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Die Augen der Medusa

Die Augen der Medusa

Titel: Die Augen der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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Questore, »wir wissen, wie Ihnen zumute ist, aber wir brauchen Ihre Hilfe. Wir haben nämlich ein Problem. Er weigert sich, mit uns zu sprechen. Er will nur per E-Mail verhandeln. Wir wollten Sie bitten, auf Ihren Jungen einzuwirken, damit er wenigstens mit uns telefoniert.«
    Catia zögerte. Irgendetwas sagte ihr, dass sie aufpassen musste. Natürlich wollte sie mit Minh sprechen. Er war ihr Junge, gewiss, aber eben ganz allein ihrer. Da mochten die Polizisten noch so verständnisvoll tun. Der Questore stellte eine der beiden Frauen in der Runde als Polizeipsychologin vor und gab an sie ab.
    »Monica della Valle. Sehr angenehm, Frau Vannoni.« Die Psychologin deutete ein Lächeln an. »Es geht uns darum,die Situation und den Gemütszustand Ihres Sohnes besser einzuschätzen. Es würde uns sehr helfen, wenn wir wüssten, wie er spricht, ob er ruhig oder nervös ist, ob er bereit ist, uns zuzuhören, ob er spontan reagiert oder auf einem vorher festgelegten Plan beharrt.«
    Catia vermochte den Blick nicht von der Luftaufnahme zu wenden. Sie wusste, dass Minh für die Polizisten nur eine rote Stecknadel war, die man aus Montesecco zu entfernen hatte. Ein Problem, das zu beseitigen war.
    »Sie dürfen ihn nicht umbringen«, sagte Catia. »Nur deswegen arbeite ich mit Ihnen zusammen. Damit Sie meinen Sohn am Leben lassen.«
    »Genau das wollen wir auch. Wir müssen die Sache friedlich zu Ende bringen.« Die Psychologin nickte.
    »Es war absolut richtig, uns zu informieren«, sagte der Questore. »Wenn diese alte Frau nicht dazwischengekommen wäre, hätten unsere Leute ihn schon längst ohne jedes Blutvergießen überwältigt.«
    Vielleicht, dachte Catia, vielleicht auch nicht. Was wusste sie schon, wie so ein Zugriff ablief und was dabei schiefgehen konnte? Doch auch wenn sie sich verweigerte, würde die Polizei ja nicht einfach abziehen. Es ging nur darum, das Schlimmste zu verhüten. Catia blieb gar nichts anderes übrig, als zu kooperieren. Sie blickte auf die rote Stecknadel und fragte: »Was soll ich Minh sagen?«
    »Die Wahrheit«, erwiderte die Psychologin. »Wir wollen die Geiseln freibekommen und weitere Opfer vermeiden, er wird Forderungen stellen, die er erfüllt haben will. Wir haben unser Interesse, er seines. Irgendwie müssen wir zu einer Lösung finden. Dazu muss man verhandeln und ein Minimum an gegenseitigem Vertrauen aufbauen. Das geht nicht, wenn man nicht miteinander spricht.«
    »Außerdem brauchen wir ein Lebenszeichen von den Geiseln«, sagte der Questore.
    »Machen Sie ihm keine Vorwürfe!«, sagte die Psychologin. »Er muss merken, dass Sie auf seiner Seite stehen undihn auf keinen Fall verlieren wollen. Versuchen Sie, ihn zum Sprechen zu bringen!«
    »Wir mailen ihm, dass Sie ihn in fünf Minuten anrufen«, sagte der Questore. Er nickte einem der Uniformierten an den Laptops zu und lud Catia ein, auf der Kirchenbank Platz zu nehmen. Sie schüttelte den Kopf, als ihr ein Kaffee angeboten wurde. Ein Polizist schob ihr die Telefonanlage zu, die mit einem Aufnahmegerät verkabelt war. Jedes Wort Minhs würde aufgezeichnet und nachher zig Mal analysiert werden. Catia hatte nicht damit gerechnet, ungestört mit ihrem Sohn sprechen zu können, doch nun fragte sie sich, ob sie nicht dabei war, ihn zu verraten. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Die Psychologin legte ihr die Hand auf die Schulter. Im Kamin prasselte das Feuer.
    »Jetzt!«, sagte der Questore. Er hielt Catia den Telefonhörer entgegen. »Nehmen Sie die Festnetznummer!«
    Catia zögerte. Sie sollte das nicht tun. Sie sollte augenblicklich aufstehen und in die Kälte hinauslaufen. Sich in den Schnee setzen und warten, bis … Ja, worauf denn? Minh war ihr Kind. Sie musste ihm helfen. Nur weil auch die Polizisten das forderten, konnte es doch nicht falsch sein, mit Minh zu reden. Catia wählte, hörte das Tuten in der Leitung. Ihr Blick suchte die Luftbildaufnahme am Flipboard. Die schwarzen Nadeln rund um die rote mussten die Positionen der Spezialeinheit bezeichnen. Catia hatte die Männer in den schwarzen Kampfanzügen gesehen. Auch Scharfschützen waren darunter gewesen, die nun mit ihren Präzisionsgewehren auf der Lauer lagen. Catia wollte nicht wissen, was sie tun würden, wenn sie die Möglichkeit zu einem sicheren Schuss hätten.
    Im Hörer tutete es zum fünften Mal. Catia sah das Telefon in Minhs Büro fast greifbar vor sich. Ein mattschwarzes Gerät, das vorn im Zimmer auf dem Schreibtisch stand. Direkt neben dem

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