Die Astronauten
Stunde eingestellte Höllenmaschine bei mir, machte ich mich auf denRückweg. Nach zwanzig Minuten war ich beim Flugzeug. Sofort setzte ich mich an den Radioempfänger. Aber der Äther war leer – nur aus der Nähe kam dichtes Knattern. Seit der Landung waren vier Stunden vergangen; ich verspürte Hunger. Als ich schon die Kabine verlassen wollte, kam mir der Gedanke, den Venusbewohner noch einmal zu betrachten. Ich öffnete die Schachtel und blickte hinein. Genau wie vorher erzitterte das kleine Wesen, schob das Drähtchen vor, und in den Hörern erklangen abgerissene Signale. Ich weiß selbst nicht warum – es ist eine geradezu schamhafte Stelle in meinen Erinnerungen –, ich hatte keine Lust, die Stärkung sozusagen unter den Augen des fremden Geschöpfes zu mir zu nehmen. Ich legte also die Schachtel auf die Tragfläche, schloß die Kabine, reinigte sie mittels verdichteten Sauerstoffs von der vergifteten Atmosphäre und machte mich dann über meine Vorräte her. Meine Mahlzeit wurde gestört, als aus der Ferne ein langgezogener Ton herüberdrang, der zeitweise heller wurde und dann wieder verschwand. Natürlich, ja, das war der »Kosmokrator«!
Ich warf das offene Päckchen beiseite, spähte in die Höhe und schaltete auch schon den Starter ein. Der Motor sprang an. Noch war nichts zu sehen; aber das feine Singen wurde zum gleichmäßigen Brausen und verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde. Plötzlich zerteilte sich die blendendweiße Wolkendecke, und aus dem Hintergrund tauchte die Rakete auf. Ich schrie in das Mikrophon und gab gleichzeitig Vollgas. Eine unendlich lange Zeit schien zu verstreichen, bevor sich das Flugzeug vom Boden löste. Endlich! Ich riß es empor, so steil ich nur konnte; um ein Haar wäre ich abgeschmiert. Aber ehe ich richtig zu steigen begann, war der »Kosmokrator« seitlich vorbeigeflogen und entfernte sich bereits wieder. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf die Rakete. Gleich mußte sie wieder in den Wolken verschwunden sein. Sie flog in gerader Richtung weiter. Die Wolken ballten sich zusammen und wirbelten durcheinander, wenn die Auspuffgase sie trafen. In den Hörern war noch immer nichts als Knattern zu vernehmen. Krampfhaft umspannten meine Hände den Steuerknüppel. Der Motor tat sein möglichstes – umsonst – der »Kosmokrator« wurde kleiner und kleiner und verschwand schließlich in dem milchigen Dunst.
Fast im selben Augenblick erklang in den Hörern ein Ton wie von einer zurückschnellenden Feder, und eine Flut von Worten und die kurzen Rufsignale der Rakete, dazu das Knistern des Stromes drangen an mein Ohr. Und dann die Stimme Soltyks – so klar und deutlich, als ob er aus einer Entfernung von zwei Schritt zu mir spräche.
»Auf welcher Seite ist die geringere Strahlung?«
»Auf der linken«, antwortete ihm Arsenjew, »bei ungefähr acht Kilometern.«
»Ingenieur Soltyk!« rief ich so laut, daß es mir selbst in den Ohren dröhnte. »Achtung, ›Kosmokrator‹!«
»Er ist da, er ist da!« rief Arsenjew.
Soltyks Stimme, die näher am Mikrophon war, füllte die ganze Kabine. »Pilot! Ich höre Sie! Pilot! Was ist mit Ihnen los?«
»Alles in Ordnung.«
Mir war auf einmal sehr leicht zumute, und ich mußte mich zusammenreißen, um noch hinzufügen zu können: »Ich bin auf zweitausend Metern und folge euch.«
Dann meldete ich in einem möglichst gleichgültigen Ton: »Ich habe einen recht brauchbaren Landeplatz gefunden.«
»Zum Teufel mit dem Landeplatz!« rief Soltyk. »Mensch, wo haben Sie denn gesteckt?«
Im ersten Augenblick wußte ich nicht, was ich antworten sollte; nur gut, daß Soltyk inzwischen auf einen offiziellen Ton umschaltete: »Sollen wir Ihnen den Kurs durchgeben?«
»Nicht nötig, ich liege in Ihrer Peilung.«
»Hören Sie, Pilot«, rief Soltyk, als erinnere er sich plötzlich an etwas sehr Wichtiges. »Achten Sie auf den Girokompaß! Sie sind ungefähr sechs Kilometer hinter uns. Gehen Sie auch nicht für kurze Zeit über den achten Grad hinaus! Halten Sie sich lieber eine halbe Minute weiter nach Osten!«
»Warum?«
»Weil dort dieser verdammte radioaktive Wald ist!«
»Der radioaktive Wald?« wiederholte ich und blickte dabei auf meinen Kompaß. »Was schadet denn das?«
»Na, dort schwinden doch die Radiowellen!«
»Die Radiowellen schwinden?« Ich verspürte große Lust, mich kräftig an die Stirn zu schlagen. Ich Idiot! Über dem Wald mußte eine dicke Schicht ionisierter Luft liegen. Da wares selbstverständlich,
Weitere Kostenlose Bücher