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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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hoch. Wäre nicht die Situation so tragisch gewesen, so hätte sein Beginnen einfach lächerlich gewirkt. Lao Tsu rief mich. Ich ging hinunter und bemerkte, daß der Chinese ganz sonderbar dastand, schräg geneigt, als würde er jeden Augenblick das Gleichgewicht verlieren. Dabei stand er ganz fest auf den Füßen. Ich wollte ihn fragen, was das bedeute: denn ich spürte, daß ich mich genauso schräg hielt.
    »Professor«, rief ich, »sehen Sie nur, wie wir ... was ist denn das?«
    »Wir haben jetzt keine Zeit zu Erklärungen.« Er gab mir die Filmrolle, die er aus dem Apparat genommen hatte, und schlug die Klappe zu. »So, nun noch der letzte Oszillograph, hinter dem Felsen. Halten Sie bitte!« sagte er und reichte mir sein Meßgerät.
    Soltyk trat zu uns. Er blieb stehen, sah uns eine Weile schweigend an, dann fragte er mit bebender Stimme: »Professor, was tun Sie? Jetzt denken Sie an Filme ... an Filme?«
    Lao Tsu antwortete nicht. Er wußte ebensogut wie ich, daß man in diesem Augenblick von Soltyk keine Hilfe bei der Arbeit verlangen konnte. Der Professor entfernte sich. Ich schaute Soltyk an. Der böige Wind zerrte an den Falten seiner etwas zu weiten Schutzkleidung. Starr blickte der Ingenieur auf die Felsplatte, auf der ich Oswatitsch zuletzt gesehen hatte. Lao Tsu kehrte bereits nach wenigen Minuten zurück. Er drückte mir die Filmrolle in die Hand. »Gehen Sie schleunigst zum Ufer und fahren Sie mit dem Motorboot zur Rakete. Professor Chandrasekar wartet auf die Filme. Es eilt sehr.«
    »Und ... Sie?« fragte ich.
    »Wir bleiben hier.«
    »Werden Sie ihn suchen?«
    »Gehen Sie, bitte!« sagte Lao Tsu. Seine sanfte Stimme hatte einen stahlharten Unterton. Ich lief, so schnell ich konnte, und verlangsamte nicht einmal dort das Tempo, wo die Steine lose übereinanderlagen und bei jeder Berührung ins Gleiten kamen. Ein unbestimmtes fernes Brausen war in der Luft. Durch die Kombination hindurch fühlte ich die heißen Windstöße. Von der Oberfläche des Sees, der hinter einer langen Sandbank hervorblickte, stiegen träge Dampfwolken auf.
    Während des Laufens vernahm ich ein eigentümliches Zischen. Ich sah zu Boden: Die Schuhsohlen rauchten. Der Felsen erwärmte sich, als brennte ein unsichtbares Feuer unter ihm. Ich zauderte. Was sollte ich machen? Zurücklaufen und die beiden holen? Ich blickte mich um. Es wurde immer dunkler; denn der Wind trieb dichte Dampfwolken vom See herüber. Sein stoßweiser Atem war heiß, wie wenn er aus einem großen Ofen käme. Aber ich mußte diese verdammten Filme zur Rakete bringen. Und so lief ich weiter, setzte von Stein zu Stein, erreichte schließlich außer Atem, schweißüberströmt das Motorboot, sprang mit einem solchen Satz hinein, daß es ins Schaukeln kam und Wasser schöpfte. Mit Höchstgeschwindigkeit raste ich zur Rakete hinüber.
    Auf dem Oberdeck des »Kosmokrator« ging ein Mann auf und ab, die Hände auf den Rücken gelegt. Der verrückte Gedanke durchfuhr mich, daß es Oswatitsch sei. Ich schwang mich auf die Treppe und war im Nu oben. Dort stand Arsenjew. Die Jupiterlampe umgab unsere Silhouetten mit einemfunkelnden Strahlenkreuz und warf große, verwehende Schatten in den Nebel.
    »Wo sind die anderen?« fragte er.
    »Sie sind am Ufer geblieben. Oswatitsch ist verschwunden.«
    »Was heißt verschwunden?« fragte Arsenjew ärgerlich. »Ist er irgendwo hineingefallen?«
    »Nein, das nicht. Er ist einfach verschwunden. Ich habe ihn noch gesehen, wie er auf einem großen Felsblock ganz in der Nähe des zehnten Apparates stand. Die Luft flimmerte auf einmal, und als ich zu ihm hinlaufen wollte, war er nicht mehr da. Es gibt aber dort keine Spalten. Es ist eine ganz glatte Fläche, und die Senke zwischen den Felsen ist auch nicht sehr tief.«
    »Und die weiße Kugel?« »Was ...?«
    »Ich frage, ob Sie die weiße Kugel gesehen haben!«
    »Nein. Sie ist auch verschwunden.«
    »So«, sagte der Astronom. Er schwieg eine Weile, dann hob er den Kopf. »Haben Sie die Filme?«
    »Ja, Professor ...«, ich konnte nicht mehr an mich halten, »Professor! Wir müssen zum Ufer fahren. Sie verbrennen dort! Als ich zurückkehrte, wurde der Felsen immer heißer, ich ...»
    »Lao Tsu ist drüben?« »Ja. Soltyk auch!«
    »Bringen Sie, bitte, die Filme zum Marax.«
    »Und unsere Gefährten?«
    »Die werden sich schon zu helfen wissen.«
    »Ich könnte doch gleich ...«
    »Am Ufer liegt das zweite Motorboot. Sie werden dort nicht gebraucht. Bitte, gehen Sie.«
    Ich stieg die

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