Die Astronauten
Kopfbewegung das Bewußtsein zu verlieren, und ich wollte doch das Ende noch miterleben. Hinter der Platte des Prädiktors drang ein lautes Rasseln hervor. Wie von kräftigen Zügeln gepackt, wendete der »Kosmokrator« in einem kurzen Bogen. Rote Lichter flammten auf: Überbelastung. Kurz und schneidend schrie die Alarmsirene. Wir wurden gegen die Metallplatte des Prädiktors geworfen, es preßte uns den Brustkorb zusammen, erwürgte und zerbrach uns fast. Ich hielt die Augen weit offen; aber ich konnte nichts mehr sehen. Plötzlich kam aus dem Prädiktor ein leises Knacken. Die Motoren schwiegen.
Es war auf einmal vollkommen still um uns. Schwer atmend, richteten wir uns auf. Unsere Beine waren weich wie Watte. Die Leuchtflächen hatten sich verdunkelt. So still war es, daß wir es kaum zu glauben vermochten, was wir vor wenigen Augenblicken durchgestanden hatten. Man hätte ein Geldstück auf die Scheibe des Prädiktors stellen können, ohne daß es umgefallen wäre, so ruhig und gleichmäßig war wieder der Flug der Rakete. Ich half Arsenjew, den Ingenieur auf einen der Sessel zu betten, dann fiel ich ermattet in den nächsten.
Geraume Zeit sprach keiner von uns. Schließlich sagte ich: »Man muß nachsehen, was mit den anderen los ist.«
»Gehen Sie!« bat mich Arsenjew. Ich stand auf. Als ich mich der Tür zuwandte, fügte er hinzu: »Etwas Äther oder Alkohol würde nicht schaden.«
Ich drehte mich um und bemerkte, daß Soltyk in seinem Sessel zusammengesunken war – ohnmächtig.
Die Begegnung mit dem Meteorenschwarm hätte ein schlimmes Ende nehmen können; aber unsere Gefährten waren mit heiler Haut davongekommen. Sie hatten sich alle in ihren Kabinen aufgehalten; die einen lagen im Bett, die anderen im Sessel und waren so der Gefahr, gegen die Wände geschleudert zu werden, entgangen. Erwischt hatte es nur uns drei. Soltyk war von irgendeiner scharfen Kante die Stirnhaut aufgerissen worden, Arsenjew hatte eine Knochenverletzung am Handgelenk, und ich war mit einer Zerrung der Schultermuskeln, einigen blauen Flecken und einer riesigen Beule davongekommen.
Beim Hinausgehen stieß ich auf Chandrasekar und Oswatitsch, die mit den schlimmsten Befürchtungen in die Zentrale eilten. Durch die Telvisoren in ihren Kabinen hatten sie den Verlauf des bedrohlichen Ereignisses verfolgen können.
Soltyk erklärte uns später die Zusammenhänge: Der »Kosmokrator« flog durch einen Raum, der den Sternkarten nach vollkommen leer sein mußte, und geriet in einen Meteorenschwarm von ungefähr tausend Kilometer Ausdehnung. Kaum war das Radarecho von dem ersten Meteor zurückgeworfen worden, als auch schon der Prädiktor die Motoren einschaltete und den heranrasenden Meteoren auszuweichen begann. Durch ein unglückliches Zusammentreffen von Umständen stimmte die Richtung ihres Stromes fast mit unserer eigenen Bahn überein, was die gefährliche Begegnung bedeutend verlängerte. Der Prädiktor beschleunigte und hemmte abwechselnd den Flug der Rakete. Dabei hinderte ihn jedoch außerordentlich die Beschleunigungssicherung, die es ihm nicht erlaubte, eine genügend hohe Geschwindigkeit zu entwickeln, um dieser unheilvollen Nachbarschaft zu entfliehen. Als Soltyk die Sicherung ausschaltete, wuchs die Geschwindigkeit beträchtlich, und dadurch gelang es uns, der Gefahr noch rechtzeitig aus dem Wege zu gehen.
Die ganze Begegnung, von Anfang bis Ende, hatte nicht länger gedauert als anderthalb Minuten. Ich konnte es erst glauben, als ich die Aufzeichnungen vor mir sah, die der Prädiktor automatisch auf einem Filmstreifen festgehalten hatte. Während der lebhaften Diskussion über den Zwischenfall verband Tarland dem Ingenieur den Kopf, richtete Arsenjew den verletzten Knochen ein und schiente ihm die Hand. Plötzlich schaute mich der Astronom an und zeigte gutmütig lächelnd auf fünf blaue Flecken an seinem Unterarm.
»Gut haben Sie mich gehalten. Das ist Ihr Griff«, sagte er. Dann gingen wir zur Zentrale zurück, um zu untersuchen, ob die Rakete irgendwelche Schäden davongetragen habe. Das läßt sich im Verlaufe weniger Minuten durchführen; denn an allen Knotenpunkten sind Quarzkristalle eingebaut, von denen elektrische Leitungen zur Zentrale führen. Diese Kristalle wandeln jeden Druck in elektrischen Strom um und zeigen an, welche Kräfte und Spannungen innerhalb der Rakete herrschen. Soltyk schaltete das »Piezoelektrische System«, wie diese Anlage genannt wird, ein. Leuchtindikatoren rückten an die
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