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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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kann sich auch vorstellen, warum das so ist.«
    Eamonn Senior nickte nochmals. Sie waren vom Regen in die Traufe geraten. Mit zitternden Händen schenkte er sich den Rest aus der Jameson-Whiskeyflasche ein. »Sagen Sie ihnen, wir sind einverstanden.«
    Der Priester nickte.
    Kerle wie Eamonn Junior gab es selten. Sie waren abartige Launen der menschlichen Natur. Die Leute, mit denen Seamus verhandelt hatte, kannten bereits Eamonns Namen, wussten von seinem Ruf und hatten vor, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Er konnte sich für ihre Sache als nützlich erweisen.

    Der Priester sah den Kummer in den Augen des Vaters und empfand zum ersten Mal Mitgefühl. »Die werden sich bestens um ihn kümmern, Eamonn, das verspreche ich dir.«
    Eamonn Senior schniefte und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht. »Na ja«, sagte er und ließ den Blick aufmerksam umherschweifen. »Die scheinen sich ja wohl auch um Sie bestens gekümmert zu haben. Und Sie sind ja ein Mann der Kirche.«
    Der Hintersinn dieser ungeschickten Bemerkung war dem Geistlichen natürlich nicht entgangen, und bis ein Auto kam, um Vater und Sohn abzuholen, wurde kein weiteres Wort mehr gewechselt. An der Tür sah Eamonn Senior den Priester an und sagte mit gebrochener Stimme: »Würden Sie mir den Gefallen tun und in ein paar Wochen meine Frau aufsuchen? Ihr sagen, dass Sie einen Brief bekommen haben. Dass ich gestorben bin oder so?«
    Der Priester nickte. »Ich werde für die Frau tun, was in meiner Macht steht.«
    Es gab nichts mehr zu sagen, und Eamonn stieg zusammen mit seinem Sohn in den Wagen. Er entbot seinem London noch einen letzten stummen Abschiedsgruß, denn er wusste, dass er es niemals wiedersehen würde.
    Sein Sohn saß neben ihm, niedergeschlagen und sprachlos. Er schien Mühe mit dem Atmen zu haben und auch damit, sich zu bewegen. Die beiden anderen Männer im Auto unterhielten sich angeregt, und der Klang ihrer Stimmen bildete die Geräuschkulisse zu Eamonn Seniors Gedanken.
    New York. Wenn sie doch mit Gottes Hilfe dort ein wenig Frieden finden könnten. Wenn sein Sohn überhaupt jemals seinen Frieden finden konnte.
    Er fühlte sich für das Verhalten seines Sohnes verantwortlich, stellte sich vor, wenn er ein besserer Vater gewesen wäre und Manns genug, dass der Junge vielleicht eine Chance im Leben gehabt hätte. Stattdessen war er ein Nichts, ein Niemand geworden,
der gemeingefährliche Sohn eines berüchtigten Trunkenbolds.
    Er verstand, dass sein Sohn das Bedürfnis verspürte, respektiert zu werden - dieses Bedürfnis trieb die meisten Menschen an. Eamonn persönlich hatte seinem Sohn vor Jahren die Selbstachtung genommen, als er noch ein Kind war. Jetzt konnte er nur noch versuchen, ihm diese Achtung wiederzugeben. Wenn es dazu nicht schon zu spät war.
     
    Kichernd und lachend wie die Schulmädchen schlenderten Cathy und Desrae durch Soho. Als sie sich jedoch der Old Compton Street näherten, fluchte Desrae leise vor sich hin. »Warum können sie die armen Mädchen nicht mal in Ruhe lassen?«
    Sie blieben stehen und sahen zu, wie die Polizei eine Razzia in einem Animierschuppen veranstaltete. Frauen und Mädchen aller Altersstufen standen in der abendlichen Kälte im Freien, bekleidet nur mit ihren dünnen Fähnchen und an den Füßen zehenfreie Stöckelschuhe. Die Polizisten trieben sie zusammen und verfrachteten sie in ihre Grünen Minnas. Die Männer, die den Club besucht hatten, durften nach Hause gehen. Sie hatten sich offiziell nichts zuschulden kommen lassen.
    Als sie weitergehen wollten, packte Cathy Desrae am Arm und hielt ihren Begleiter zurück. Und dann ertönte zu seiner Verblüffung eine vertraute Stimme: »Hallo, Desrae, wer ist denn deine kleine Freundin?«
    Richards Stimme klang tief wie immer, und Cathy blickte ihm schreckerstarrt in die Augen.
    Desrae lächelte. »Mein Nichte, Cathy Duke. Sag Hallo zu diesem netten Mann, Süße.«
    Cathy brachte kein Wort heraus.
    Gates blickte hinab auf sie und lächelte milde. »Gut siehst du aus. Gibt Desrae schön auf dich acht, ja?«
    Cathy nickte.
    Desrae sah Gates an und sagte laut: »Also, hören Sie, hier geht
nichts Unrechtes vor. Sie ist nur meine Zofe, das ist alles. Für die Weiberseite der Welt hab ich noch nie viel übriggehabt, und das sollten Sie am besten wissen.«
    Gates lachte leise. »Das hab ich schon immer am meisten an dir gemocht, Desrae. Du scheust dich nicht, die Klappe aufzureißen. Aber jetzt sei mal leise, bevor wir zu viel Publikum bekommen! Ich

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