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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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zumute, als wäre er dreimal hintereinander
von einem sehr kleinen Pony mit sehr großen Hufen getreten worden. Stechender Schmerz durchzuckte die linke Seite seines Gesichts, als der Wangenknochen brach. Für Beson hatte es sich angehört, als wäre in seinem Kopf ein kleiner Zweig geknackt worden. Er wurde wieder gegen die Wand geschleudert. Er prallte wie eine Flickenpuppe dagegen und knickte in den Knien ein. Er starrte den Prinzen mit offensichtlichem Missfallen an.
    Die Unterwachmänner, die durch die Klappe in der Tür zusahen, waren starr vor Überraschung. Beson wurde von einem Jungen verprügelt? Das war so unglaublich wie Regen von einem wolkenlosen blauen Himmel. Einer von ihnen betrachtete den Schlüssel in seiner Hand, überlegte einen Augenblick, ob er hineingehen sollte, besann sich dann aber eines Besseren. Er steckte den Schlüssel in die Tasche, später konnte er immer noch behaupten, er hätte nicht mehr daran gedacht.
    »Seid Ihr jetzt bereit, vernünftig mit mir zu sprechen?« Peter war nicht einmal außer Atem. »Das ist doch albern. Ich erbitte nur zwei kleine Gefallen von Euch, für die Ihr mit einer angemessenen Belohnung rechnen dürft. Ihr...«
    Mit einem Wutschrei warf Beson sich erneut auf Peter. Dieses Mal rechnete Peter nicht mit einem Angriff, aber es gelang ihm dennoch zurückzuweichen, wie ein Matador einem unerwartet angreifenden Stier ausweicht - der Matador mag überrascht sein, vielleicht sogar aufgespießt werden, aber er verliert selten seine Anmut. Peter verlor seine auch nicht, aber er wurde verletzt. Besons Fingernägel waren lang, abgebrochen und schmutzig - Tierkrallen ähnlicher als Fingernägeln -, und er erzählte seinen Unterwachmännern (in dunklen Winternächten,
wenn eine grausame Geschichte angebracht erscheint) gern, wie er einmal mit diesen Fingernägeln die Kehle eines Gefangenen von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt hatte.
    Nun zog einer dieser Nägel einen blutigen Striemen über Peters Wange, als Beson rudernd und um sich schlagend vorbeistürzte. Der Schnitt zog sich von der Schläfe bis zum Kiefer und ging kaum mehr als einen Zentimeter an Peters linkem Auge vorbei. Peters Wange zeigte eine klaffende Wunde, und er sollte den Rest seines Lebens die Narbe von diesem Kampf mit Beson tragen.
    Peter wurde wütend. Alles, was ihm in den vergangenen zehn Tagen angetan worden war, schien auf einmal in seinen Kopf zu strömen, und einen Augenblick lang war er fast - nicht ganz, aber fast - wütend genug, um den abstoßenden Oberwärter zu töten, anstatt ihm nur eine Lektion zu erteilen, die dieser nie, nie wieder vergessen würde.
    Als Beson sich umdrehte, wurde er von linken Haken und rechten Schwingern durchgeschüttelt. Die Schwinger hätten ihm normalerweise wenig ausgemacht, aber die eineinhalb Pfund Metall in Peters Faust verwandelten sie in Torpedos. Seine Knöchel brachen Besons Kiefer. Beson heulte vor Schmerzen auf und versuchte erneut, Peter zu Fall zu bringen. Das war ein Fehler. Es knirschte hässlich, als Besons Nase brach und Blut ihm über Mund und Kinn floss. Es tropfte auf sein schmutziges Wams. Dann folgte ein stechender Schmerz, als die schwere Hand auf seine Lippen prallte. Beson spie einen Zahn auf den Boden und versuchte zurückzuweichen. Er hatte vergessen, dass seine Unterwachmänner zusahen und Angst davor hatten, sich einzumischen. Beson
hatte seinen Zorn über das Verhalten des jungen Prinzen vergessen, und er hatte seinen Wunsch vergessen, dem jungen Prinzen eine Lektion zu erteilen.
    Zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Oberwärter hatte er alles vergessen, bis auf den blinden Wunsch zu überleben. Zum ersten Mal, seit er Oberwärter geworden war, hatte Beson Angst.
    Es war auch nicht die Tatsache, dass Peter ihm nun nach Belieben Hiebe verpasste, die ihn ängstigte. Er hatte schon früher schlimme Prügel bezogen, wenn auch niemals von einem Gefangenen. Nein, es war der Blick in Peters Augen, der ihn so entsetzte. Es ist der Blick eines Königs. Ihr Götter steht mir bei, es ist das Gesicht eines Königs - und seine Wut ist fast so heiß wie die Hitze der Sonne.
    Peter drängte Beson gegen die Wand, maß die Entfernung zu Besons Kinn und hob dann die beschwerte rechte Faust.
    »Muss ich Euch weiter überzeugen, Rübe?«, fragte Peter grimmig.
    »Nicht mehr«, antwortete Beson benommen durch seine zusehends anschwellenden Lippen. »Nicht mehr, mein König, ich bitte Euch um Gnade, ich flehe Euch um Gnade an.«
    »Was?«, fragte

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