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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Bethlehem vor langer Zeit hatte. Die würden sich nicht beklagen, wenn sie einen schönen, fetten Schweinskopf angeboten kriegten.
    Nein, beklagen würden sie sich nicht, sagt Mam, aber essen würden sie den Schweinskopf nie. Sie waren nämlich Juden.
    Und was hat das damit zu tun? Ein Schweinskopf ist ein Schweinskopf. Und ein Jude ist ein
Jude, und es ist gegen ihre Religion, und ich kann es ihnen nicht mal verübeln.
    Der Schlachter sagt, sind Sie ein bißchen ein Experte, Missis, was die Juden und das Schwein betrifft.
    Bin ich nicht, sagt Mam, aber es gab da eine jüdische Frau, Mrs. Leibowitz, in New York, und ich weiß nicht, was wir ohne sie getan hätten.
    Der Schlachter nimmt den Schweinskopf von einem Regal, und als Malachy sagt, ooh, kuckt mal, der tote Hund, müssen der Schlachter und Mam sehr lachen. Er wickelt den Kopf in Zeitungspapier, gibt ihn Mam und sagt, fröhliche Weihnachten. Dann wickelt er ein paar Würstchen ein und sagt ihr, hier, die Würstchen sind für euer Frühstück am ersten Weihnachtstag. Mam sagt, aber Würstchen kann ich mir nicht leisten, und er sagt, verlang ich denn Geld? Haben Sie was gehört? Nehmen Sie diese Würstchen. Vielleicht trösten die Sie ja über den Mangel an Gans oder Schinken hinweg.
    Das müssen Sie aber doch nicht, sagt Mam.
    Das weiß ich auch, Missis. Wenn ich müßte, würde ich’s nämlich nicht machen.
    Mam sagt, sie hat Rückenschmerzen, ich soll den Schweinskopf tragen. lch drücke ihn gegen meine Brust, aber er ist feucht, und als das Zeitungspapier anfängt abzugehen, kann jeder den Kopf sehen. Mam sagt, ich schäme mich in Grund
und Boden; die ganze Welt erfährt, daß es bei uns zu Weihnachten Schweinskopf gibt. Jungens von Leamy’s National School sehen mich und zeigen auf uns und lachen. Gottogott, schauts euch Frankie McCourt mit seiner Schweineschnauze an. Eßts ihr Yanks das immer zu Weihnachten, Frankie?
    Einer ruft dem anderen zu, hey, Christy, weißt du, wie man Schweinskopf ißt?
    Nein, weiß ich nicht, Paddy.
    Man hält ihn an den Ohren fest und kaut ihm das Gesicht weg. Und Christy sagt, hey, Paddy, kennst du den einzigen Teil vom Schwein, den die McCourts nicht mitessen?
    Nein, kenn ich nicht, Christy.
    Der einzige Teil, den sie nicht mitessen, ist das Oink.
    Ein paar Straßen weiter ist das Papier ganz weg, und jeder kann den Schweinskopf sehen. Seine Nase ist flach gegen meine Brust gedrückt und zeigt direkt nach oben auf mein Kinn, und er tut mir leid, weil er tot ist und die ganze Welt über ihn lacht. Meine Schwester und zwei Brüder sind auch tot, aber wenn über die jemand lacht, kriegt er von mir einen Stein an den Kopf.
    Wenn Dad nur kommen und uns helfen wollte! Mam muß alle paar Schritte stehenbleiben und sich an eine Mauer lehnen. Sie hält sich den Rücken und sagt uns, sie schafft es nie den Barrack
Hill hinauf. Selbst wenn Dad käme, würde er uns nicht viel nützen, weil er nie was trägt – Tüten, Taschen, Pakete. Wenn man so was trägt, büßt man seine Würde ein. Das sagt er. Er hat die Zwillinge getragen, als sie nicht mehr konnten, und er hat den Papst getragen, aber das war ja auch nicht so etwas Gewöhnliches wie das Tragen eines Schweinskopfes. Er sagt zu Malachy und mir, wenn wir groß werden, müssen wir immer Schlips und Kragen tragen und dürfen nie Sachen schleppen.
    Er sitzt oben am Feuer, raucht eine Zigarette und liest die Irish Press, die er liebt, weil sie De Valeras Zeitung ist, und er hält De Valera für den größten Mann der Welt. Er sieht mich und den Schweinskopf an und sagt Mam, es ist beschämend, einen Jungen einen Gegenstand wie diesen durch die Straßen von Limerick schleppen zu lassen. Sie zieht den Mantel aus, legt sich vorsichtig ins Bett und sagt ihm, nächste Weihnachten kann er vor die Tür gehen und eine Mahlzeit finden. Sie ist erschöpft und japst jetzt nach einer Tasse Tee, und könnte er bitte sein vornehmes Getue abstellen, das Wasser für den Tee kochen und etwas Brot braten, bevor seine beiden kleinen Söhne Hungers sterben.
    Morgens am ersten Weihnachtstag macht er ganz früh Feuer an, damit wir Würstchen und Brot und Tee bekommen. Mam schickt mich zu
Oma, um herauszufinden, ob wir einen Topf für den Schweinskopf borgen können. Oma sagt, was habts ihr denn als Weihnachtsschmaus? und als ich es ihr sage, sagt sie, Jesus, Maria und Joseph, tiefer kann man ja gar nicht sinken. Kann dein Vater denn nicht mal losziehen und allermindestens einen Schinken oder eine Gans

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