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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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das Licht an, schaltete die Meßgeräte ein und überprüfte noch einmal die Ventile der Sauerstoffapparate. Dann blickte ich auf den Ingenieur. Er war erregt, bemühte sich jedoch, es nicht zu zeigen.
    »Gleich schießen wir Sie ab«, sagte er. »Aber ich glaube, es ist besser, wenn wir noch einmal die Verbindung überprüfen.«
    Ich lächelte nur. Soltyk hatte schon an die hundertmal die Verbindung überprüft – zum letztenmal an diesem Morgen. Er ging hinaus. Ich schlug die durchsichtige Haube über meinem Kopf zu, zog die Schrauben der Dichtung an und stemmte mich mit den Füßen gegen die Steuerung. Der Sekundenzeiger eilte über das leuchtende Zifferblatt. Da – ein Knacken in den Kopfhörern und gleich darauf Soltyks Stimme: »Hallo! Hören Sie mich?«
    »Ausgezeichnet.«
    »Wir sind jetzt auf neuntausend Meter, Geschwindigkeit neunhundertsechzig. Alles in Ordnung?«
    »Jawohl.«
    »Dann können Sie den Motor einschalten. Kontakt?«
    »Ja.«
    Ich drückte auf den Knopf der Zündung. In dem hellgrünen Halbdunkel, das mich umgab, flammte ein rotes Licht auf.
    »Fertig, Pilot?«
    »Fertig.«
    »Achtung!«
    Mit ohrenbetäubendem Krachen sprangen die Bugplatten auf, und ich sauste wie aus einem Geschützrohr durch die glühenden Auspuffgase.
    Ein Strom von Licht schoß mir entgegen. Instinktiv, wie ein Schwimmer, der mit dem Strudel kämpft, glich ich die Steuerausschläge aus. In dem Licht, das von allen Seiten durch die gewölbten Scheiben fiel, flog ich kopfüber wie eine Fliege in einem Tropfen hellen, klaren Bernsteins gegen die durcheinanderwirbelnden Nebel und Wolken. Das Heulen der zerreißenden Luft bohrte sich in die Ohren. Mir war, als müßte die Kabine unter dem Luftdruck zersplittern. Die Anfangsgeschwindigkeit, die mir der Katapult gegeben hatte, verringerte sich rasch. Bald flog die Maschine aus eigener Kraft. Ich starrte in den grauen Nebel, der an den Seiten vorbeiraste. Auf einmal klärte sich die Luft über mir, als hätte jemand ein gläsernes Messer hineingejagt. Bläuliches Licht umsäumte die Wolken mit grellen Rändern, ein Rauschen und Pfeifen ertönte – dann stürzten wahre Fluten von Wasser herab. Ich erkannte sofort, daß der »Kosmokrator« dicht über mir flog und die Erscheinung durch die ausströmenden Atomgase hervorgerufen wurde. Ich trat ins Seitenruder, um die Maschine schleunigst aus dieser gefährlichen Nachbarschaft zu bringen. Ein voller Rückstoß der Gase aus der Nähe hätte genügt, um ihr die Tragflächen abzureißen.
    »Hallo, wie fühlen Sie sich, Pilot? Fliegen Sie?« kam eine Stimme aus den Hörern. Ich bejahte und gab meinen Kurs nach dem Girokompaß an.
    »Wir werden kreuzen. Sie können tiefer gehen.«
    Durch die Scheiben sah ich nichts als wallende Nebel. Dafür glitten in dem kleinen, runden Leuchtschirm des Bordradargerätes ununterbrochen die Umrisse des unter mir liegenden Geländes vorüber. Mit einer langsamen, schon tausendmal ausgeführten Bewegung stellte ich die Maschine auf die Fläche und begann wie ein Stein zu fallen. Auf der Erde brauche ich nicht einmal auf den Höhenmesser zu sehen; denn bei einer gewissen Erfahrung kann man sich an der scheinbaren Größe der Berge, Straßen oder Flüsse recht gut orientieren.
    Hier ließ ich jedoch die Skala nicht aus dem Auge und beobachtete gleichzeitig den Leuchtschirm des Radargerätes. Als die Fallgeschwindigkeit zu groß wurde, find ich die Maschine ab.
    Ich befand mich noch immer in der flauschigen Wolkendecke. Unten war keine Spur von einer waldbedeckten Ebene zu sehen. Nur lange und breite kahle Hügelkämme, die erstarrten Wogen glichen, zogen vorüber. Ich unterrichtete Soltyk.
    »Steuern Sie einundeinhalb Grad Ost an«, sagte er. »Was ist denn mit Ihrem Funkgerät los, es ist undeutlich zu hören!«
    Er meinte die automatischen Signale, die mein Radio sendete und durch die man an Bord des »Kosmokrators« ständig in der Lage war, die Position des Flugzeuges zu bestimmen. Die Worte des Ingenieurs beunruhigten mich etwas, da ich ihn ebenfalls schlecht verstand. Zeitweise störte ein leichtes Knattern den Empfang. Ich folgte der Anweisung und legte das Seitenruder nach links.
    Nun flog ich dicht unter den Wolken und bemühte mich, diese Höhe zu halten, um einen möglichst großen Raum überblicken zu können. Das war nicht so einfach. Alle paar Sekunden geriet ich in eine Wolke, aus der ich nur herauskam, indem ich wieder tiefer ging. Dieses Versteckspiel dauerte eine geraume Zeit. Doch ich

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