Die Aufsteigerin
wird und dann eine zweite auftaucht, die alles klarmacht? Madge, aufgerüscht und frisch geschrubbt, lieferte für mich ein Päckchen ab. Sie war der Lockvogel, auch wenn sie’s nicht wusste. Sie brachte das Päckchen zum Haus eines Richters am High Court. Damit lief das Erpressungsspiel an. Madge gab aber nur ein paar Standfotos ab. Den Film selbst ließ ich ihm von einer jüngeren Hure direkt ins Amtszimmer bringen. Du weißt schon, wie es läuft. Seine Frau will wissen, wieso eine alte Schachtel Briefe für ihn abgibt, und ihm geht der Arsch auf Grundeis, wenn er feststellt, dass zur selben Zeit an seinem Arbeitsplatz ein Film abgegeben wurde, der ihn beim Ritt auf einer jungen Stute zeigt. Für den Fall, dass die Schmiere jemanden beschattet, setze ich immer zwei Frauen ein. Wenn es eine allein nicht schafft, die Ärsche mundtot zu machen, dann schaffen es zwei ganz bestimmt. Du kennst doch die ganze Chose, Gates. Ich hab Madge nur einmal benutzt.«
Er hatte aufmerksam zugehört und fragte dann: »Wer also war dieser Richter?«
Susan P. schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht einmal dir sagen. Es sei denn, du gibst mir dein Wort, dass du meine Molly aus Holloway rausholst?«
Gates verdrehte die Augen und nickte. »Immer noch einen Extrawunsch in petto, was?«
»Molly arbeitet gut, ist aber eine Plage, wenn sie zu viel getrunken hat«, erläuterte Susan. »Körperverletzung wirft man ihr vor, und Dienstag ist die Verhandlung.«
»Ist so gut wie erledigt«, versicherte ihr Gates. »Und wie heißt der Mistkerl nun?«
Besser gelaunt scherzte Susan: »Du wirst es nicht glauben.«
»Warten wir’s doch ab?«
»Es ist der Lord Oberrichter höchstpersönlich. Hat eine Vorliebe für blutjunge Mädchen in Schuluniform - nicht besonders originell, aber was soll’s. Es reicht jedenfalls, dass den Jungs von News of the World die Luft wegbleibt, wenn sie die Fotos je auf ihren Schreibtisch bekommen.«
Gates schüttelte den Kopf und lachte leise. »Der geile alte Bock!«
Susan P. griente. »Ganz meine Meinung. Na, vielleicht noch einen Drink?«
Gates hob sein leeres Glas, lehnte aber dankend ab. »Nicht für mich, Mädchen. Ich kann nicht mehr, sondern muss mal …«
Kapitel acht
Cathy wurde von einem Arzt untersucht, und Richard Gates schaute unbewegt zu. Wie immer war der Polizeiarzt in Gates’ Gegenwart nervös, und seine Finger zitterten leicht, als er Cathys Nachthemd wieder zuknöpfte. Nachdem er das Mädchen in die grobe Decke gehüllt hatte, wandte er sich an den weiblichen Constable und sagte: »Sie steht unter extremem Schock.«
Hastig unterbrach Gates: »Sie kann also noch keine Aussage machen?«
Dr. Angus Miller sah den hünenhaften Mann direkt an. »Nein, wenn Sie meinen, es wäre nicht ratsam …« Er verstummte.
Gates lächelte. »Genau das meine ich. Danke, Doktor Miller, Sie sind ein Mordskumpel.« Der Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören, und der andere Mann verstaute eilig seine Utensilien in seiner schwarzen Tasche und machte, dass er fort kam.
»Es muss aber dringend etwas geschehen, Sir«, sagte die Beamtin.
Gates nickte. »Richtig, Doreen. Waschen Sie das arme Ding, und machen Sie es zurecht. Ich werde mich derweil um ihre Mutter kümmern.«
Madge war verwirrt und ungnädig. Es war jetzt Viertel nach zehn Uhr morgens, und seit ihrer letzten Begegnung mit diesem Dreckskerl Gates hatte sie weder Tee noch Kaffee oder gar ein Frühstück bekommen. Sie wusste, dass es auf seine Anordnung
geschah, und durstig, hungrig und verängstigt, wie sie war, fragte sie sich, was er wohl als Nächstes vorhatte. Eins wusste sie jedoch genau: Kampflos würde er niemals aufgeben. Und sie war sich nicht mehr sicher, ob sie ihm und seinem eisernen Willen gewachsen war.
Ohne sich zu zeigen, sah Gates zu, wie Madge in ihrer Zelle auf und ab tigerte. Er grinste zufrieden, denn er wusste sehr genau, welche psychologischen Vorteile sich dadurch ergaben, dass man ihr alles verweigerte. Allein schon eine Tasse Tee konnte als Kontakt mit der Außenwelt angesehen werden und sie eventuell in ihren Vorsätzen bestärken. Wenn ihm Zeit geblieben wäre, hätte er sie ein, zwei Tage ohne Nahrung und Getränke, ja sogar ohne Toilette schmoren lassen. Diese Methode war fast immer erfolgreich. Übeltäter dazu zu zwingen, sich nackt auszuziehen, war ebenfalls hilfreich, besonders bei Frauen. Aber leider hatte er in diesem Fall die Zeit nicht auf seiner Seite. Entweder musste er sie offiziell einer
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