Die Asklepios Papiere (German Edition)
kleines rotes Fähnchen zeigte kurz darauf die gesuchte Anschrift an.
„ Aha“, murmelte Hannah. Peters Wohnung lag anscheinend in einer kleinen Straße in der Nähe der Sorbonne , der altehrwürdigen Universität von Paris. Sie kramte in ihrer Handtasche nach einem alten Reiseführer, den sie noch aus ihrer Schulzeit besaß und faltete einen Metroplan vor sich aus. Nach kurzer Suche fand sie eine Haltestelle in unmittelbarer Nähe von Universität und Peters Wohnung: Cluny – La Sorbonne .
Das war doch ein Plan. Sobald sie im Nordbahnhof ankam, würde sie die richtige Metrolinie suchen und ganz einfach zu Peter nach Hause fahren. Hannah überlegte, ob sie eventuell vorher noch ins Hotel sollte, um das Gepäck los zu werden, entschied sich jedoch dagegen. Das Hotel war der Plan B, falls sie Peter nicht antraf.
Sie blickte zum Infomonitor an der Decke. Nur noch wenige Minuten bis zur Ankunft. Sie packte schnell ihre Sachen zusammen und wartete auf die Einfahrt in den Bahnhof.
Der Thalys reduzierte seine Geschwindigkeit und fuhr langsam auf das weitläufige Gelände des Gare du Nord . Die ersten Passagiere erhoben sich und machten sich auf den Weg in die Zwischenabteile, wo die großen Gepäckstücke verstaut waren. Auch Hannah stand auf und ging zu ihrem Reisetrolley.
Sobald der Zug leicht ruckelnd zum Stehen gekommen war und sich die Türen mit einem hydraulischen Zischen öffneten, verließen die Passagiere den Zug.
Als Hannah auf den asphaltierten Bahnsteig des riesigen Kopfbahnhofs stieg, herrschte ein unglaubliches Getümmel. Ähnlich wie in Köln wurde auch dieser Bahnhof von einer gigantischen Konstruktion aus Stahl und Glas überdacht, was dazu führte, dass sich eine beinahe unerträgliche Hitze aufgestaut hatte. Sie musste sich mühevoll durch eine Schulkasse schnatternder Jugendlicher zwängen, die offenbar auf ihren noch im Zug sitzenden Lehrer wartete und dabei den gesamten Ausstiegsbereich vereinnahmte.
„ Entschuldigung, darf ich mal vorbei“, sagte sie grummelnd, als die Schüler keine Anstalten machten, zur Seite zu gehen.
Ohne recht zu wissen, wohin sie gehen sollte, folgte Hannah einfach dem Strom des ausgestiegenen Fahrgäste. Irgendwann würde sie schon an einer Hinweistafel für die Metro vorbeikommen. Sie blickte sich neugierig um. Auf einer Art Empore im vorderen Bereich der riesigen Gleisanlage lag ein einladender Wartebereich mit Restauration. Direkt dahinter schloss sich eine riesige Halle an, in der sich Boutiquen, Shops, Service-Schalter, Zeitschriftenläden und Ticketautomaten dicht an dicht reihten. Das Gedränge war noch schlimmer als zur morgendlichen Rush-Hour in Köln. Endlich sah Hannah ein Schild, das auf die Metro hinwies.
Noch bevor sie den Eingang des Röhrensystems erreichte, wehte ihr bereits der typische Mief aus abgestandener und warmer Luft entgegen. Neben den Drehkreuzen, die den Ein- und Ausgang in das Metrosystem regelten, befanden sich ein Ticketschalter sowie ein großer Metroplan. Hier herrschte ein reger Durchgangsverkehr. Die Tatsache, dass in Paris etwa alle fünfhundert Meter eine Metrostation zu finden war und sich das gesamte Netz auf über zweihundertvierzehn Kilometern Länge erstreckte, führte dazu, dass die Metro das mit Abstand beliebteste Transportmittel der französischen Hauptstadt war. Egal ob Einheimischer oder Tourist, Schüler oder Geschäftsmann, beinahe jedermann nutzte die bereits vor über hundert Jahren eröffnete Metro.
In ihrem Reiseführer hatte Hannah gelesen, dass eine Zehner-Fahrkarte, ein sogenanntes 10er-Carnet , billiger war, als jede Fahrt einzeln zu lösen. Sie kramte also in ihrer Erinnerung nach den Resten ihrer Französisch-Kenntnisse aus der Schulzeit und stellte sich am Schalter an.
„ Eine 10er Fahrkarte bitte“, sagte sie etwas holprig, als sie endlich an der Reihe war. Wie lange hatte sie nun schon kein Wort Französisch mehr gesprochen. Beinahe zehn Jahre? Die Worte klangen ungewohnt und fremd, doch die Frau hinter dem Schalter verstand sie ganz offensichtlich.
„ 12,70 EUR“, grummelte diese kaum verständlich zurück.
Hannah legte das Geld passend in die Schale. Sie nahm das Heftchen mit den Tickets und stellte die Rudimente ihrer Sprachkenntnisse erneut auf die Probe.
„Können Sie mir bitte sagen, wie ich von hier zur Station Cluny - La Sorbonne komme?“
Die Dame hinter der Glasscheibe gab zwar eine Antwort, die durchaus nicht unfreundlich klang, doch Hannah konnte in dem schnellen und
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