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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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rasselten. Noch ein Anschlagen von Metall an Metall, und die Dorne der elastischen Gurte hatten die Last der Maschine aufgefangen. Ich hörte das durchdringende Zischen der komprimierten Luft, die die Atmosphäre des Planeten aus der Schleuse blies. Dann verstummte alles, und die Lampen leuchteten auf.

Die Korkenzieherregel
    Eine knappe Stunde später befand sich die Rakete über dem See. Wir gingen tiefer, die Berge wuchsen an, die dunkle Oberfläche des Sees wurde immer größer. Und plötzlich zischte und brodelte das Wasser, von den glühenden Atomgasen erhitzt, auf. Der »Kosmokrator«, der eine weiße, schaumartige Spur hinter sich gelassen hatte, schwamm noch einige hundert Meter weiter, bis er still lag, von den Wellen kaum merklich gewiegt.
    Als die Motoren verstummt waren, forderte mich Arsenjew auf, in die Gemeinschaftskabine zu kommen, um über den Erkundungsflug Bericht zu erstatten. Ich war überzeugt, daß meine Entdeckung entscheidend für den weiteren Verlauf der Forschungen sei und daß wir uns unverzüglich zum Toten Wald begeben würden, um nach den metallenen Ameisen zu suchen. Den kleinen Gefangenen hatte ich leider durch meine Unachtsamkeit verloren. Beim Start war er samt der Blechschachtel von der Tragfläche heruntergeweht worden.
    Als ich mit meinem Bericht zu Ende war, entstand ein kurzes Stillschweigen; dann sagte Arsenjew: »Sie haben mich enttäuscht. Urteilen Sie bitte nicht danach, daß dieses Abenteuer glücklich ausgegangen ist. Man kann nur hoffen, daß es tatsächlich der Fall sei; denn bis jetzt wissen wir noch nicht, wie groß die Dosis an Strahlung ist, die Ihr Organismus in sich aufgenommen hat. Diese Eskapade in die Tiefe des Toten Waldes war mehr als Leichtsinn, sie war ein Verbrechen. Sie haben kein Recht, Ihr eigenmächtiges Vorgehen mit Ihrem möglichen Tod zu entschuldigen. Sie wollten Ihre Wißbegierde befriedigen, ohne auf die Gefahr zu achten. Sie handelten so, als ob durch einige Stunden Verlassenheit Ihr Verderben bereits zur unabwendbaren Tatsache geworden wäre, Das, was Sie taten, war wohl ein Beweis von Mut; aber Mut, der nicht von Vernunft und Verstand untersützt wird, taugt nicht viel. Wenn ein jeder von uns auf eigene Faust herumstöbern wollte, so würde unsere Expedition bald ein schlimmes Ende nehmen. Haben Sie etwas darauf zu erwidern?«
    »Nein.«
    »Ich sage das alles in Gegenwart der Gefährten«, fuhr Arsenjewin milderem Ton fort, »damit wir in Zukunft nicht ähnliche Fehler begehen. Ein Risiko ist uns nur im Falle einer unbedingten Notwendigkeit gestattet. Sollte diese eintreten, so könnt ihr sicher sein, daß ich von euch und von mir das Letzte fordern werde. So, und nun wollen wir nicht mehr darüber reden. Ich möchte eure Vorschläge hören, was wir beginnen sollen.«
    Lao Tsu ergriff das Wort: »Wir sind in der Lage eines Menschen, der ein Buch aufgeschlagen hat, das in einer für ihn unverständlichen Sprache geschrieben ist. Ich nehme sogar an, daß er es in der Mitte aufgeschlagen hat und es noch obendrein verkehrt hält. Solange wir nicht wissen, was gesetzbestimmt und was nur augenblicksbedingt, was wesentlich und was unwesentlich ist, so lange besteht die Befürchtung, daß wir uns von zufälligen Funden und falschen Hypothesen irreführen lassen. Deshalb schlage ich vor, uns überhaupt nicht mit der Prüfung der Frage zu befassen, ob die Gebilde, die Smith entdeckte, metallische Insekten und die tatsächlichen Hauptbewohner des Planeten sind oder nicht. Vielmehr sollten wir mit der Untersuchung der nächsten Umgebung des Sees anfangen und sie kartieren, damit wir eine Operationsbasis für weitere Vorstöße haben. Ich will niemandem meinen Vorschlag aufzwingen, bin aber der Ansicht, daß wir zunächst soviel wie möglich Fakten sammeln müssen. An ihre Auswertung können wir erst später denken.«
    »Mit einem Wort: hypothesas non fingere?« meinte Chandresakar. »Jawohl«, sagte der Chinese. »Mögen unsere Forschungen mit diesem Grundsatz Newtons beginnen.«
    Vier Tage verflossen in ununterbrochener Arbeit. Täglich stieg ich mit dem Hubschrauber auf, um fotogrammometrische Aufnahmen und Theodolitmessungen zu machen. Nach der Landung entwickelten Soltyk und ich die Fliegeraufnahmen, setzten sie zu einer Stereoskopkarte zusammen und übertrugen die Bodengestaltung auf ein kartographisches Netz. So entstand eine Karte unserer Umgebung im Radius von sechzig Kilometern. Inzwischen führte eine andere Gruppe, die aus Rainer und

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