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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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ihr sagst. Und nun hol den Verbandskasten, denn das Mädchen hat sich die Handfläche aufgeschnitten. Du regelst das, während wir kontrollieren, ob überall abgeschlossen ist.«
    Miss Jones folgte ihrer Freundin hinaus aus der Küche. Man sah ihr die Neugier an. Cathy wusste, dass die beiden über alles sprechen würden, und hoffte nur, dass sie nicht beschlossen, sie wegen der Klinge zu bestrafen.
    »Wie ist das denn passiert?« Wie gewöhnlich folgte auf die schrill gestellte Frage ein Schniefen, und Cathy musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Diese Frau war ziemlich beschränkt, und genau das brauchte Cathy in dieser Situation.
    »Schenk dir eine Tasse Tee ein, und tu viel Zucker rein. Das hilft gegen Schock«, fuhr Deidre fort. Dann holte sie eine Blechschüssel, füllte sie mit heißem Wasser und gab ein Desinfektionsmittel dazu. »Wird jetzt brennen, aber verhindert auch, dass sich was entzündet. Komm her, häng deine Hand da rein. Ich zerreiß derweil einen Lappen, und dann verbinde ich dich.«
    Cathy ließ die Hand vorsichtig ins Wasser gleiten und seufzte, als der Schmerz anfangs nachließ. Laut sog sie dann aber
die Luft ein, als die Wunde schrecklich zu brennen begann. Während sie sich in der schmuddeligen Küche umsah, überlegte sie, ob sie wirklich ein so böses Mädchen war, dass sie all dieses Unglück verdiente. Rons Leichnam tauchte vor ihren Augen auf, und die Worte ihrer Mutter - »Was hast du denn jetzt schon wieder angerichtet?« - klangen ihr laut in den Ohren.
    Hatte sie selbst Schuld, dass ihr all diese Dinge zustießen? Wurden sie von ihr verursacht? Auch das, was mit Eamonn geschehen war - hatte sie den Anstoß gegeben?
    Tränen standen ihr in den Augen, und sie atmete tief durch, denn sie wusste sehr wohl, dass in dieser Umgebung Tränen als Zeichen von Schwäche angesehen wurden. Und Schwäche brachte Schwierigkeiten.
    »Er meint es nicht so, der alte Hodges. Er kann nur nicht an sich halten.« Deidre sprach leise und bekümmert.
    Cathy mochte ihren Ohren nicht trauen und sah die Frau bestürzt an.
    »Manche Männer überkommt es eben, verstehst du?«
    Cathy antwortete nicht und konnte sich auch nicht vorstellen, dass es jemand könnte.
    »Geh ihm einfach immer schön aus dem Weg, dann lässt er dich auch zufrieden.«
    Ihre verletzte Hand im Wasser schwenkend, schloss Cathy die Augen und betete darum, dass sie möglichst bald einen Weg finden würde, dieser Hölle zu entkommen.
    Denise war für »saaltauglich« erklärt worden, was bedeutete, dass sie als vertrauenswürdig genug galt, um zusammen mit anderen Mädchen in einem Saal zu schlafen. Dabei handelte es sich um einen sehr geschickten Schachzug von Hodges und Henley. Denise sorgte nämlich dafür, dass es zwischen den Mädchen keinen Ärger gab und alles seinen geordneten Gang ging. Im Gegensatz zu vielen anderen, die ihre Privatsphäre schätzten und sich sehnlichst wünschten, ein eigenes Zimmer zu haben, zog Denise es vor, in Gesellschaft zu sein. Sie hätte es nie
eingestanden, aber sie brauchte eine Menge Gesellschaft. Sie fürchtete sich nämlich im Dunkeln. Jetzt lag sie im Bett und fragte sich, wie es Cathy wohl ergehen mochte. Insgeheim wusste sie genau, dass die Mädchen allesamt rebellieren müssten, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollten.
    Obwohl sie eine von den ganz Harten war, ein echtes Schwergewicht, wusste sie doch genau, dass jeder Versuch, mit Hodges abzurechnen, zum Scheitern verurteilt war, wenn sie nicht hinterher sofort hier rausmarschieren konnten. Es gab einen Weg hinaus, obwohl der zum Fürchten war und widerwärtig. Aber vielleicht, ganz vielleicht, könnte es ihnen gelingen, wenn das neue Mädchen bereit wäre …
    Als sie hörte, dass die beiden Misses, wie sie genannt wurden, die Schlösser kontrollierten, stand sie vom Bett auf und ging an die Tür.
    »Ist mit der Neuen alles in Ordnung?« Ihre Stimme klang laut und aggressiv.
    Sie hörte als Antwort ein Lachen.
    »Alles perfekt. Sie hat dem alten Bock das eine oder andere gesteckt!«
    Die Schritte verklangen im brüllenden Gelächter der beiden Frauen.
    An die Tür gelehnt, seufzte Denise erleichtert. Sie wandte sich an die anderen Mädchen, die in ihren Betten lagen und darauf warteten, dass sie das Wort ergriff. »Die ist richtig. Die Neue ist goldrichtig.«
    Alle blieben ruhig, denn was Cathy widerfahren war, hatten die meisten von ihnen irgendwann einmal erdulden müssen. Sie freuten sich. Was immer die Neue getan haben

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