Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
Vom Netzwerk:
du wirst nie wieder für jemanden sonst arbeiten. Der eigenen Einschätzung nach war er ein guter Arbeitgeber. Wenn er sie erstmal hatte, dann kümmerte er sich so um sie, dass ihm ihre Loyalität und Dankbarkeit für alle Zeit gewiss waren.
    Wenn man seinem Vater glauben konnte, war Eamonn Docherty der geborene Eintreiber. Dem kam besonders zugute, dass er keine Überzeugungen mit sich herumschleppte, weder politische noch sonst welche. Auf die Frage nach der Situation in Irland hatte er geantwortet: »Wen kümmert’s!« Genau auch Jack Mahoneys Meinung, aber außer im Familienkreis hätte er das niemals zugegeben. Also hatte er dafür gesorgt, dass sein jüngerer Bruder Petey den seiner Meinung nach fehlgeleiteten jungen Burschen aufsammelte und zu ihm brachte.
    Jack Mahoney war so angesehen, dass man ihn, eigentlich unerhört für einen Iren, in Little Italy ebenso wie in Chinatown willkommen hieß. Aber sein Glauben an das organisierte Verbrechen war unerschütterlich, und die Zeiten änderten sich. Die Italiener und die Chinesen waren im Grunde ihres Herzens Geschäftsleute, und jetzt war für sie die Zeit gekommen, sich mit den Iren anzufreunden, die immer schneller in diversen Geschäftszweigen an die Spitze drängten.
    Er sah, dass sein Bruder den Wagen parkte und zusammen
mit dem jungen Docherty ausstieg. Die arrogante Haltung des Jungen entging Jack nicht, und er schüttelte ironisch lächelnd den Kopf. Der junge Mann war ein Musterexemplar, aber schließlich war der Vater zu seiner Zeit ebenfalls ein großer, attraktiver Mann gewesen. Eamonn Docherty Senior hätte es zu etwas bringen können, aber er war immer wieder dem Lotterleben verfallen. Männer, die sich von Frauen aushalten ließen, waren für Jack der letzte Dreck, aber der Alte war schließlich auch Ire, und es galt zumindest den Anschein zu erwecken, als kümmere man sich um seine Landsleute.
    Jack nahm hinter seinem großen Eichenschreibtisch Platz und gab sich besonders wichtig und geschäftig, als Petey den jungen Mann ins Büro führte.
     
    Eamonn Senior saß in einer Bar in Broadway-Nähe. Die Kneipe war irisch, die Drinks waren nicht gepanscht, und man befand sich in angenehmer Gesellschaft. Mit seinem Fünfzigdollarschein hatte er schnell Anschluss gefunden und unterhielt sich mit einem Mann namens Willie McLaughlin angeregt über das Für und Wider eines vereinigten Irlands. Drei doppelte Jameson’s, und er war so richtig guter Dinge, als er aus dem Augenwinkel Jackie O’Malley bemerkte, einen Buchmacher, dem er mehr als zweihundert Dollar schuldete.
    »Zu Geld gekommen, was?« Jackies Worte klangen sarkastisch.
    Eamonn Senior, angetrunken und bester Laune, war nicht beunruhigt. »Ach, ist nur ‘ne kleine Zuwendung von Petey Mahoney. Der ist grade mit meinem Jungen unterwegs.«
    Jackie hörte die versteckte Drohung heraus, und als er den Mann mit der roten Nase betrachtete, wurde er mit einem Mal furchtbar zornig. Leute wie Docherty waren Schmarotzer, und O’Malley wusste, wenn er ihn davonkommen ließe, würden andere sich dieselbe Rücksichtnahme versprechen. Er ließ den Blick durch die Bar schweifen, über den Shamrock und die imitierten
irischen Flaggen, das Waterford-Kristall hinter der Bar und die Fotos von Brendan Behan an den Wänden. Völlig frustriert vom verzweifelten Kampf, sich über Wasser zu halten, sagte er hitzig: »Ist mir doch egal, mit wem sich dein Sohn amüsiert. Ich jedenfalls will das Geld, das du mir schuldest, und ich will es sofort.«
    Eamonn Senior, trunken und großkotzig, antwortete ungerührt: »Dann weißt du ja, wie es ist, wenn man was will, was?«
    Drei Tage zuvor hatte Jackie O’Malley seine Frau unter die Erde gebracht. Er war jetzt schon seit Wochen hinter seinen Schuldnern her. Die ärztliche Behandlung seiner Frau hatte ihn ein Vermögen gekostet, und dabei war sie es, ehrlich gesagt, gar nicht wert gewesen. Sein einziger Sohn war zur Beerdigung nach Hause gekommen, hatte kaum zwei Worte mit ihm gewechselt und war dann ins College zurückgekehrt. Seine Tochter wollte mit Jackie nichts zu tun haben, und er selbst wurde von Kredithaien gejagt, weil niemand die Schulden bei ihm bezahlte, so dass er seine Rückzahlungen ebenfalls schuldig bleiben musste.
    Und hier saß jetzt dieses Stück Scheiße, ein Mann, dem alles fehlte, was man Anstand hätte nennen können, und forderte ihn gewissermaßen auf, mit dem Hut in der Hand singen zu gehen, wenn er Geld brauchte. Fremde Leute wurden Zeugen des

Weitere Kostenlose Bücher