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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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wollte mich nicht auf das Radargerät verlassen; denn im Leuchtschirm war nur ein verhältnismäßig kleiner Ausschnitt des Geländes zu sehen.
    Da die Wolken stellenweise sehr niedrig hingen, mußte ich die Bodenerhebungen oft in wenigen hundert Metern Höhe überfliegen. Soweit ich erkennen konnte, war das Land unter mir keine Ebene, aber auch kein Gebirge, sondern bestand aus ungeheuren, wie zu Kaskaden ineinanderfließenden natürlichen Felsstufen. Diese Stufen, oder besser gesagt, Terrassen erstreckten sich, so weit der Blick reichte, in Wellenlinien über die ganze Oberfläche. In der Hoffnung, daß ich vielleicht eine genügend große Terrasse finden würde, auf der der »Kosmokrator« landen könnte, flog ich einige Minuten lang parallel zu ihrem Verlauf. Sie stiegen jedoch rasch an, rissen ab und lagen wie ein Spiel durcheinandergeworfener riesiger Karten schräg zueinander. Ich wendete. Soltyk rief mich an und fragte nach den Sichtverhältnissen. Ich antworteteknapp, mit wenigen Worten; denn es ärgerte mich, daß ich die bewaldete Ebene nicht fand. Die Terrassen mußten doch irgendwo enden, und wo sie endeten, konnte man mit einem guten Landeplatz rechnen. Ich gab schließlich die Sucherei über dieser eintönigen, wenn auch ungewöhnlichen Landschaft auf und flog geradeaus weiter. Unvermittelt tauchte aus den Terrassen ein flacher, niedriger Wall auf, der sich, gleich einer riesigen, gemächlich dahinkriechenden Raupe, nach Osten schlängelte. Vielleicht führt er zu einer Hochebene, dachte ich, trat ins Seitenruder und raste in dieser Richtung. Das Gelände wurde immer unübersichtlicher. Aus dem Bodennebel ragte der Wall heraus, der nun immer höher und ungleichmäßiger emporwuchs. Da und dort zweigten Hügelketten ab. Als ich nach vorn schaute, stand eine dunkle Masse vor dem Horizont: Berge. Mit einem Landeplatz inmitten schroffer Felsen war wohl kaum zu rechnen. Aus Neugierde, wie wohl Berge auf einem fremden Planeten aussehen mochten, flog ich dennoch geradeaus weiter. Die Bergketten türmten sich zu mächtigen Wänden auf, deren Gipfel da und dort bis in die Wolken ragten.
    Ein weiterer Vorstoß nach dieser Seite war zwecklos. Ich beschloß umzukehren. Zur Rechten, beinahe schon in der Höhe des Flugzeuges, erhoben sich glatte Buckel aus Geröllhalden von eigentümlich heller Farbe. Nun öffnete sich die Wand wie ein Felsriegel. Ich erblickte einen von Steilhängen umgebenen schwarzen See, in dem sich die Wolken spiegelten. Ob das tatsächlich Wasser war? Ich lenkte die Maschine zu dem Felsentor und ging tiefer. Das wäre mir um ein Haar teuer zu stehen gekommen. Wie ich hätte voraussehen müssen, hatte sich in dem Engpaß ein gewaltiger Luftstrudel gebildet, der mich nun emporschleuderte und dann mit solcher Kraft in die Tiefe zerrte, daß ich über der Mitte des Sees beinahe abgestürzt wäre. Ich mußte die Maschine senkrecht emporreißen und Vollgas geben, um diesem Abgrund zu entfliehen. Es gelang mir. Für einen Augenblick war ich, trotz verzweifelter Ruderausschläge, der Oberfläche des Wassers so nahe, daß ich deutlich kleine Wellen und vom Grunde heraufleuchtende Felstrümmer erkennen konnte. Ich hatte einen idealen Platz zum Landen, oder besser gesagt, zum Wassern entdeckt. Der »Kosmokrator« konnte auf dem See niedergehen. Nur nacheiner günstigen Anflugsmöglichkeit mußte ich noch ausschauen, da sich von drei Seiten drohende, zerklüftete Felsen erhoben. Ich zog daher das Flugzeug auf dreitausend Meter Höhe, um das Gebirge besser überblicken zu können. Schon seit einer Weile spürte ich, daß sich etwas verändert hatte, vermochte aber anfangs nicht festzustellen, was es war. Plötzlich zuckte ich zusammen. Das Summen in den Kopfhörern war weg, sie arbeiteten also nicht mehr auf Empfang! Ich berührte den Kontakt; er war in Ordnung.
    »Hallo, Ingenieur Soltyk!« rief ich. »Ingenieur Soltyk!«
    Stille. Ich drehte am Knopf des Reglers. Knacken in den Hörern ... einmal ... und noch einmal. Und dann überfluteten mich ganze Serien von kurzen und langen Störgeräuschen. Das war nicht das gewöhnliche Knattern, das durch elektrische Entladungen verursacht wird, sondern ein immer wieder abreißendes Heulen, in dem sogar halb melodiöse Stellen vorkamen. Ich drehte den Regler weiter. Die Laute verstummten. Ich rief die Rakete an. Wieder keine Antwort. Ich verstärkte den Strom in den Röhren auf das Risiko hin, daß sie durchbrannten. Ohne Erfolg. Nun blickte ich nicht mehr nach

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