Die Aufsteigerin
missbraucht sie. Dabei geht es ihm nur ums Geld.«
Dann sprach Cathy weiter, leise und eindringlich.
»Ich habe eine Tochter, einen Teenager mit langen Beinen und knospenden Brüsten. Sie heißt Kitty. Als ich jung war, hat sich niemand so recht um mich gekümmert. Meine Mutter war eine Dockschwalbe, eine abgebrühte Nutte der schlimmsten Art. Für mein Kind will ich etwas Besseres, und ich bin sicher, das wollen Sie auch.«
Shaquila sah Cathy in die Augen, und dann brach es aus ihr hervor: »Manchmal sehe ich meine Kinder an und hasse sie - ich hasse sie, weil sie mir aufgezwungen wurden! Ich halte zu Terry, aber Sie können sich gar nicht vorstellen, was für ein übler Dreckskerl er ist. War er schon immer. Ich darf dieses Haus nicht verlassen - muss mir sogar die Lebensmittel liefern lassen. Ich muss hier sitzen, tagein, tagaus, und darauf warten, dass er zu Besuch kommt. Und wenn er kommt, muss ich so tun, als wäre ich die glücklichste Frau auf Erden. Ich muss meinem Bruder den Schwanz lutschen, denn sonst würde er mir ohne zu zögern die Kehle durchschneiden … Niemand kennt meinen Bruder so gut wie ich. Mein Leben lang war ich ihm ausgeliefert. Meine
Mutter hasst mich, weil er mir aufzwingt, was sie gern von ihm hätte. Ich wurde zuerst von meinem Vater missbraucht und dann von meinem Bruder. Wir kommen aus abartigen Verhältnissen, und ich weiß, dass ich meinen Bruder erst loswerde, wenn er tot ist. Käme er ins Gefängnis, wären damit meine Gebete nicht erhört, denn solange er atmet, bin ich in Gefahr. Ich kann Ihnen also nicht helfen, selbst wenn ich es wollte.«
»Das alles tut mir ja so leid«, versicherte Cathy.
Shaquila lachte unter Tränen. »Nicht halb so leid wie mir. Sie sehen, für mich gibt es kein Entrinnen. Absolut keins.«
Cathy zog eine Visitenkarte aus ihrer Handtasche und legte sie auf die Stuhllehne neben Shaquilas Hand. »Hier ist meine Nummer. Rufen Sie mich an, bitte, und ich werde Ihnen helfen. Das verspreche ich. Ich helfe Ihnen.«
Shaquila sah ihr tief in die Augen. »Sie meinen es ehrlich, nicht wahr?«
»Natürlich. Ich hab Ähnliches erlebt und weiß, wozu andere Menschen fähig sind. Ich verspreche, dass ich Sie von diesem Mann wegbringe.«
»Wenn es im Leben so einfach wäre.«
Shaquilas Stimme klang wieder resigniert. Cathy berührte die Wange der anderen Frau und lächelte aufmunternd. »Das Leben ist nie einfach, Shaquila. Menschen wie wir wissen das nur zu gut, aber hin und wieder wird uns ein Rettungsring zugeworfen, und nach dem müssen wir greifen.«
Sie nahm ihre Handtasche und ging zur Eingangstür. »Rufen Sie mich an, okay? Ich werde dafür sorgen, dass Sie an einen Ort gebracht werden, an dem Sie nicht einmal Richard Gates findet.«
Cathy drängte Richard, die Wohnung zu verlassen. Sie wusste und akzeptierte, dass Shaquila Zeit zum Nachdenken brauchte. Sie selbst schwieg, bis sie zu Hause ankamen.
Kapitel zweiundvierzig
Trevale »Terry« Campbell war sauer. Man hatte ihn soeben angerufen und berichtet, dass ein Beamter der Sitte namens Richard Gates zusammen mit einer kleinen Blondine bei Trevales Mutter zu Hause aufgetaucht war - bei ihr zu Hause , verdammt! - und diese Schlampe tatsächlich Trevales Mutter bedroht hatte. Schon eine Viertelstunde nach dem Anruf wusste er, um wen es sich bei dieser Blondine handelte und dass sie mitmischte, weil dieser dämliche Casper sich umgebracht hatte.
Wie konnten sie es wagen, seine Familie zu belästigen? Wie konnten sie es wagen, seine Mutter aufzusuchen? Und jetzt hatte Gunil, ein kleiner Asiat, den er dafür bezahlte, seine Schwester im Auge zu behalten, ihm berichtet, dass auch Shaquila von diesen Leuten aufgesucht worden war. Dafür würden sie bezahlen, aber zuerst musste er mit seiner Schwester sprechen.
Er stürmte den Weg zur Wohnung seiner Schwester hinauf, und die hatte die Wohnungstür bereits aufgerissen, bevor er angelangt war.
»Terry, Liebling, was ist denn los?« Ihr Begrüßungslächeln wirkte gezwungen.
Er stieß sie in den Flur und schlug die Tür hinter sich zu. »Hattest netten Besuch von der Schmiere? Wie lieb von dir, dass du mir sofort davon erzählt hast, Shaquila. Vielen Dank auch, Mädchen«, zischte er.
Shaquila sah seinem versteinerten Gesicht an, dass Riesenärger bevorstand, und suchte fieberhaft nach einer Ausrede, um ihr Versäumnis zu erklären. »Ich hab ja versucht, dich anzurufen,
konnte dich aber nicht erreichen. Ich dachte, du hast dein Telefon abgestellt. Ich
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