Die Aufsteigerin
hast ihm ein gutes Leben geschenkt. Er hat immer von dir und deiner Tochter geschwärmt.«
»Sie ist nicht seine Tochter, Eamonn, sie ist deine Tochter. Im Herzen habe ich es schon immer gewusst, aber erst, als ich heute dein kleines Mädchen sah … wie Schwestern sehen die beiden aus. Sie sind einander unglaublich ähnlich. Auch Tommy hat es wohl insgeheim gewusst. All die Jahre, und ich bin nie wieder schwanger geworden. Sie trägt seinen Namen, aber das ist auch alles.«
»Er war ihr Vater, er hat sie aufgezogen, er hat sie geliebt.«
Cathy schüttelte den Kopf. »Kitty hat ihn nie gemocht. Das mag seltsam klingen, aber es stimmt. Mit zunehmendem Alter vergrößerte sich auch ihre Abneigung. Ihr wird das Herz nicht brechen, wenn sie von seinem Tod erfährt, und auch ich bin nicht todtraurig. Ist es nicht schrecklich, so etwas eingestehen zu müssen? In mancher Hinsicht bin ich sogar erleichtert. Desrae wird ihn vorbehaltlos betrauern, aber er ist auch der Einzige. Tommys Mutter ist vor zwei Jahren gestorben, und sonst hatte er keine engen Verwandten.«
Sie schwiegen eine Weile und hingen ihren Gedanken nach.
»Ich würde Kitty gern kennenlernen, wirklich«, sagte Eamonn schließlich.
Mit tränenfeuchten Augen sah ihn Cathy an und lächelte. »Wenn du in London zu tun hast, komm mich besuchen. Versprichst du, dass du immer zu mir kommen wirst, Eamonn?« Ihre Stimme klang furchtbar niedergeschlagen. »Verlass mich jetzt nicht, bitte, nicht nach alledem.«
Dann fasste sie sich und verkündete: »Ich muss Vorkehrungen treffen, um ihn nach Hause überführen zu lassen.«
Eamonn winkte ab. »Am besten begraben wir ihn hier. Das lässt sich leicht arrangieren.«
Cathy sah den Mann an, den sie mehr liebte als alles auf der Welt, und allein diese wenigen Worte machten ihr schlagartig bewusst, dass Tommy Pasquale nicht an einem Herzinfarkt gestorben war. Dieser Mann hier war verantwortlich für seinen Tod.
Trotz dieser Erkenntnis konnte sie ihn nicht hassen, denn weil Tommy nicht mehr lebte, der immer betrunkene und drogensüchtige Tommy, der in ganz London verschuldete Spieler Tommy, war sie endlich frei. Wirklich frei. Seit dem Tag ihrer Hochzeit hatte sie gewusst, dass Tommy sie eher umgebracht hätte, als sie jemals gehen zu lassen.
Ihr einziger Gedanke war: Wir haben uns alle drei schuldig gemacht und werden am Ende die Rechnung dafür begleichen müssen.
Jack Mahoney saß in seinem Büro in Queens. Er hörte zu, wie Petey und Eamonn sich stritten, und schüttelte missmutig den Kopf.
»Er musste dran glauben. Igor war schon nervös. Verdammt, sogar Anthony Baggato hat eine Andeutung gemacht. Tommy musste verschwinden !« Eamonns Stimme klang unerbittlich. »Ich mochte Tommy auch, aber er hatte einen verhängnisvollen Fehler gemacht, und das können wir uns nicht leisten.«
Petey zeigte sich unbeeindruckt. »Du hast das hinter unserem Rücken veranstaltet, Eamonn. Wir hätten konsultiert werden müssen.«
»Ihr seid konsultiert worden, verdammte Scheiße!«
Petey schnauzte seinen Freund an. »Höchstens informiert, und das hinterher! Ich hab’s von Harve gehört, aber ich hätte es vor ihm wissen müssen. Ich hätte eingeweiht sein sollen, aber du hast wieder mal im Alleingang gehandelt, Eamonn. Scheiße!«
»Ich hab ihn ausgeschaltet, weil wir allesamt schon bald tot gewesen wären, wenn wir ihn und seine Eskapaden noch länger geduldet hätten. Kapiert ihr denn nicht, was hier abläuft? Igor ist kein Trottel. Er arbeitet mit den Armeniern zusammen und den Russen und so manchen mehr. Ich kann es mir nicht leisten, dass er unruhig wird.«
Jack ergriff das Wort. »Und wer macht jetzt den Kurier? Wer bringt den Stoff rüber nach England?«
Eamonn zuckte die Achseln. »Ich selbst. Diesmal bringe ich ihn rüber und arrangiere von dort aus was Neues.«
Petey machte ein angewidertes Gesicht. »Ich schätze, da drüben wirst du wohl eher Tommys trauernder Witwe das Händchen halten, hä? Dieser dreckigen Hure! Du bumst sie doch schon, seit sie hier ist, oder etwa nicht? Denkst du, ich weiß nichts davon? Deswegen wolltest du ihn wohl aus dem Weg schaffen. Mit unseren Geschäften hatte es nichts zu tun, sondern ums Ficken ging es und um nichts anderes!«
Eamonns Faust traf Peteys Kinn, bevor er noch ganz ausgesprochen hatte. Petey flog rückwärts über den Schreibtisch und krachte zu Boden. Jack eilte zu seinem besinnungslosen Bruder. »Die Wahrheit schmerzt immer, Eamonn«, sagte er bekümmert.
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