Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
Assassine legte den Toten vorerst einfach im Gang ab, schloss die Tür diesmal und begab sich erneut zu Tarsin.
"Das war beeindruckend!", rief der Junge aufgeregt. "Wo hast du gelernt, dich so schnell zu bewegen?"
"Habe ich dir nicht gesagt, dass du in der Zelle auf mich warten sollst? Du hättest das nicht mit ansehen sollen."
"Ich war neugierig und wollte wissen, was los ist", rechtfertigte sich Tarsin. "Verrätst du mir jetzt, wo man so etwas beigebracht bekommt?"
"Wenn ich das tun würde, würde deine große Schwester mich umbringen", antwortete Todeshand ausweichend und schob den Jungen in die Zelle zurück. "Zurück zu meinen Fragen: Wie oft am Tag wird dir Essen und Trinken gebracht? Und lassen sie dich manchmal aus der Zelle heraus?"
"Nein, ich darf hier überhaupt nicht heraus. Essen kommt dreimal am Tag, glaube ich. Sicher sagen kann ich es aber nicht. Ich weiß nicht einmal, welche Tageszeit gerade ist."
"Es ist ungefähr zwei Stunden nach Mitternacht und ich muss jetzt wieder gehen. Vorher habe ich allerdings einen Auftrag für dich: Falls du noch einmal an einen anderen Ort gebracht werden solltest und du es irgendwie einrichten kannst, hinterlasse mir einen Hinweis in dieser Zelle! Das wird es mir erleichtern, dich erneut zu finden. Aber mache dir keine Gedanken, falls es dir nicht gelingen sollte! Ich werde dich auch so finden."
"Warte bitte einen Moment!", hielt Tarsin den Assassinen zurück, als dieser durch die Zellentür schritt. "Ich kenne nicht einmal deinen Namen."
"Ich habe keinen Namen, ich bin einfach nur dein Freund", erwiderte Todeshand. "Verhalte dich so, als ob nichts vorgefallen wäre, wenn das nächste Mal jemand zu dir kommt! Und unterlasse deine übereilten Tötungsversuche!"
Der Assassine schloss nach diesen Worten endgültig die Tür und reaktivierte deren Verriegelung mit seinen Dietrichen.
"Was ist mit dem toten Krieger im Gang?", wollte Tarsin durch die kleine Luke wissen.
"Um den kümmere ich mich gleich. Bis bald!", antwortete Todeshand und schloss auch den Blickschlitz.
Er schleppte den toten Wächter zur der Treppe ins Erdgeschoss, um auch die Tür zum Zellentrakt erneut zu verschließen, hievte ihn sich anschließend über die Schultern und begab sich nach oben.
Wo kann ich diese Leiche ablegen, ohne dass irgendjemand sie mit Tarsin in Verbindung bringt?
Da er sich weder in dem Gebäude noch auf dem Anwesen wirklich auskannte, beschloss der Assassine, den Toten aus dem Haus herauszuschaffen und irgendwo auf dem umliegenden Grundstück in einem Gebüsch abzuladen.
Nachdem er diesen Plan ohne Zwischenfälle in die Tat umgesetzt hatte, kehrte er noch einmal in das Gebäude zurück und lief sämtliche Gänge ab, die er ungesehen durchschreiten konnte. Im Anschluss begab er sich abermals ins Freie und verschaffte sich auch einen genauen Überblick von dem Anwesen, bevor er den Ort endgültig verließ und in sein Nachtquartier zurückkehrte. Dort wollte er ein paar Stunden Schlaf finden, bevor er am nächsten Tag auf schnellstem Weg nach Falkenau zurückkehren würde.
Xardan Sturmklinge
Altyra hoffte, dass sie nichts vergessen hatte. Sie hatte dafür gesorgt, dass außer ihr selbst und vier weiteren Personen niemand den wahren Grund für Tarsins Verschwinden erfahren würde. Offiziell war der Junge zu einem Studium ins benachbarte Königreich Manderan aufgebrochen. Von sich selbst hatte die junge Fürstin behauptet, dass sie in nächster Zeit des Öfteren zwischen Falkenau und Manderan hin- und herreisen würde, um dafür zu sorgen, dass es ihrem kleinen Bruder an nichts fehlte. Lediglich den vier eingeweihten Menschen – Prinzessin Tylana, Valira, Elordin und dem Oberkommandanten der Burgwache – hatte sie eine andere Geschichte erzählt. Nach deren Meinung – Dynoran rechnete sie nicht mit, da sich jener sonstwo befand – war sie auf dem Weg nach Dangverun, um die Dienste eines professionellen Spurensuchers aus der Gilde der Spione in Anspruch zu nehmen.
Die Realität sah selbstverständlich ganz anders aus. Nachdem sie in der Nacht, in welcher sie dem Assassinen Todeshand begegnet war, die verlassene Zelle ihres kleinen Bruders gründlich untersucht hatte, war sie auf eine Spur gestoßen, die ihr jegliche Hoffnung auf ein schnelles Ende dieser Angelegenheit genommen hatte: Nitsar tsävlers Tahiem. Jene zunächst unverständlichen Worte hatte irgendjemand in den Türrahmen der Zelle geritzt. Vertauschte man die Buchstaben der einzelnen Wörter – dieses
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