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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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er sich in seine besten Fummel geworfen und war durch die Straßen von Soho gestreift, um sich einen passenden Burschen zu suchen. Einen Freier. Stattdessen hatte man ihn in ein Auto gezerrt und in eine verlassene Gegend bei Notting Hill gebracht. Ein Trümmergrundstück war der Ort gewesen, an dem er erleben musste, was Massenvergewaltigung bedeutete.

    Als seine Entführer feststellten, dass er keine Frau war, hatten sie alle Beherrschung verloren, an seinem Penis gerissen, ihn mit Messern verletzt. Nachdem er sie schließlich der Reihe nach oral befriedigt hatte, war er von ihnen unter grölendem Gelächter und allgemeinem Jubel brutal vergewaltigt worden.
    Desrae hatte mit Erstaunen registriert, wie jung sie waren. Nicht älter als er auch. Wahrscheinlich waren sie im Kern ganz anständige Kerle, die schon bald die Ereignisse des Abends vergessen hatten und ihr normales Leben führten. Er hatte bereits die Erfahrung gemacht, dass viele der sogenannten »richtigen« Männer die schlimmsten Schwanzjäger waren. Sehr viele Männer führten ein Doppelleben. In den Clubs, die er frequentierte, hatte er alles gelernt, was er in dieser Hinsicht wissen musste.
    Jetzt war er von fünf jungen Männern missbraucht und erniedrigt worden, die ihre Handlungen zweifellos deswegen für gerechtfertigt hielten, weil Desrae nicht zu ihnen, den Jungs, zählte. Er stemmte sich auf die Knie und spürte die Tränen, die sich im blauen Auge sammelten, das sie ihm verpasst hatten, als sie ihn noch für ein weibliches Wesen hielten.
    Einer der Typen schloss seinen Hosenschlitz. Weil er sein Schnappmesser noch immer in der Hand hielt, hatte er große Schwierigkeiten damit.
    Über Desraes Oberschenkel rann das Blut, und er spürte, wie sich die Stichwunde an seinen Hoden durch die plötzliche Bewegung öffnete, als er nach dem Messer hechtete. Kaum hatte er es gepackt, holte er aus und schwang es mit aller Kraft gegen den Hals des Jungen.
    Die zwanzig Zentimeter lange Klinge schlitzte die Haut auf und durchtrennte die Luftröhre.
    Die anderen standen da und sahen zu, vor Schreck erstarrt.
    Ein Zischlaut drang in die Dunkelheit und übertönte in ihren Ohren sogar das Rattern der Züge, die in der Ferne vorbeifuhren. Der Junge fiel auf den Rücken, die leeren Augen in den Abendhimmel gerichtet.

    Der kleinste von den Kerlen, ein Winzling mit viel Pomade im Haar und in einer billigen Lederjacke, wiederholte unentwegt: »Ach du lieber Gott! Ach du lieber Gott!«
    Nach einem fassungslosen Blick auf das Messer in seiner Hand sah Desrae die anderen ungläubig an. Der Junge auf dem Boden gab ein Röcheln von sich, und instinktiv wussten sie alle, dass er in dem Moment gestorben war.
    In Sekundenschnelle war Desrae allein.
    Die Burschen rannten davon, bestürzt und beschämt darüber, was sie gesehen und getan hatten.
    Desrae richtete seine Kleidung, so gut es ging, und versuchte sich aufrecht zu halten. Sein Anus war wund, blutete heftig und schmerzte ganz fürchterlich. Er wusste, dass er einen Arzt aufsuchen und sich zudem so schnell wie möglich von dem toten Jungen entfernen musste. Als er davontorkelte, behinderten ihn die Stöckelschuhe, auf denen er Stunden zuvor noch so stolz durch die Gegend gestakst war. Also blieb er stehen und zog sie aus.
    In dem Augenblick sah er einen Mann auf sich zukommen. Seine Angst war so groß, dass er sich auf die Knie fallen ließ und laut zu wehklagen begann. Man hatte ihn erwischt, überführt. Sein Leben war zu Ende. Sobald klar war, was er getan hatte, würde er ganz tief in der Scheiße stecken. Niemand würde ihm auch nur ein Wort glauben, das er zu seiner Verteidigung vorbrachte. Man würde ihn als Perversling darstellen, der einen unschuldigen jungen Mann kaltblütig umgebracht hatte.
    Als ihm diese Gedanken durch den Kopf rasten, spürte er plötzlich, wie sich eine schwere Hand über seine Lippen legte. Er wollte vor Schreck schreien, aber es gelang ihm nicht. Dann flüsterte eine eindringliche Stimme an seinem Ohr: »Wenn du mal eine Sekunde mit diesem Theater aufhören würdest, dann versuch ich dir zu helfen, Kleiner. Wo ist deine Perücke? Hattest du eine Tasche?«
    Desrae blickte in das faszinierendste Gesicht, das er je gesehen
hatte. Er unterdrückte die Tränen und beantwortete die Fragen des Mannes. »Die hab ich verloren. Bitte helfen Sie mir! Bitte …«
    Der Mann war freundlich. Er half Desrae auf die Beine und hob auch dessen Schuhe auf.
    »Hör mal, Sohn. Ich hab die Leiche gesehen

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