Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
stärker werdenden Knistern und Prasseln unter.
    Als ich dann den Knopf des Reglers drehte, vernahm ich zum zweiten Male die geheimnisvollen, klagenden Töne ... Zum Teufel, war das etwa – das Radio der Venusbewohner?
    Es war möglich! Die abgerissenen Töne konnten etwas Ähnliches wie unsere Morsezeichen sein. Ich hatte jedoch keine Zeit, darüber nachzudenken; denn vor mir, wenn auch noch in großer Entfernung, wuchs ein neuer Felswall auf. Er verlief in Richtung des Bergsees, der bereits hinter dem Horizont verborgen lag.
    Das Gebiet des toten Waldes brach nach beiden Seiten hin in schnurgerader Linie ab. Daran schloß sich eine Ebene, die von sanften Bodenwellen und flachen, abgerundeten kleinen Vertiefungen durchzogen war. Einen besseren Landeplatz konnte ich mir nicht erträumen. Wenn ich mich nicht täuschte, war der Boden glatt wie polierter Stein. Über den letzten Reihen der toten Bäume drosselte ich den Motor ab. Es kam mir vor, als sei der Wald von der Ebene durch einen schmalen, dunklen Streifen getrennt; aber ich mußte mich jetzt scharf konzentrieren. Ich drehte die Landeklappen heraus und zog den Steuerknüppel an mich. In der Stille, die plötzlich eingetretenwar, gaben die Tragflächen einen abschwellenden, tiefen Ton von sich. Ein leichter Stoß ... und ein zweiter; die Räder hatten den Boden berührt. Die Maschine rollte noch eine kurze Strecke weiter, dann blieb sie stehen. Ein wenig vornübergeneigt, ruhte sie auf dem gefalteten, leicht abschüssigen Boden, dem Boden des Planeten Venus.

Der Pilot
    Unschlüssig, was ich nun beginnen sollte, blieb ich geraume Zeit in der Kabine sitzen. Dann untersuchte ich noch einmal das Bordsprechgerät. Der Zeiger glitt über die ganze Skala. Alle Wellenbereiche schwiegen. Nicht das leiseste Geräusch drang aus dem Äther. Es hatte keinen Zweck. Ich holte den Helm unter dem Sitz hervor und stülpte ihn über. Gewissenhaft zog ich die automatischen Klammern fest, eine nach der anderen. Ich wartete noch einen Augenblick, dann drückte ich den Hebel kräftig nieder. Das gläserne Dach schob sich zurück. Mit einem Blick kontrollierte ich den winzigen, dunkelgrünen Schirm des Radargerätes, der innerhalb des Helmes leuchtete, berührte den Hahn des Sauerstoffapparates, schwang das Bein über den Bordrand und stand nun auf der Tragfläche.
    Ich weiß, daß es mir nie gelingen wird, das Bild wiederzugeben, das ich erblickte. Ich kann wohl seine Einzelheiten beschreiben, vermag aber nicht, jenen seltsamen, überall vorherrschenden Grundton der Farben in Worten auszudrücken. Diese Tönung war die Ursache, daß man sofort das Gefühl hatte, nicht auf der Erde zu sein. Träge trieben die Wolken dahin; es waren nicht die leichten, flaumigen Zirruswolken der Erde, sondern ein glatter, milchweißer Vorhang, der das ganze Firmament verhüllte. Von grellem Licht beschienen, breitete sich eine Landschaft flacher Hügel und Mulden aus. Sie war trocken, ohne jeden Pflanzenwuchs, von tiefschokoladenbrauner Farbe, die nur hier und da von etwas helleren Flecken unterbrochen wurde. Ungefähr siebzig Meter hinter dem Schwanz des Flugzeuges begann der »Tote Wald«. Die Schwelle, die ihn gegen die Ebene abgrenzte, war so hoch, daß nur die wirren, im zurückgeworfenen Licht blitzenden »Baumkronen« darüber hinausragten. Ich sprang auf den Boden. Er war hart und fest. Ich stampfte mit dem eisenbeschlagenen Absatz auf, es zeigte sich nicht die geringste Spur. Trotzdem war der Boden ganz und gar nicht einem nackten Felsen ähnlich. Ich wandte dem Toten Wald den Rücken zu. Über die Tragfläche des Flugzeuges hinweg sah ich nur die endlosen, ermüdend gleichförmigen, niedrigen Geländefaltender Ebene. Am Horizont erhoben sich aus gelblichem Nebeldunst die Umrisse von Bergen. Ich schaute wieder auf den Boden, nahm ein Taschenmesser aus der Kombination und schlug mit der Schneide gegen die geheimnisvolle Substanz. Einige Male sprang die Klinge ab. Dann aber fand ich eine Stelle, an der die Oberfläche mit kleinen Löchern, wie ein geglätteter versteinerter Schwamm, bedeckt war. Es gelang mir, ein ziemlich großes Stück herauszubrechen. Ich nahm es in die Hand. Es war hellbraun und leicht, leicht wie Bakelit.
    Bakelit! Wie sehr bedauerte ich, daß ich allein war! In diesem Augenblick dachte ich nicht mehr an die verlorene Verbindung, auch nicht daran, was nach einigen Stunden aus mir selbst werden würde. Ich hätte nur deshalb gern einen meiner Gefährten bei mir gehabt, um

Weitere Kostenlose Bücher