Die Asklepios Papiere (German Edition)
geschlossenen Augen Marlene, die Aufnahmeleiterin von Toute la vérité . Sie war mit Mitte vierzig beinahe fünfzehn Jahre älter als er selbst, doch ihr Körper wirkte so verführerisch wie der einer Elfe.
Was war geschehen? Richtig. Nach der grandiosen Show mit der sensationellen Enthüllung gestern Abend, hatte das Team noch ordentlich gefeiert. Nachdem der Bezirksstaatsanwalt gegen Ende der Sendung vor laufender Kamera sogar den CEO in Untersuchungshaft genommen hatte, bestand Emil Damme darauf, sie alle in einen der angesagtesten Clubs der Stadt einzuladen. Der Alkohol floss daraufhin in Strömen und als krönender Abschluss war ihm vom Chef des Senders höchstpersönlich sogar noch ein unbefristeter Arbeitsvertrag überreicht worden. Er hatte es endlich geschafft…doch wie er mit der sonst so unnahbaren Marlene im Bett gelandet war, blieb ihm ein Rätsel.
Hannah Bachmayer und ihrem Begleiter war verständlicher Weise nicht nach Feiern zumute gewesen. Nachdem die Sendung beendet und alle Formalitäten mit Staatsanwaltschaft und Polizei geregelt waren, hatten sich beide ziemlich schnell verabschiedet.
Claude griff zum Wecker und stellte den Alarm auf elf Uhr. Er würde seiner Schwester später noch einen Besuch abstatten müssen. Doch vorher brauchte er noch einige Stunden Schlaf.
50.
H annah saß im Thalys, streckte die Beine auf dem leeren Sitz gegenüber aus und atmete zum ersten Mal seit Tagen erleichtert tief durch. Mit 300 Kilometern in der Stunde raste der rote Schnellzug mit der unverkennbaren Form durch die Landschaft in Richtung Köln Hauptbahnhof. Wie bereits auf der Hinfahrt genoss sie auch diesmal den ausgezeichneten Bordservice.
Noch etwa zwei Stunden und sie war endlich wieder zu Hause in Köln. Hannah war heilfroh, diese unglaubliche Geschichte unbeschadet überstanden zu haben. Eine Hand lag auf ihrem Bauch, die andere tippte auf ihrem Laptop. Das Baby schlief offensichtlich tief und fest und würde sich niemals an die Ereignisse der vergangenen Tage erinnern können. Seit sie am Gare du Nord losgefahren war, hatte sie ihren Gedanken freien Lauf gelassen und die grobe Skizze einer Story in ihr Schreibprogramm gehämmert. Solange die Erinnerung noch frisch war, musste alles festgehalten werden. Bei einer guten Geschichte ging es um die feinen Nuancen, Stimmungen, Gefühle und nicht bloß den reinen Plot. Mit Emil Damme hatte sie ausgehandelt, dass er die Exklusivrechte für die Berichterstattung behalten durfte, sie jedoch die Buchrechte besaß.
Ihr aktuelles Buch, auf das ihr Verleger bereits solange wartete, musste vorerst zurückstehen. Im Vergleich zu den Ereignissen in Paris wirkte ihr Buch lächerlich banal.
Hannah wollte eigentlich zuerst ein Exposé fertigstellen. Doch es kribbelte ihr in den Fingern. Sie musste einfach ihren Verleger informieren. Sie öffnete ihr E-Mailprogramm und schrieb Maximilian Wöller eine kurze Nachricht:
„Liebster Herr Wöller, meine Recherche hat eine außerordentlich faszinierende Wendung genommen. Anbei eine kurze Skizze für einen neuen Thriller. Bestseller! Ich melde mich telefonisch, sobald ich wieder in Köln bin.“
Peters Eltern? Hannah überlegte, ob sie sich mit Ihnen treffen sollte. Sie selbst konnte den Tod von Peter zwar auch noch nicht ganz begreifen, doch auf merkwürdige Art und Weise spürte sie keine tiefe Trauer. Peters Eltern dagegen, die Hannah selbst nach der Trennung stets wie eine Schwiegertochter behandelten, mussten wegen des Verlustes ihres Sohnes völlig am Boden zerstört sein.
Ihr Mobiltelefon klingelte und riss sie aus ihren Gedanken.
„Hallo Schatz!“
„ Hi Lennard…“, ihr Gesicht hellte sich auf. Seine Stimme übte eine beruhigende Wirkung auf sie aus.
„ Ich wollte nur deine Stimme hören und fragen, ob du schon angekommen bist.“
Hannah kicherte. „Geht deine Uhr falsch? Die Fahrt dauert noch eine ganze Weile.“
„Und?“, Lennard klang wie ein kleines Kind an Weihnachten vor der Bescherung.
„ Was und?“, Hannah genoss es, ihn auf die Folter zu spannen.
„ Ich…na ja…hast du es dir überlegt?“
„ Würdest du dich denn freuen?“, sie hatte großen Spaß daran, ihn wie einen Fisch am Haken zappeln zu lassen.
„ Und wie!“
„ Bist du denn bereit für uns zwei. Ich meine, ich werde immerhin bald Mutter und bekomme ein Baby, das nicht deines ist?“
„ Peter war mein Freund. Ich glaube, er wäre glücklich, wenn er wüsste, dass ich mich um euch beide
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