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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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Stimme erkannte.
    Neville.
    Er grub die Finger in meine Brust und riss mich herum, stieß mich hart gegen den Stein des Säulenvorbaus über dem Spazierweg. Seine andere Hand lag noch immer an meiner Kehle.
    Kleider raschelten. Dann ein Ruck, und plötzlich spürte ich die Nachtluft an meinen ungeschützten Beinen. Blinde Fleckeverdüsterten mein Sichtfeld, und ich atmete krampfhaft und gequält unter Nevilles Griff.
    Und dann stieß er zu, drang mit einem kehligen Grunzen und voll tierhafter Wollust in mich ein. Ich kreischte so gellend, dass es mir beinahe die Kehle zerriss, während seine Hand meinen Kopf ruckartig so weit nach hinten drückte, dass ich nicht mehr atmen konnte.
    Mein Schrei riss jäh ab. Die blinden Stellen vor meinen Augen waberten und wuchsen an, als er abermals zustieß und dabei aufbrüllte. Irgendetwas tief in mir zerriss, und ich spürte Blut. Die blinden Stellen weiteten sich noch mehr, streckten sich mir entgegen, um mich zu verschlingen. Wieder stieß er zu, wieder riss etwas, und die Stimmen des Thrones in mir kreischten …

    Ich wirbelte davon, gepackt und umhergeschleudert vom Mahlstrom.
    Panik erfasste mich. Ich spürte, wie ich zerriss, zerfaserte, wie alles, was ich kannte – der Siel, der Kai, Amenkor –, auseinandergerissen wurde und unter der Kraft der Stimmen zerbarst.
    Ich verlor mich an den Thron. Ich konnte ihn nicht beherrschen.
    Er würde siegen.

    Ich stand auf einem Turm und blickte über den nächtlichen Hafen. Auf dem Wasser spiegelte sich das Licht von Schiffslaternen. Weitere Lichter schimmerten in den Fenstern der Häuser unterhalb des Palasts.
    Eine Brise berührte mein Gesicht, und ich streckte ihr den Kopf entgegen, schloss die Augen.
    In der Dunkelheit meines Geistes konnte ich den Thronhören, konnte fühlen, wie die ganze Stadt unter mir ruhte. Sie pochte, strömte, pulsierte in ihrem eigenen Takt. Ein lebendiges Wesen, das ich im Blut spürte. Amenkor.
    Ich lächelte und sog tief die klare, salzige Meeresluft ein.
    Dann setzte weit draußen auf dem Meer ein Schwingen von Macht ein.
    Ich schlug die Augen auf, und mein Lächeln verblasste. Ich beobachtete den Horizont.
    Eine unsichtbare Welle wie das Kräuseln des Wassers in einer Pfütze raste von weit draußen auf See heran und fegte mit einer Bö an mir vorbei, die mich einen Schritt zurücktaumeln ließ.
    Es war etwas Mächtiges, etwas Gewaltiges. Etwas, das größer als der Thron war. Älter. Uralt.
    Ich wartete. Furcht regte sich in meinem Bauch und verdichtete sich in meiner Kehle.
    Im Hintergrund meines Geistes verstummten die Stimmen des Thrones.
    Einige von ihnen erkannten das Gefühl der Macht, doch nicht, wofür es stand.
    Eine von ihnen jedoch kannte die Macht persönlich, hatte sie schon einmal gesehen.
    Die Macht hatte ihren Untergang herbeigeführt.
    Ich beugte mich vor, stützte die Hände auf die Brüstung des Turms. Ich wartete.
    Da.
    Der westliche Horizont färbte sich weiß, wie bei Sonnenaufgang an einem trüben Tag.
    Aber die Sonne ging im Osten auf.
    Meine Hände schlossen sich krampfhaft um die körnige Steinbrüstung.
    Das weiße Licht wurde heller, größer, breitete sich über den Himmel aus, eine Wand aus reinem weißem Feuer. Sie jagte von der See heran, erstreckte sich vom Meer bis zu den Wolken, gewaltig und grauenerregend.
    Die Stimme in meinem Kopf, die diese Wand schon einmal gesehen hatte, krümmte sich und zitterte, brabbelnd vor Angst.
    Das Feuer erreichte die Bucht, jagte durch den Hafen, bahnte sich sengend und völlig lautlos einen Weg. Es verschlang die Schiffe, die Docks, raste weiter an Land, auf den Palast zu, unaufhaltsam und mit kalter Entschlossenheit.
    In dem Augenblick, ehe es mich erfasste, schnappte ich nach Luft, trat zurück …
    Und dann erfüllte es mich, brannte in mein Innerstes hinein, riss mich auf und legte all die Stimmen des Thrones frei. Einen Augenblick herrschte Stille. Zum ersten Mal, seit ich auf den Thron geschleudert worden war, verstummten die Stimmen und warteten ab, ob ich überleben würde. Ich schmeckte das Feuer, spürte, wie es sich tief in mich hineinfraß, tiefer und tiefer, wie es mich erkundete …
    Ich spürte seine Absicht. Sie hatte nichts mit Amenkor zu tun, und auch nichts mit mir. Es war ein Energierückstand, die Überreste eines so urgewaltigen Ereignisses, dass es sich aus einem fernen Land bis über den Ozean erstreckt hatte. Die Folge einer Magie, deren Zweck niemand im Thron kannte, die völlig unvertraut war. Sie war

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