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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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»Ich glaube, Peyna wird dies tun, weil er ein Ehrenmann ist. Und sollte mir etwas zustoßen - solltet Ihr und Eure Unterwachmänner beispielsweise heute Nacht hier hereinstürmen und mich als Rache für die Prügel, die ich Euch zuteil werden ließ, verprügeln wollen, so dürfte Peyna sicher ein großes Interesse daran haben.«
    Peter machte eine Pause.
    »Ein persönliches Interesse.«

    Er sah Beson eindringlich an.
    »Habt Ihr mich verstanden?«
    »Ja«, sagte Beson, und fügte dann hinzu: »Mein Lord.«
    »Werdet Ihr mir Feder, Tinte, Löscher und Papier bringen?«
    »Ja.«
    »Kommt her.«
    Beson gehorchte ängstlich.
    Der Gestank des Oberwärters war fürchterlich, aber Peter wich nicht zurück - der Gestank des Verbrechens, dessen man ihn für schuldig befunden hatte, hatte ihn offenbar mittlerweile fast gleichgültig gegenüber dem Gestank von Schweiß und Schmutz werden lassen. Er sah Beson mit der Andeutung eines Lächelns an.
    »Flüstert mir ins Ohr«, sagte Peter.
    Beson blinzelte unsicher. »Was soll ich flüstern, mein Lord?«
    »Eine Zahl«, sagte Peter.
    Nach einem Augenblick gehorchte Beson.

55
    Einer der Unterwachmänner brachte Peter das Schreibzeug, um das er gebeten hatte. Er betrachtete Peter mit dem argwöhnischen Blick einer Straßenkatze, die zu oft getreten worden ist, bevor er sich hastig aus dem Staub machte, um nicht auch noch in den Genuss des Zorns zu kommen, der sich über Besons Haupt ergossen hatte.
    Peter nahm an dem wackligen Tisch beim Fenster Platz, sein Atem bildete in der Luft Kältewölkchen. Er lauschte dem unablässigen Heulen des Windes um die Spitze der Nadel und sah auf die Lichter der Stadt hinab.
    Verehrter Oberster Richter Peyna, schrieb er, dann hielt er inne.
    Werdet Ihr sehen, von wessen Hand dies ist, es zusammenknüllen und dann ungelesen ins Feuer werfen? Werdet Ihr es lesen und dann verächtlich über den Narren lachen, der seinen Vater ermordete und dann wagte, Hilfe vom Obersten Richter des Landes zu erwarten? Werdet Ihr den Plan vielleicht sogar durchschauen und begreifen, was ich vorhabe?
    Peter war an diesem Abend in gelösterer Stimmung und war davon überzeugt, dass die Antwort auf all diese Fragen wahrscheinlich nein lautete. Sein Plan konnte scheitern, aber dass ein so pflichtbewusster und gewissenhafter Mann wie Peyna ihn vorhersah, war unwahrscheinlich. Der Oberste Richter würde sich ebenso wenig ein Kleid anziehen und bei Vollmond auf dem Platz der
Nadel einen Tanz aufführen, wie er sich würde vorstellen können, was Peter plante. Und es ist so wenig, das ich verlange, dachte Peter. Wieder umspielte die Andeutung eines Lächelns seine Lippen. Jedenfalls hoffe ich und glaube ich, dass es so scheinen wird … für ihn.
    Er beugte sich vor, tauchte die Feder in das Tintenfass und begann zu schreiben.

56
    Am folgenden Abend, kurz nachdem die Uhr neunmal geschlagen hatte, vernahm Anders Peynas Diener ein für diese späte Stunde ungewöhnliches Klopfen, und als er öffnete, sah er an seiner langen Nase hinab auf die Gestalt des Oberwärters, der auf der Schwelle stand. Arlen - so hieß der Diener - hatte Beson selbstverständlich schon früher gesehen; wie Arlens Herr gehörte auch Beson zur Gerichtsbarkeit des Königreichs. Aber nun erkannte Arlen ihn nicht. Die Prügel, die Peter Beson verpasst hatte, hatten einen ganzen Tag wirken können, und sein Gesicht war ein Sonnenuntergang in Rot und Purpur und Gelb. Das linke Auge hatte sich ein wenig geöffnet, aber nicht mehr als einen Schlitz. Er sah wie ein zwergenhafter Ghul aus, und der Diener wollte sofort die Tür wieder schließen.
    »Warte«, sagte Beson mit einem harten Knurren, das den Diener zögern ließ. »Ich habe eine Nachricht für deinen Herrn.«
    Der Diener zögerte einen Augenblick, dann machte er langsam die Tür weiter zu. Das mürrische, geschwollene Gesicht des Mannes sah zum Fürchten aus. Konnte er tatsächlich ein Zwerg aus dem Nordland sein? Angeblich war der letzte Angehörige dieses wilden, in Felle gekleideten Stammes zur Zeit seines Großvaters getötet worden, aber dennoch … man konnte nie wissen …
    »Sie ist von Prinz Peter«, sagte Beson. »Wenn du die
Tür zumachst, wirst du später böse Worte von deinem Herrn zu hören bekommen, denke ich.«
    Arlen zögerte erneut und war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, die Tür vor diesem Ghul zu verschließen, und dem Zauber, den der Name von Prinz Peter immer noch hatte. Wenn dieser Mann von Peter kam, dann musste

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