Die Asklepios Papiere (German Edition)
undeutlichen Singsang leider kein einziges Wort verstehen.
„Merci“. Sie bedankte sich brav und entschied sich dafür, die richtige Verbindung auf dem großen Metroplan besser selbst herauszufinden.
10.
N ach dem Ende der Vorstandssitzung leerte sich der Besprechungsraum wie üblich ausgesprochen schnell. Camelia Mirabeau, die persönliche Assistentin von Devon Carter, war schon auf dem Weg in ihr Büro, also sie bemerke, dass sie die Unterlagen ihres Chefs vergessen hatte. Mit solch banalen Tätigkeiten wie Papiere zu tragen gab sich dieser nämlich längst nicht mehr selbst ab.
Nach ihrem Abschluss an der European Law School Paris hätte sie es niemals für möglich gehalten, dass ihr eine solche Tätigkeit jemals zufallen würden. Camelia war neunundzwanzig Jahr alt, hatte nach ihrem Studium, das sie mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, zwei Jahre in den Vereinigten Staaten für eine Unternehmensberatung gearbeitet und verbrachte ihre Zeit seit nunmehr drei Jahren damit, für ihren Chef das Mädchen für alles zu spielen. Ihre Eltern schüttelten stets den Kopf, wenn sie mitbekamen, wie ihre bildhübsche und hochintelligente Tochter ihr Talent verschwendete.
„ Wofür hast du dich denn all die Jahre so angestrengt?“, pflegte ihr Vater immer zu fragen. „Doch nicht, damit du Sekretärin für einen hochnäsigen alten Mann spielst.“ Im ihrem tiefsten Inneren wusste Camelia, dass ihre Eltern richtig lagen. Doch sie hatte sich entschieden. Devon Carter würde ihr Sprungbrett werden. Er war nicht die Endstation ihrer Karriere, sondern erst der Anfang. Sie ärgerte sich jeden Tag darüber, dass sie sich sogar auf eine Affäre mit ihm eingelassen hatte. Wie ein naives Schulmädchen hatte sie sich von ihm verführen lassen und war auf alle seine Versprechungen und Komplimente hereingefallen. Doch Camelia konnte sich eigentlich keine Vorwürfe machen. Sie wusste, dass sie das gute Aussehen ihrer Mutter geerbt hatte und wie man solche Reize gewinnbringend einsetzen musste. Viele ihrer Kolleginnen hielten ihr Bürooutfit für zu freizügig, aber Camelia konnte ob dieser Kritik nur müde lächeln, wenn ihr die männlichen Kollegen beinahe jede Bitte geradezu von den Augen ablasen. Dass ihr Chef ein triebgesteuerter notorischer Weiberheld war, der sich durch ihre kurzen Röcke und knappen Blusen dazu angespornt fühlte, sie als weitere Trophäe zu erobern, war ihr leider erst viel zu spät aufgegangen.
In der Nachschau war es wohl ohnehin ein Fehler gewesen, die Stelle bei PSU anzutreten.
„Ich brauche eine motivierte und ausgefuchste Juristin“ , hatte Devon Carter damals im Vorstellungsgespräch gesagt. Doch seit sie für ihn arbeitete, hatte sie noch nicht eine einzige Tätigkeit ausgeführt, für die rechtswissenschaftliche Kenntnisse notwendig gewesen wären.
„ Mist“, dachte sie nun im Flur stehend und machte verärgert auf dem Absatz kehrt, um zurück zum Besprechungsraum zu gehen. Sie bog um die Ecke des langen Flures und sah, dass die Tür zum Konferenzraum noch halb offen stand, was bedeutete, dass das Facility-Management glücklicherweise noch nicht hier gewesen war, um ihn wieder zu verschließen.
Als sie keine fünf Schritte entfernt war, verlangsamte sie ihren Gang und blieb schließlich abrupt stehen. Aus dem inneren des Zimmers hörte sie leise flüsternde Stimmen. Sie lauschte und erkannte, dass es sich um Dr. Claire Hutton und Gerald Ginster handelte.
Ginster war ein kleiner untersetzter Mann mit Glatze. Er bekleidete selbst zwar keinen Vorstandsposten, doch hatte der Abteilungsleiter Konzernsicherheit, wie sein offizieller Titel lautete, bereits seit mehreren Jahren das Recht, an allen Vorstandsitzungen teilzunehmen. Unter Devon Carter als Vorstandsvorsitzendem war es beinahe zur Gewohnheit geworden, dass Ginster den wöchentlichen Treffen beiwohnte. Der Sicherheitschef sollte über alles informiert sein, falls es unvorhergesehene Schwierigkeiten gab.
Camelia ging etwas näher an die Tür heran, um zu hören, was die beiden in kleiner Runde tuschelten. Auch wenn sie den Anfang der Unterhaltung verpasst hatte, ließen sie die ersten Satzfetzen sofort aufhorchen.
„…was soll das heißen?“, fragte Dr. Hutton offensichtlich schockiert.
„ Peter Krueger stellt kein Problem mehr dar. Unser Mann hat ihn zum Schweigen gebracht.“
„ Aber…was…reden…sie denn da?“, fragte Dr. Hutton stockend.
„ Ach kommen sie Teuerste“, antwortete der Sicherheitschef
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