Die Aufsteigerin
bist - ein Anruf genügt. Wann fliegst du morgen?«
»Viertel nach acht in der Frühe.« Sie verzog das Gesicht. »Ich möchte gar nicht weg, Anthony, aber die Pflicht ruft. Du kennst das ja.«
»Ein verdammt guter Club, den du da drüben hast. Hat mir ausgezeichnet gefallen. Viertel nach acht, sagst du?« Er sah Eamonn durchdringend an. »Also geht’s morgen nach London? Dann auf Wiedersehen. Bis zum nächsten Mal.«
Er verließ die Bar. Cathy und Eamonn schauten ihm nach. Obwohl er dieser Tage nicht mehr so gut zu Fuß war, hatte er
nichts von seinem gebieterischen und imposanten Auftreten verloren.
»Was sollte das denn? Dieser bedeutsame Blick?«, fragte Cathy.
»Keine Ahnung. Und - was möchtest du jetzt machen?«
Sie lächelte kokett. »Was meinst du denn, was ich machen möchte? Ich fliege morgen. Ich hab ein paar Steaks gekauft, Wein und Salat. Abendessen, Bad, Bett. In der Reihenfolge.«
Eamonn schmunzelte. »Hört sich gut an.« Aber Cathy sah ihm an, dass er mit den Gedanken woanders war.
Er küsste sie auf die Nasenspitze. »Hör mal, ich setze dich in ein Taxi. Ich muss erst nochmal nach Hause und einiges regeln. Ich bin dann gegen sechs bei dir. Ist das in Ordnung?«
Cathy nickte, obwohl sie insgeheim gekränkt war, dass er sie so schnell wieder allein ließ. »Selbstverständlich, kein Problem«, sagte sie gewollt locker.
Deirdra blickte ihrem Mann missmutig entgegen, als er das Haus in Long Island betrat. »Womit habe ich denn dies seltene Vergnügen verdient?«
Er ignorierte ihre Ironie. »Ist heute etwas angeliefert worden?«
»Zwei Koffer, ich hab sie in der Garage abgestellt. Was, um Himmels willen, ist bloß in den Dingern drin? Die sind ja irre schwer.«
Eamonn drehte sich um und ging aus dem Zimmer. Zurück blieb seine vor Wut schäumende Ehefrau. Seit der Geburt von Hattie, ihrer jüngsten Tochter, hatte er sie nicht mehr angefasst. Sie lebten wie Mann und Frau, besuchten gemeinsam Veranstaltungen, ja, plauderten sogar am Frühstückstisch, wenn er denn über Nacht zu Hause geblieben war. Aber das war es auch schon.
Eins wusste sie jedoch: Anderen Frauen stellte er nicht nach. Meistens befand er sich mit ihr und den Kindern unter einem
Dach. Nur ein paarmal im Monat musste sie ihn auf die Vermisstenliste setzen. Deirdra hatte sich damit arrangiert. So würde sich ihr Leben auch weiterhin abspielen, und das akzeptierte sie.
Eamonn ging hinaus in die Garage und sah sich die Koffer an. Sie waren unauffällig wie immer, aber unter dem Futter enthielten sie mehr als je zuvor. Eben das machte die Sache so besorgniserregend.
Sein üblicher Kurier war von einem jungen schwarzen Straßenräuber an der Ecke East 110th Street und Lexington Avenue umgebracht worden. Jetzt saß Eamonn mit der Ware da, und es blieb ihm nichts anderes übrig, als sie selbst nach London zu bringen. Aber er musste auch am nächsten Nachmittag bei einem Mafiatreffen, das er nicht versäumen durfte, in Washington sein.
Als er die Koffer betrachtete, dachte er an Anthonys Idee, und am liebsten hätte er sie schnell wieder verworfen. Das konnte er Cathy nicht antun, niemals. Dennoch war ihm klar, dass er kaum eine andere Chance hatte. Außerdem würde sie nie erfahren, was er getan hatte. Die Ware war nicht zu entdecken. All die Jahre, in denen sie für die Russen Kurierdienste geleistet hatten, waren sie kein einziges Mal aufgefallen, weder hier in New York noch in London.
Die Sache war narrensicher.
Die Ware besaß Millionenwert und wurde stets im Voraus bezahlt. In den neunziger Jahren war die Nachfrage gestiegen, und inzwischen wickelten sie ihre Geschäfte mit Partnern in der ganzen Welt ab.
Er schloss die Augen und fragte sich, wie Cathy wohl reagieren würde, wenn sie erführe, worauf er sich diesmal eingelassen hatte. Er mochte gar nicht daran denken.
Cathy trug das kleine Weiße, das sie morgens bei Saks gekauft hatte. Es brachte ihre gebräunte Haut perfekt zur Geltung und
war so geschnitten, dass es ihre Brüste betonte und ihre Taille noch schlanker erscheinen ließ. Als sie Eamonn die Tür öffnete, sah sie erstaunt, dass er zwei Koffer bei sich hatte.
»Du bist doch nicht etwa zu Hause ausgezogen?«
Sie klang so entgeistert, dass er lachen musste. »Die sind ein Geschenk. Ein Geschenk für meine transatlantische Geliebte.«
Cathy nahm die beiden Samsonite-Koffer näher in Augenschein. »Du machst Witze?«
»Nein, die sind für dich. Ich weiß, dass ich normalerweise andere Geschenke
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