt, das ist ein Fluß, der Shannon. Sie sagt, das hat sie am allermeisten in Amerika vermißt, den Shannon. Der Hudson war nicht schlecht, aber der Shannon singt. Ich kann das Lied nicht hören, aber meine Mutter hört es, und das macht sie froh. Die anderen Frauen sind schon weg, aber wir suchen nach den Kohlestückchen, die von Lastwagen fallen. Mam sagt, wir sollen alles suchen, was brennt, Kohle, Holz, Pappe, Papier. Sie sagt, es gibt auch Leute, die Pferdeäpfel verbrennen, aber so tief sind wir noch nicht gesunken. Als ihre Tasche fast voll ist, sagt sie, jetzt müssen wir für Oliver eine Zwiebel finden. Malachy sagt, er wird eine finden, aber sie sagt ihm, nein, Zwiebeln findet man nicht auf der Straße. Die kriegt man im Geschäft.

    Als wir an einem Laden vorbeikommen, schreit er, da ist ein Geschäft, und rennt sofort hinein.
    Zwiiie-Bell, sagt er. Zwiiie-Bell für Oliver.
    Mam läuft in den Laden und sagt zu der Frau hinter dem Ladentisch, entschuldigen Sie, tut mir leid. Die Frau sagt, Gott, ist der niedlich. Ist er Amerikaner oder so was?
    Mam sagt, ja, ist er. Die Frau lächelt und zeigt zwei Zähne, einen oben links und einen oben rechts. Der ist aber auch zu niedlich, sagt sie, und sehen Sie sich diese hinreißenden goldenen Lokken an. Und was will er? Irgendwas Süßes?
    Nein, nein, sagt Mam. Eine Zwiebel.
    Die Frau lacht. Eine Zwiebel? So was hab ich ja noch nie gehört. Ein Kind, das eine Zwiebel will. Mögen das die Kinder in Amerika?
    Mam sagt, ich hab nur erwähnt, daß ich eine Zwiebel für mein anderes Kind brauche, welches krank ist. Die Zwiebel in Milch kochen, wissen Sie.
    Wie recht Sie haben, Missis. Es geht

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