Die Aufsteigerin
und kann mir denken, was passiert ist. Also beruhige dich erstmal, und ich sammel deine Siebensachen ein und bring dich dann nach Hause. Okay?«
Desrae nickte. Der Mann hatte »Sohn« gesagt. Er wusste also, was er war, und machte sich nichts daraus.
Zehn Minuten später saß er in einem eleganten Wagen und fühlte sich unbehaglich, weil er auf die Lederpolster blutete. Der Mann redete noch immer, um ihn zu beruhigen, und seine tiefe Stimme erzielte die gewünschte Wirkung.
Sein Retter brachte ihn zu einem Arzt in Barnes. Als er den Weg entlanghumpelte, fragte sich Desrae auf einmal, worauf er sich eingelassen hatte. Der Mann musste geahnt haben, wie er sich fühlte, denn er sagte freundlich: »Er ist ein richtiger Arzt, keine Bange. Einer, der Abtreibungen macht. Im Rahmen meiner Arbeit nehme ich seine Dienste manchmal in Anspruch. Okay? Da wird es keine Anrufe bei den Bullen geben, das kannst du mir glauben. Also entspann dich.«
Desrae hatte kaum eine andere Wahl.
Er blieb drei Tage bei dem Arzt, nachdem er genäht und ruhiggestellt worden war. Sein Retter kam jeden Tag, und nachdem er sich schließlich vorgestellt hatte, unterbreitete er dem Jungen einen Vorschlag.
Er würde sich um ihn kümmern und sein Freund sein. Im Gegenzug erwartete er gelegentlich eine Gefälligkeit. Sie wussten beide, worum es sich dabei handelte, und waren zufrieden und glücklich mit dieser Vereinbarung. Seitdem fühlte sich Desrae Joey Pasquale für alle Zeiten in Dankbarkeit verpflichtet.
Freundschaften dieser Art waren für Männer wie ihn eine
Seltenheit, und er war klug genug, das zu schätzen. Joeys Freundschaft bedeutete ihm mehr als alles andere. Sein Freund hatte ihm eine Wohnung gestellt und ihn in die besten Schwulenclubs eingeführt, die London aufzuweisen hatte. Er fand exzellente Kundschaft und stand stets unter dem Schutz, den seine Beziehung zu Joey garantierte. Ihr Sexleben war beiderseitig befriedigend, und inzwischen verband sie außer Zuneigung auch tief empfundener Respekt. Desrae wusste, welches Glück er gehabt hatte, und dankte täglich Gott dafür, dass es Joey gab.
Er verehrte seinen Freund und Beschützer, und er konnte nur hoffen, dass die kleine Cathy es ebenfalls tun würde.
Als er schließlich wieder in seine Wohnung zurückkam, lächelte er beim Klang ihres Lachens, das aus der Küche kam. Cathy war Joey begegnet, und offenbar hatten die beiden sich auf Anhieb verstanden, wovon Desrae auch ausgegangen war.
Wenn jemand seine Gefühle für das Mädchen und seine Gründe, sie bei sich aufzunehmen, würde nachvollziehen können, dann Joey. Schließlich hatte er ja praktisch dasselbe getan.
Mit seinen Einkäufen beladen, betrat Desrae die Küche und sagte betont ernst: »Was haben wir denn hier - einen Kaffeeklatsch?«
Cathy und Joey sahen einander grinsend an.
Joey richtete den Blick seiner dunkelbraunen Augen zur Zimmerdecke und sagte ähnlich ernst: »Jetzt reicht es aber mit dieser verdammten Einkauferei, Des! Welche Boutique hast du denn nun schon wieder leergeräumt?« Mit einem Blick auf Cathy schüttelte er sorgenschwer den Kopf. »Aus einem Ackergaul kann man doch eh kein Rennpferd machen.«
Noch immer vergnügt lachend, machte die Kleine ihnen einen Tee, und die Atmosphäre in der Küche wurde beinahe festlich.
Nachdem er Joey auf die Wange geküsst hatte, sah Desrae
ihm in die Augen. »Ich konnte sie doch nicht auf der Straße lassen, oder?«
Joey schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Aber ich kann nur für euch beide hoffen, dass ihr mir ein Frühstück serviert. Ich bin nämlich am Verhungern.«
Desrae zwinkerte ihm zu und lächelte. Joey lächelte zurück.
Cathy betrachtete die beiden und dankte Gott, dass er sie zu Desrae und ihrem Freund geführt hatte. Hätte sie um deren Ruf gewusst, würde sie dennoch Gott gedankt haben, aber es sollte noch eine Weile dauern, bis sie überhaupt etwas herausfand.
Kapitel siebzehn
Eamonn war kreidebleich vor Entsetzen und wusste, dass er tief in der Patsche steckte. Seit er arbeitete, hatte er sehr wohl gewusst, dass es eine große Dummheit sein würde, seinen Boss zu verärgern. Jetzt hatte er nicht nur Dixon verärgert, sondern zusätzlich den Fehler gemacht, in aller Öffentlichkeit damit zu prahlen, dass es ihm egal war.
Eamonn wusste, dass er keine schlimmere Sünde hätte begehen können, und verfluchte Caroline und den Alkohol, die er für sein Dilemma verantwortlich machte. Er hatte sich vor ihr gebrüstet, aber ohne die Drinks
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