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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Rohr, welches zum Wasserhahn führt, muß mit einem Stück Bindfaden, das um einen Nagel gewickelt ist, an der Wand festgehalten werden. Um den Wasserhahn herum ist alles feucht – der Fußboden, die Wand, der Stuhl, auf dem das Bekken steht. Das Wasser aus dem Hahn ist eisig, und unsere Finger werden gefühllos. Dad sagt, das ist gut für uns, das macht Männer aus uns. Er schüttet sich das eisige Wasser auf Gesicht und Hals und Brust, um zu zeigen, daß gar nichts dabei ist, wenn man so was macht. Wir halten die Hände ans Feuer, wegen der Wärme, die in dem Feuer ist, aber wir können nicht lange da bleiben, weil wir unseren Tee trinken und unser Brot essen und in die Schule gehen müssen. Dad sorgt dafür, daß wir vor den Mahlzeiten und nach den Mahlzeiten das Tischgebet sprechen, und er sagt uns, wir sollen in der Schule artig sein, denn Gott beobachtet jeden Mucks, und bei der geringsten Ungehorsamkeit fahren wir sofort und direkt zur Hölle, wo wir uns wegen der Kälte nie wieder Sorgen zu machen brauchen.

    Und dann lächelt er.
    Zwei Wochen vor Weihnachten kommen Malachy und ich bei strömendem Regen aus der Schule nach Hause, und als wir die Tür aufstoßen, ist die Küche leer. Tisch und Stühle und Überseekoffer sind weg, und das Feuer im Herd ist erloschen. Der Papst ist noch da, und das bedeutet, daß wir nicht schon wieder umgezogen sind. Dad würde nie ohne den Papst umziehen. Der Küchenfußboden ist naß, überall kleine Wasserpfützen, und die Wände glitzern vor Feuchtigkeit. Oben hören wir etwas, und als wir hochgehen, finden wir Dad und Mam und die fehlenden Möbel. Hier ist es schön und warm, und im Herd funkelt ein Feuer, und Mam sitzt im Bett, und Dad sitzt rauchend am Herd und liest die Irish Press. Mam sagt uns, daß es eine schreckliche Überschwemmung gegeben hat, daß der Regen die Gasse heruntergekommen ist und unter unserer Tür hindurch hereingeflossen kam. Sie haben versucht, ihn mit Tüchern und Lumpen aufzuhalten, aber die haben sich sofort vollgesogen und haben ihn hereingelassen. Die Leute, die ihre Eimer ausleerten, haben es noch schlimmer gemacht, und in der Küche konnte einem schlecht werden vor Gestank. Sie meint, wir sollen so lange oben bleiben, wie es regnet. Dann haben wir es die Wintermonate über warm, und im Frühling können wir wieder nach unten ziehen,
wenn sich an den Wänden oder auf dem Fußboden erste Anzeichen von Trockenheit bemerkbar machen. Dad sagt, das ist, wie wenn man in den Ferien an irgendeinen warmen ausländischen Ort fährt, nach Italien zum Beispiel. So nennen wir seitdem das obere Stockwerk: Italien. Malachy sagt, der Papst ist immer noch unten an der Wand, und ihm ist kalt, und könnten wir ihn nicht raufholen, aber Mam sagt, nein, er bleibt, wo er ist, denn ich will nicht, daß er mich von der Wand anstarrt, wenn ich im Bett bin. Langt es denn nicht, daß wir ihn den ganzen Weg von Brooklyn nach Belfast nach Dublin nach Limerick mitgeschleppt haben? Alles, was ich jetzt will, ist ein wenig Frieden, Behaglichkeit und Trost.
     
     
    Mam nimmt Malachy und mich mit in die Gesellschaft vom Hl. Vincent de Paul, damit wir mit Schlange stehen und sehen, ob vielleicht die Möglichkeit besteht, daß man was fürs Weihnachtsessen kriegt, eine Gans oder einen Schinken, aber der Mann sagt, diese Weihnachten geht es in Limerick allen verzweifelt schlecht. Er gibt ihr einen Bezugsschein für Lebensmittel bei McGrath und einen für den Schlachter.
    Keine Gans, sagt der Schlachter, und keinen Schinken. Überhaupt nichts Schickes mit einer
Bescheinigung vom Hl. Vincent de Paul. Was Sie haben können, Missis, ist Blutwurst und Kutteln oder ein Hammelkopf oder ein schöner Schweinskopf. Spricht doch nichts gegen einen Schweinskopf, Missis, jede Menge Fleisch dran, und Kinder lieben das, schneiden Sie die Backe auf, klatschen Sie ordentlich Senf drauf, was Besseres gibt’s gar nicht, obwohl ich mir vorstellen könnte, daß es so was in Amerika gar nicht gibt, wo sie verrückt sind nach dem Steak und allen Klassen von Geflügel, fliegend, zu Fuß oder sogar schwimmend.
    Er sagt Mam, nein, sie kann keinen gekochten Speck haben, auch keine Würste, und wenn sie einen Funken gesunden Menschenverstand hat, nimmt sie den Schweinskopf, bevor der auch noch weg ist, denn die armen Leute von Limerick sind ganz wild danach.
    Mam sagt, der Schweinskopf ist nicht das Richtige für Weihnachten, und er sagt, er ist mehr als die Heilige Familie in jenem kalten Stall in

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