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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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er der Oberwärter der Nadel sein. Aber …
    »Du siehst nicht wie Beson aus«, sagte er.
    »Du siehst auch nicht wie dein Vater aus, Arlen, und ich habe mich schon mehr als einmal gefragt, mit wem es deine Mutter getrieben haben könnte«, gab der aufgedunsene Ghul grob zurück und schob einen verschmierten Umschlag durch den immer noch offenen Türspalt. »Hier … bring ihm das. Ich warte hier. Mach getrost die Tür zu, wenn du möchtest, auch wenn es höllisch kalt hier draußen ist.«
    Arlen war es einerlei, ob draußen zwanzig Grad minus herrschten. Er wollte nicht, dass sich dieser grässlich aussehende Bursche in der Gesindeküche am Ofen die Füße wärmte. Er packte den Umschlag, machte die Tür zu, verriegelte sie, ging davon, besann sich … dann kehrte er nochmals zurück und verriegelte sie zweifach.

57
    Peyna befand sich in seinem Arbeitszimmer, sah ins Feuer und hing seinen Gedanken nach. Als Thomas gekrönt worden war, war Neumond gewesen; jetzt war er noch nicht halb, und es gefiel ihm bereits jetzt nicht, wie sich die Dinge entwickelten. Flagg - das war das Schlimmste. Flagg. Der Zauberer hatte bereits jetzt mehr Macht als in den Tagen von Rolands Herrschaft. Roland war wenigstens ein erwachsener Mann gewesen, so schwerfällig sein Denken auch gewesen sein mochte. Thomas war ein Knabe, und Peyna fürchtete, dass Flagg bald in seinem Namen das ganze Land regieren würde. Das konnte schlecht für das Königreich sein … und schlecht für Anders Peyna, der nie ein Hehl daraus gemacht hatte, dass er Flagg nicht leiden konnte.
    Hier, im Arbeitszimmer, vor dem prasselnden Feuer, ließ es sich aushalten, dennoch meinte Peyna, einen kalten Wind um seine Knöchel zu spüren. Es war ein Wind, der anschwellen und … alles fortwehen konnte.
    Warum, Peter? Warum, o warum? Warum konntest du nicht warten? Und warum musstest du äußerlich so makellos aussehen wie ein rosiger Apfel im Herbst und unter der Haut so verderbt sein? Warum?
    Peyna wusste es nicht … und er wollte sich auch jetzt nicht eingestehen, dass bereits Zweifel in seinem Herzen nagten, ob Peter wirklich so verderbt war.
    Es klopfte.

    Peyna schreckte hoch, sah sich um und rief ungeduldig: »Herein! Aber besser mit gutem Grund!«
    Arlen, der pikiert und verwirrt aussah, kam zur Tür herein. Er hatte einen Briefumschlag in der Hand.
    »Ja?«
    »Mein Lord … vor der Tür steht ein Mann … wenigstens sieht er wie ein Mann aus … aber sein Gesicht ist schrecklich zugerichtet und verschwollen, als wäre er fürchterlich verprügelt worden … oder …« Arlens Stimme versagte.
    »Was geht mich das an? Du weißt, ich empfange so spät niemanden mehr. Sag ihm, er soll sich fortscheren. Sag ihm, er soll zum Teufel gehen!«
    »Er sagt, er sei Beson, mein Lord«, sagte Arlen eingeschüchterter denn je. Er hob den verschmierten Umschlag, als wollte er ihn als Schild benutzen. »Er hat dies abgegeben. Er sagt, es wäre eine Nachricht von Prinz Peter.«
    Peynas Herz machte daraufhin einen Sprung im Leibe, aber er sah Arlen nur umso strenger an.
    »Und, ist es das?«
    »Von Prinz Peter?« Arlen konnte nun kaum noch deutlich sprechen. Seine sonst so gefasste Haltung war beinahe völlig dahin, und das fand Peyna interessant. Er hätte nie gedacht, dass Arlen einmal die Beherrschung verlieren könnte, ob Sturmfluten, Feuersbrünste oder Invasionen von Drachen kamen. »Mein Lord, wie soll ich das wissen … Das heißt, ich … ich...«
    » Ist es Beson, du Narr?«
    Arlen leckte sich die Lippen - leckte sich wahrhaftig die Lippen. Das war etwas völlig Unerhörtes. »Nun, es könnte sein, mein Lord … er sieht ihm ein wenig ähnlich
… aber der Bursche vor der Tür hat schreckliche Prellungen und Blutergüsse … ich …« Arlen schluckte. »Ich finde, er sieht aus wie ein Zwerg«, sagte er, sprach damit das Schlimmste aus und versuchte, es durch ein wenig überzeugendes Lächeln zu entkräften.
    Es IST Beson, dachte Peyna. Es ist Beson, und wenn er aussieht, als wäre er verprügelt worden, dann deshalb, weil Peter ihn verprügelt hat. Darum hat er die Nachricht gebracht. Weil Peter ihn verprügelt hat und er Angst hatte, es nicht zu tun. Prügel sind das Einzige, das seinesgleichen überzeugt.
    Ein plötzliches Hochgefühl erfüllte Peynas Herz. Er fühlte sich wie jemand in einer dunklen Höhle, in der unvermittelt Licht aufscheint.
    »Gib mir den Brief«, sagte er.
    Arlen gehorchte. Dann schickte er sich an, aus dem Zimmer zu schleichen, und auch das

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