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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Peter perplex. »Wie hast du mich genannt?«
    Aber Beson glitt langsam an der Wand ab. Als er Peter mein König genannt hatte, hatte er das getan, als ihm die Sinne schwanden. Er würde sich nicht daran erinnern, dass er es gesagt hatte, doch Peter vergaß es niemals.

54
    Beson war mehr als zwei Stunden lang bewusstlos. Wären seine röchelnden, schnarchenden Atemzüge nicht gewesen, hätte Peter Angst gehabt, er hätte den Oberwärter tatsächlich getötet. Der Mann war ein ekliges, bösartiges und verdorbenes Schwein … aber dennoch hatte Peter nicht den Wunsch, ihn zu töten. Die Unterwachmänner sahen abwechselnd durch die Klappe in der Tür, ihre Augen waren groß und rund - die Augen von kleinen Kindern, welche die menschenfressenden anduanischen Tiger im Zoo des Königs bestaunten. Keiner der beiden rührte auch nur einen Finger, um den Vorgesetzten zu retten, und ihre Gesichter verrieten Peter, dass sie davon ausgingen, er würde sich jeden Augenblick auf den bewusstlosen Beson stürzen und ihm die Kehle zerfleischen. Möglicherweise mit den Zähnen.
    Nun, warum sollen sie so etwas nicht denken?, fragte Peter sich verbittert. Sie denken, ich habe meinen Vater getötet, und ein Mann, der das tut, könnte jede gemeine Tat begehen, sogar einen bewusstlosen Gegner töten.
    Schließlich begann Beson zu stöhnen und sich zu bewegen. Sein rechtes Auge flatterte und öffnete sich - das linke Auge konnte er nicht öffnen und würde es auch ein paar Tage nicht können.
    Das rechte Auge betrachtete Peter nicht hasserfüllt, sondern voll deutlich sichtbarem Schrecken.

    »Seid Ihr nun bereit, vernünftig mit mir zu sprechen?«, fragte Peter.
    Beson sagte etwas, was Peter nicht verstehen konnte. Es hörte sich an wie durch Watte gesprochen.
    »Ich verstehe Euch nicht.«
    Beson versuchte es noch einmal. »Ihr hättet mich töten können.«
    »Ich habe noch niemals jemanden getötet«, sagte Peter. »Es könnte sein, dass einmal ein Zeitpunkt kommt, da ich es tun muss, doch hoffe ich, dass ich nicht mit bewusstlosen Gefängniswärtern anfangen muss.«
    Beson lehnte sich gegen die Wand und betrachtete Peter mit einem offenen Auge. Sein Gesicht nahm einen Ausdruck tiefen Nachdenkens an, was aufgrund der zerschlagenen und geschwollenen Züge absurd und ein wenig beängstigend aussah.
    Schließlich gelang es ihm, einen weiteren gedämpften Satz zu formulieren. Peter glaubte, ihn verstanden zu haben, aber er wollte absolut sichergehen.
    »Wiederholt das bitte, Herr Oberwärter Beson.«
    Beson sah ihn überrascht an. So wie Yosef noch nie mit Lord Stallmeister angesprochen worden war, ehe Peter dies tat, so war Beson noch nie »Herr Oberwärter« genannt worden.
    »Wir kommen ins Geschäft«, sagte er.
    »Das ist ausgezeichnet.«
    Beson rappelte sich mühsam auf. Er wollte nichts mehr mit Peter zu tun haben, jedenfalls heute nicht. Er hatte andere Probleme. Seine Unterwachmänner hatten gerade zugesehen, wie er von einem Jungen, der seit einer Woche nichts mehr gegessen hatte, übel verprügelt worden war. Zugesehen - und keinen Finger gerührt,
dieses feige Pack. Sein Kopf schmerzte, und es könnte sich als notwendig erweisen, diese armen Narren auszupeitschen, um sie wieder zur Räson zu bringen, bevor er zu Bett gehen konnte.
    Er wollte gerade hinausgehen, als Peter ihn zurückrief.
    Beson drehte sich um. Dieses Umdrehen genügte vollauf. Sie wussten nun beide, wer hier das Sagen hatte. Beson war geschlagen. Wenn sein Gefangener befahl, er solle warten, dann wartete er.
    »Ich möchte Euch noch etwas sagen. Es wird gut für uns beide sein, wenn ich es tue.«
    Beson sagte nichts. Er stand lediglich da und sah Peter misstrauisch an.
    »Sagt ihnen« - Peter nickte zur Tür -, »sie sollen die Klappe schließen.«
    Beson sah Peter einen Augenblick an, dann drehte er den Kopf und gab den Befehl.
    Die Unterwachmänner, die sich gerade beide Wange an Wange vor der Luke drängten, starrten ihn an, weil sie Besons undeutliche Sprache nicht verstanden … oder so taten, als ob. Beson fuhr sich mit der Zunge über die blutbefleckten Zähne und sprach deutlicher, aber offensichtlich unter Schmerzen. Diesmal wurde die Klappe geschlossen und von außen verriegelt, aber nicht, bevor Beson das verächtliche Lachen seiner beiden Untergebenen vernommen hatte. Er seufzte resigniert - ja, er würde ihnen noch eine gehörige Lektion einbläuen müssen, bevor er nach Hause gehen konnte. Aber Feiglinge lernten rasch. Dieser Prinz - was immer er

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