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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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er die Menschen führte.
    Er schenkte seinem Sohn einen kräftigen Drink ein und drückte dem Jungen das Glas in die zitternden Hände. Eamonn Junior leerte es mit einem Zug und verlangte nach mehr. Was er jetzt brauchte, war totales Vergessen. Er musste sich so sinnlos betrinken, sich so betäuben, dass er keinen Gedanken mehr fassen konnte.
    Seltsamerweise dachte er nicht an die arme Caroline, sondern an Cathy und daran, wie dumm er gewesen war, so lange nicht zu merken, was er an ihr hatte. Als sie wieder vor ihm stand, war ihm klargeworden, was er aufgegeben hatte. Was er weggeworfen hatte. In dem Moment hatte er sie gehasst und geglaubt, sie sei schuld an all seinen Schwierigkeiten. Jetzt wusste er, dass niemand dafür verantwortlich war außer er selbst.

    Cathy hatte Recht: Er war habgierig, er war selbstsüchtig, und er benutzte andere Menschen. Jetzt war er ein zweites Mal zum Mörder geworden und hatte ein Mädchen getötet. Die arme Caroline, die ihn von Herzen geliebt hatte. Ihm hatte sie nie besonders viel bedeutet - sie war nie mehr als nur ein Besitzstück gewesen, jemand, den er benutzt hatte, wie er alle und jeden nur benutzte.
    So wie er sogar Cathy Connor benutzt hatte.
    Der Tag brach an, als er schließlich weinte, aber wie Eamonn nun einmal war, beweinte er hauptsächlich sich selbst. Der beste Teil seiner Jugend war verloren und damit jede Chance auf ein Wiedersehen mit dem geliebten Mädchen.

ZWEITES BUCH
    »Amerika ist eine immense Verschwörung mit dem Glück als Ziel.«
    John Updike
     
     
»Die Wahrheit ist unser wertvollstes Gut. Gehen wir sparsam mit ihr um.«
    Mark Twain (Samuel Langhorne Clemens), 1835-1910
     
     
»Keuschheit - die unnatürlichste aller sexuellen Perversionen.«
    Aldous Huxley, 1894-1963

Kapitel zwanzig
    1971
    »Herrgott nochmal, Sohn, musst du denn einem Mann seinen verdammten Schlaf rauben?«
    Eamonn Seniors Zunge war schwer, weil er verkatert war und müde. Sein Sohn, der Schwierigkeiten hatte, sich in der Enge des gemeinsamen Schlafzimmers anzuziehen, sah ihn finster an.
    »Steh jetzt endlich auf, Dad, damit wir zur Arbeit kommen. Du weißt, was O’Halloran gestern gesagt hat, und wenn du diesen Job verlierst, dann musst du sehen, wie du zurechtkommst. Ich jedenfalls sorg nicht für dich.«
    Der ältere Mann betrachtete seinen schmucken Sohn und seufzte. Der Junge arbeitete hart dafür, sich ein neues Leben aufzubauen. Bis jetzt lebten sie von der Hand in den Mund, und es hatte nicht zu mehr gelangt als zu einer kümmerlichen Etagenwohnung in einem Haus in der Bronx, das sie mit lauter Iren, Schwarzen und Kakerlaken teilten.
    Der Gestank war schlimmer als alles, was er zuvor erlebt hatte, und er konnte ihn kaum mehr ertragen. Die Hitze des New Yorker Sommers war schlimm genug, aber der ewig lange kalte Winter mit Eis und Schnee war schier unerträglich. Wenn der Junge nur auf ihn hören würde, könnten sie schon längst auf dem hohen Ross sitzen. Aber er wollte nichts davon wissen, wollte diesmal alles richtig machen. Wollte einen ganz normalen Job, ein normales Leben. Es war zum Kotzen.
    Sich den Bauch kratzend, wartete der Alte, bis er die Gasflamme unter dem Kaffeekessel anspringen hörte. Dann stieg er in seine Hosen, quälte sich in sein Hemd und begann seine
tägliche Nörgelarie. So laut, dass es in der Küche zu hören war.
    »Wenn du auf einen klugen Rat hören würdest, Junge, könnten wir schon längst leben wie die Maden im Speck. So viel ist sicher!«
    Eamonn verdrehte die Augen. Er wusch die Tassen in der Spüle ab und versuchte, einfach nicht hinzuhören. Jeden Tag kam sein Vater mit derselben Leier, und er hatte es allmählich satt. Der Alte wollte, dass er ein amerikanischer Ned Kelly wurde und dafür sorgte, dass sie es gut hatten. In England hatte ihm sein Vater immer wieder vorgeworfen, einen üblen Weg eingeschlagen zu haben. Jetzt jedoch, in den Staaten, wollte er, dass der Junge aus seinem Ruf Kapital schlug und sich diesen Leuten anschloss, die eine Art irischer Mafia bildeten.
    Er blickte hinunter auf die Straße, während er seinen Kaffee trank. Überall waren schwarze Gesichter zu sehen, was ihn anfangs sehr verblüfft hatte. In England gab es durchaus auch Schwarze, aber Amerika wimmelte nur so von ihnen. Es war am Anfang seltsam gewesen, zu einer Minderheit zu zählen, und dieses Gefühl hatte sich auch im Laufe der Zeit nicht verändert. Auf seiner Etage wohnte eine besonders schöne junge Schwarze, und Eamonn hatte sich ein

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