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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verschwunden, und er war gesund.
    Jahre vergingen. Als Sashas Niederkunft mit Thomas
begann, rief Flagg nach Anna und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie waren allein in seinem unterirdischen Gemach, dennoch war es besser, dass ein so grässlicher Befehl geflüstert wurde.
    Anna Crookbrows Gesicht wurde aschfahl, aber sie erinnerte sich an Flaggs Worte: Solltest du nicht tun, was ich verlange …
    Und bekam nicht der König schon ein zweites Kind? Sie selbst hatte nur eines. Und wenn der König wieder heiraten und noch mehr zeugen wollte, dann sollte er doch. In Delain gab es Frauen in Hülle und Fülle.
    Also ging sie zu Sasha und sprach ermutigende Worte, und im kritischen Augenblick glitzerte ein Messer in ihrer Hand. Niemand sah den winzigen Schnitt, den sie der Königin zufügte. Einen Augenblick später rief Anna: »Presst, meine Königin! Presst, denn das Baby kommt!«
    Sasha presste. Thomas kam so mühelos aus ihr heraus wie ein Knabe, der eine Rutschbahn hinunterfährt. Aber Sashas Blut ergoss sich auf das Laken. Zehn Minuten nachdem Thomas das Licht der Welt erblickt hatte, war seine Mutter tot.
    Daher machte Flagg sich keinerlei Gedanken über das unbedeutende Thema Puppenhaus. Einzig Folgendes zählte: Roland wurde alt, keine Königin konnte sich in seine Belange einmischen, und nun hatte er nicht einen Sohn, sondern deren zwei, von denen er sich für einen entscheiden konnte. Natürlich war Peter der Erstgeborene, aber eigentlich war das einerlei. Peter konnte aus dem Weg geschafft werden, sollte sich im Laufe der Zeit erweisen, dass er für Flaggs Zwecke nicht geeignet war. Er war nur ein Kind und konnte sich nicht verteidigen.
    Ich habe euch erzählt, dass Roland, solange er herrschte,
niemals so lange oder eingehend über etwas nachdachte wie die eine Frage, ob Peter erlaubt sein sollte, mit Sashas Puppenhaus zu spielen, welches Ellender so künstlerisch gestaltet hatte, oder nicht. Ich habe euch erzählt, dass er als Folge dieses Nachdenkens zu einem Schluss kam, der Flaggs Wünschen zuwiderlief. Ich habe euch auch erzählt, dass dies nach Flaggs Überzeugung unbedeutend war.
    War es das? Das müsst ihr alle selbst entscheiden, nachdem ihr meine Geschichte zu Ende gehört habt.

13
    Nun lassen wir viele Jahre innerhalb eines Augenzwinkerns verstreichen - eines der schönen Dinge an Geschichten ist, wie schnell man die Zeit verstreichen lassen kann, wenn nichts wirklich Wichtiges passiert. Im wirklichen Leben ist das nicht so, und das ist wahrscheinlich gut so. Nur in Geschichtsbüchern verstreicht die Zeit schneller, und was ist die Geschichte schon, wenn nicht eine Art weitgespanntes Märchen, in dem an die Stelle von verstreichenden Jahren verstreichende Jahrhunderte treten?
    In all den Jahren beobachtete Flagg die beiden Jungen genau - er verfolgte ihr Wachstum über die Schultern des alternden Königs hinweg und überlegte genau, welcher König werden sollte, wenn Roland einmal nicht mehr war. Er brauchte nicht lange, um zu der Überzeugung zu kommen, dass es Thomas sein musste, der Jüngere. Als Peter sieben Jahre alt war, da wusste er, dass er den Jungen nicht mochte. Als Peter neun war, machte er die bestürzende Feststellung, dass er ihn darüber hinaus sogar fürchtete.
    Der Junge war mittlerweile herangewachsen und groß, stark und stattlich geworden. Sein Haar war dunkel, die Augen von einem dunklen Blau, wie es in der Westlichen Baronie nicht ungewöhnlich ist. Manchmal, wenn Peter rasch aufsah und auf bestimmte Weise den Kopf neigte, ähnelte er seinem Vater. Ansonsten war er
in fast jeder Hinsicht Sashas Sohn. Anders als sein kleinwüchsiger Vater mit dem o-beinigen Gang und der unbeholfenen Art, sich zu bewegen (Roland wirkte nur auf dem Rücken eines Pferdes anmutig), war Peter groß und behände. Er hatte Spaß an der Jagd und jagte gut, aber es war nicht sein Lebensinhalt. Auch der Unterricht machte ihm Spaß - am liebsten mochte er Geographie und Geschichte.
    Seinen Vater verwirrten Witze und machten ihn ungeduldig, bei den meisten musste man ihm die Pointe erklären, und dann waren sie nicht mehr lustig. Roland gefiel es, wenn die Narren vorgaben, auf einer Bananenschale auszugleiten, mit den Köpfen zusammenstießen oder sich im Festsaal Tortenschlachten lieferten. Weiter reichte Rolands Humor nicht. Peters Geist dagegen war schneller und schärfer, wie der Sashas gewesen war, und sein glockenhelles, jungenhaftes Gelächter hallte oft durch den Palast, worauf die Diener einander

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