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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Kollege Oswatitsch?«
    »Die weiße Kugel wurde von den Bewohnern der Venus konstruiert. Ist es möglich, daß wir ihnen dort begegnen?«
    »Da fragen Sie mich zuviel. Die weiße Kugel scheint ferngesteuert zu sein, was aber die Möglichkeit einer Begegnung nicht ausschließt. Die Bewohner des Planeten sind zweifellos Wesen von hoher Intelligenz. Sonst wissen wir nichts über sie, und deshalb läßt es sich auch schwer sagen, was im Falle eines Zusammentreffens zu tun ist ... Ich kann nur an den Grundsatz erinnern, den einzuhalten wir uns alle vor dem Abflug verpflichteten: Die Frage einer Verständigung mit den Bewohnern der Venus und der Beseitigung der Gefahr, die unserer Erde droht, steht über der Frage unserer persönlichen Sicherheit. Mit anderen Worten: Es ist uns nicht nur verboten anzugreifen, sondern auch uns mit Gewaltmitteln zur Wehr zu setzen. Es ist uns auch nicht erlaubt, technische Einrichtungen zu zerstören. Das wäre alles ...«
    Rainer und Oswatitsch verließen die Kabine. Tarland hieltmich noch mit einer Frage zurück. Während ich ihm antwortete, hörte ich, wie Chandrasekar zu Arsenjew sagte: »Sie hätten es mir nicht abschlagen sollen.«
    »Ich habe es Ihnen ungern abgeschlagen; aber es war notwendig«, erwiderte der Astronom. »Einer muß am Marax arbeiten, und das kann eben keiner besser als Sie.«
    »Sie bezeichnen ihn als meinen Sklaven«, meinte Chandrasekar, »in Wirklichkeit bin ich sein Sklave.«
    Außer uns dreien war keiner mehr in der Kabine. Ich hatte dort eigentlich auch nichts mehr zu suchen; doch die beiden Wissenschaftler schienen meine Anwesenheit gar nicht zu bemerken.
    Chandrasekar setzte sich hinter das Pult, Arsenjew schritt auf die Tür zu, zögerte aber plötzlich. »Darüber, daß ich auf der Rakete bleiben muß ...« Er sprach nicht zu Ende und ging hinaus.
    Die Hände auf der Klaviatur des Marax, saß Chandrasekar mit leicht gesenktem Kopf da, als lausche er auf die Stimmen der Motoren, die aus der Tiefe der Rakete gedämpft herüberklangen.
    »Er hat recht«, sagte der Inder leise. »Ich aber auch ...« Obwohl er mich nicht anblickte, fühlte ich, daß er es zu mir sagte.
    »Sie wollten mitkommen ans Ufer, nicht wahr, Professor?«
    »Ja, ich wollte. Wir haben eben beide recht ... So ist es im Leben ... und deshalb ist es schwieriger als die Mathematik.«
    Er berührte eine, dann eine zweite Taste. Grünschillernde Schlangen wanden sich über die Schirme, begannen zu zittern, sich zu spalten, zu wirbeln. Das dumpfe Brummen der Ströme wurde lauter. Ich schlich mich hinaus.
    Um drei Uhr, nachdem das Unwetter aufgehört hatte, wasserten wir. Die Uferfelsen waren dunkel vor Nässe. Noch immer fiel feiner Regen, und Dutzende kleiner Bäche rauschten über die steinigen Hänge und verwandelten sich, von senkrechten Schwellen stürzend, in Wasserfälle. Die weiße Kugel blieb unsichtbar auch dann, als der Wind den Nebel zerstreute. Ein Wald von Kieselnadeln, die aus dem Wasser und den Geröllhalden am Ufer emporragten, verbarg sie vor unseren Blicken. Die Berge tauchten auf und verschwanden wieder in den Wolken, wie verwischt von dem Dampf, der in weißen Säulen in die Luft stieg. Das Motorboot pendelte zwischender Rakete und der Bucht. Wir brachten Apparate, Akkumulatoren, Kabelrollen, Zug- und Hebevorrichtungen und stählerne Konstruktionsteile an Land, aus denen an der Bucht ein kleiner Anlegeplatz montiert wurde. Dadurch sollte das Ausladen größerer Lasten erleichtert werden.
    Als diese vorbereitenden Arbeiten beendet waren, machten Oswatitsch und ich uns auf den Weg, um die weiße Kugel auf der Suche nach den unterirdischen Leitungen zu umkreisen. Wir bedienten uns dabei der Induktionsapparate. Das Echo des ersten Rohres konnten wir unterhalb einer breiten Felsrippe oberhalb der Bucht ausmachen. Es war die Leitung, die nach Südosten durch die Schlucht, den Krater und die Hochebene zum Talkessel des Sees mit dem eisernen Ufer führte. Wir kennzeichneten diese Stelle durch eine rasch aufgeschichtete Steinpyramide und gingen weiter. Obwohl ununterbrochen feiner Regen herabrieselte, blieb der felsige Boden trocken. Er mußte sehr heiß sein; denn so wie die Tropfen darauffielen, verdampften sie. Alle Schründe und Sprünge im Gestein waren von angewehtem Sand ausgefüllt. Er war hart und grobkörnig. Bei einem Windstoß war das ganze Geröllfeld von einer einzigen grauen Staubwolke bedeckt.
    Als wir von der Bodenerhebung zum Ufer hinabstiegen, verloren wir die weiße

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